„ Aufg gibt regung? es keinen Dafür Grund“
ALJOSCHA KEMLEIN St. Paulis Leihgabe spricht über den Start auf dem Kiez, den kommenden Gegner und die Zukunft
VOM FC ST. PAULI BERICHTEN
Wenn man dem jungen Mann im Dialog gegenübersitzt, ist man gar nicht mehr so überrascht, warum er so cool und abgeklärt Fußball spielt trotz seiner gerade einmal 19 Jahre. Analog zu seinem Verhalten auf dem Platz gibt sich Aljoscha Kemlein extrem aufgeräumt, zurückhaltend, sachlich und in gesundem Maß selbstbewusst. Im Gespräch mit der MOPO erklärt St. Paulis Winter-Leihgabe von Union Berlin den Grund seiner Unaufgeregtheit, wie es ist, sich mit einem Weltstar die Kabine zu teilen und welche Bedeutung die bevorstehende Partie gegen Hertha für den gebürtigen Berliner hat.
MOPO: Herr Kemlein, sind die vergangenen acht bis zehn Wochen die bisher temporeichsten in Ihrem Leben gewesen? Aljoscha Kemlein: Ja, das kann man so sagen. Es ist viel passiert auf jeden Fall.
Merken Sie schon Veränderungen in der Persönlichkeitsentwicklung?
Es sind ja erst zwei Monate, das muss man selber alles erst einmal realisieren. Wenn man im Trainingsrhythmus ist, hat man wenig Zeit zu reflektieren. Es freut mich einfach, dass es so gelaufen ist in den letzten Wochen, wie ich mir das vorgestellt habe.
Wie ist die Resonanz von zu Hause beziehungsweise von Union?
Gut! Meine Familie freut sich für mich, einmal war sie auch hier, beim Spiel gegen Greuther Fürth. Mit Union bin ich ganz normal im Austausch.
Dort haben Sie unter anderem mit Leonardo Bonucci auf dem Platz gestanden, Europameister und zigfacher Titelsammler. Wie war das für Sie?
Es ist schon was Besonderes und spannend, was der so zu erzählen hat. Er hat ja schon einiges erlebt. Aber wenn man auf dem Platz ist und trainiert, dann vergisst man das und es ist egal, wer da neben einem steht. Aber klar, von der Persönlichkeit und der Ausstrahlung in der Kabine her ist das schon etwas Beeindruckendes. Wenn er in der Gruppe was zu erzählen hatte, hat man natürlich zugehört.
Es scheint, als bestreiten Sie mit dieser nüchternen Herangehensweise auch ihre Spiele.
Bei mir ist es so: Wenn ich in einem Fußballspiel drin bin und mich darauf konzentriere, kann ich ganz gut alles von außen ausblenden. Klar, vor 60.000 auf Schalke aufzulaufen, ist ein superschönes Gefühl. Aber wenn es dann losgeht, gibt es für mich keinen Unterschied, ob die Kulisse klein oder groß ist. Dann konzentriert man sich auf den Fußball. Und ich weiß, dass wir einen Matchplan haben, auf den ich vertrauen kann, dass ich gut vorbereitet bin. Dann gibt es eigentlich keinen Grund, aufgeregt zu sein.
St. Paulis Mannschaft ist dafür bekannt, Neue mit offenen Armen zu empfangen.
Ich bin super aufgenommen worden, so ist es einfach gewesen. Es hat auch geholfen, dass ich schon im Trainingslager dazu gestoßen bin und alle ein Stück weit besser kennenlernen konnte.
In Hamburg sieht es laut Tabelle aktuell nach dem Wachwechsel aus, den es in Berlin schon gegeben hat. Wirkt sich das in der Stadt aus?
Man merkt es schon, finde ich. Als ich jünger war, hatte ich eher das Gefühl, dass Union nur rund um Köpenick präsent ist. Und da, wo ich herkomme, also BerlinMitte, gab es eher die Hertha-Fans. Jetzt merkt man schon, dass auch in meinem Berliner Umfeld der Eine oder Andere mehr Union unterstützt.
Gibt es Ihrerseits eine persönliche Rivalität zum Gegner am Sonntag?
Eine persönliche Rivalität gibt es nicht. Das Besondere liegt darin, dass wir mit dem Spiel die Möglichkeit haben, unseren Zielen hier näher zu kommen. Dafür wollen wir wieder drei Punkte einfahren.
Vermutlich werden Sie einige Bekannte treffen am Millerntor.
Ja klar, einige Jungs bei der Hertha kenne ich aus der Berliner Auswahl oder der U-Nationalmannschaft.
In Eric Smith wird eine Säule Ihrer Mannschaft vorerst fehlen. Kann man das kompensieren?
Wir müssen! Es gibt keine andere Möglichkeit. Wir werden versuchen, das als Team aufzufangen. Da werden alle an einem Strang ziehen, um das bestmöglich zu machen.
Generell wird es in Sachen Innenverteidiger aktuell dünn. Ihnen wird eine gewisse Erfahrung nachgesagt.
Ich habe das bei Union auch schon gespielt. Sowohl im Nachwuchs als auch in dem einen oder anderen Testspiel bei den Profis. Wenn man viel auf der Sechs gespielt hat, ist die Welt eines Innenverteidigers keine ganz andere.
Ihre Zeit bei St. Pauli endet im Sommer, wie sehen Sie Ihre persönliche Perspektive?
Darüber habe ich mir tatsächlich noch wenige Gedanken gemacht. Ich werde mich auf jeden Fall auf den Rest der Saison hier konzentrieren und danach überlegen, was der nächste Schritt ist.
Ich konzentriere mich auf den Rest der Saison hier und überlege danach, was der nächste Schritt ist. Aljoscha Kemlein
Gute Ausgangslage: Durch das 33:22 gegen Zagreb sicherten sich Steffen Weinhold (r.) und der THW Kiel den Sieg in ihrer Champions-League-Vorrundengruppe und sind für das Viertelfinale gesetzt.