Hamburger Morgenpost

Was wir uns da anhören mussten!

- NADINE RINKE nadine.rinke@mopo.de

Neulich abends auf einer Party. 50. Geburtstag, viele sehr erwachsene Menschen. Irgendwann sagt eine Frau so etwas wie: „Ey, was wir uns da damals anhören mussten!“Mit „damals“meint sie vor zehn, 15 Jahren. Mit „all das“Sätze wie „Wenn ich dich die Treppe hochgehen sehe, wird mir ganz heiß“. Und mit „da“ihren Arbeitspla­tz. Die anderen Frauen in der Runde nicken, jede kennt Sprüche wie „Lächle doch mal“oder – auch schön – „Ich wäre jetzt gerne deine Strickjack­e“, vorgebrach­t von Typen mit einem tiefen Gurren. Jede kennt Situatione­n, in denen sie auf dem Heimweg den Finger nicht vom Sprühkopf des Pfefferspr­ays genommen hat.

Gar nicht mal so lustig.

Aber daran musste ich denken, als ich die neue Single von Deine Cousine gehört habe. „Raus an dich“gibt’s ab heute, und Ina Bredehorn singt unter anderem: „Wir haben früh gelernt, dass es als Mädchen anders ist. Dass sie von uns reden, wenn irgendwer von Schlampen spricht.“Und im Refrain: „Das hier geht raus an alle Brüder, alle Mütter, alle Söhne, alle Väter. Passt bitte auf, was ihr euch gegenseiti­g beibringt. Und werdet laut, wenn irgendwo jemand zu weit geht.“Kommt pünktlich zum Internatio­nalen Frauentag / Feministis­chen Kampftag morgen – an dem es um 18 Uhr auch eine Demo auf dem Rathausmar­kt gibt.

Und ja, nicht alle Typen sind so – auch da waren wir uns auf der Party einig. Um es mit Deine Cousine zu sagen: „Das hier geht raus an alle, die nicht einfach wegschauen. Dank euch trau ich mich nachts auf jede Straße. Ihr seid der

Grund, dass ich mein Leben nicht verpasse.“

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