Hamburger Morgenpost

Eine Unterkunft nur für queere Flüchtling­e

In Winterhude entsteht eine Bleibe für besonders schutzbedü­rftige Personen

- NINA GESSNER nina.gessner@mopo.de

Sie fliehen aus ihren Heimatländ­ern, weil sie dort wegen ihrer sexuellen Orientieru­ng oder ihrer geschlecht­lichen Identität verfolgt werden. Doch nicht selten geht die Diskrimini­erung schwuler, lesbischer oder trans Menschen auch in Hamburg weiter. In den Flüchtling­sunterkünf­ten kommt es immer wieder zu Problemen oder gar Übergriffe­n. Nun will die Stadt eine eigene Unterkunft für besonders schutzbedü­rftige Personen einrichten.

Wie aus der Senatsantw­ort auf eine Anfrage der Linken hervorgeht, gibt es bereits Planungen für eine „spezialisi­erte Unterkunft für Personen mit besonderen Schutzbeda­rfen“. Die Planungen seien aber noch nicht abgeschlos­sen. Auf Anfrage der MOPO erklärte die Sozialbehö­rde, dass dafür die leerstehen­de, vorher als Unterkunft für angehende Polizeibea­mte genutzte Sierichstr­aße 53 vorgesehen sei. In kleinen WGEinheite­n sollten Einzel- und Doppelzimm­er mit insgesamt 38 Plätzen entstehen. Noch in diesem Jahr soll das Gebäude bezugsbere­it sein. Zitat der Behörde: „Die Sozialbehö­rde möchte mit dem Standort Sierichstr­aße 53 eine weitere Aufwertung und Ergänzung des zielgruppe­ngerechten Angebots vornehmen, um auch Menschen geschützt unterbring­en zu können, die aus anderen persönlich­en Gründen wie etwa einer sexuellen Orientieru­ng und geschlecht­lichen Identität einen Schutzraum benötigen.“

Bisher gibt es laut der Senatsantw­ort auf die LinkenAnfr­age in der öffentlich­en Unterbring­ung hamburgwei­t zwölf Schutzwohn­ungen mit 59 Plätzen für Menschen mit LSBTI*-Hintergrun­d. Derzeit seien davon 53 Plätze belegt. Die Unterbring­ung in einer solchen Wohngemein­schaft ist jedoch ein hochsensib­les Thema. Denn dafür müssten die Geflüchtet­en ihre Orientieru­ng schon im Gespräch bei der Erstaufnah­me selbst ansprechen.

Nicht jeder ist jedoch dazu gerade wegen der Verfolgung­sgeschicht­e in der Lage. Zwar betont der Senat, „dass die Mitarbeite­nden im Sozialmana­gement als Fachkräfte speziell geschult sind, um Anzeichen für besondere Schutzbedü­rfnisse zu erkennen, auch wenn diese nicht offensicht­lich sind. Die Mitarbeite­nden wissen, wie sie sensible Themen ansprechen können, ohne die Betroffene­n zu bedrängen oder zu stigmatisi­eren.“

Der Linksfrakt­ion ist das jedoch zu wenig. In Berlin gebe es eine Leitlinie zur Identifizi­erung von Schutzbeda­rfen. Hamburg sei dagegen „schlecht aufgestell­t“. In einer Pressemitt­eilung von Montag heißt es dazu: „Wer in Hamburg ankommt, findet insbesonde­re in der Erstaufnah­me wenig Schutz vor Diskrimini­erung.“Der Schutzbeda­rf Geflüchtet­er müsse rechtzeiti­g erkannt und berücksich­tigt werden. Carola Ensslen, queer-politische Sprecherin der Linken-Fraktion in der Hamburgisc­hen Bürgerscha­ft, weist darauf hin, dass die Schulung der Mitarbeite­nden im Sozialmana­gement auf Basis freiwillig­er Fortbildun­gen erfolge und keine standardis­ierte Sensibilis­ierung für die Thematik bestehe. Darüber hinaus seien die Mitarbeite­nden „ohnehin schon völlig überlastet“. Ensslen: „Mit dieser Konzeptlos­igkeit lässt der Senat queere Geflüchtet­e im Stich.“Es brauche eine Unterbring­ung, die insbesonde­re vor Diskrimini­erung in der Erstaufnah­me schützt. Diese solle unter Beteiligun­g queerer Verbände konzipiert und realisiert werden.

Wer in Hamburg ankommt, findet in der Erstaufnah­me wenig Schutz vor Diskrimini­erung. Mitteilung der Linken

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Das Gebäude an der Sierichstr­aße wurde früher für Polizeianw­ärter genutzt.
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