Zwei Frauen, ein Koffer und zu viele Dildos
DRIVE-AWAY DOLLS Eigentlich macht Ethan Coen bei seinem lesbischen Roadmovie viel richtig – aber es gibt einen Haken
Wie viele Dildos können im Kino gezeigt werden, wenn es um den Roadtrip zweier lesbischer Frauen geht? Es sind bemerkenswert viele in „Drive-Away Dolls“, dem neuen Film von Ethan Coen, der mit seinem Bruder Joel preisgekrönte Klassiker wie „The Big Lebowski“und „Fargo“geschaffen hat.
Für „Drive-Away Dolls“hat Ethan Coen sich die Unterstützung seiner Frau Tricia Cooke geholt, die als Cutterin und Produzentin ebenfalls in der Filmbranche arbeitet und sich nach eigenen Worten als queer, also nicht heterosexuell, versteht. Cooke hatte schon lange die Idee für ein Roadmovie über zwei lesbische Frauen. Eigentlich sollte das Werk den Titel „Drive-Away Dykes“tragen („dyke“ist ein umgangssprachlicher Begriff für Lesbe). Doch „die Spießer im Studio“, so Coen, hätten den Titel ablehnt, da das Wort „Dyke“in manchen Regionen noch als Schimpfwort für lesbische Frauen gelte.
Zur Story: In „Drive-Away Dolls“geht es um Jamie (Margaret Qualley) und Marian (Geraldine Viswanathan), die sich in den USA rund um die Jahrtausendwende spontan auf einen Roadtrip nach Tallahassee in Florida machen. Sie könnten nicht unterschiedlicher sein: Während Jamie jede Frau aufreißt, die sie findet,f zerdenkt Marian alles so lange, bis am
Ende gar nichts passiert. Was die beiden nicht wissen: Im Kofferraum ihres Mietwagens befindet sich ein Koffer mit brisantem Inhalt – und natürlich ist eine Horde Ganoven genau dahinter her.
„Drive-Away Dolls“könnte alle Zutaten für einen genialen Film haben: eine schräge unvorhersehbare Geschichte voller Action, sympathische Hauptfiguren, Coens ganz eigenen Humor, tolle Kostüme und großartige Schauspielerinnen und Schauspieler – unter anderen sind auch Matt Damon, Miley Cyrus und Pedro Pascal in kleineren Rollen zu sehen. Der Film versammelt queere, diverse Figuren. Aber es gibt einen Haken: Der Blick auf das lesbische Duo und dessen Sexualität ist sehr klischeehaft und von einer männlichen heterosexuellen Perspektive aus dargestellt. Da sind zum einen die Sex- und Rumknutschszenen, die irgendwie voyeuristisch wirken. Zum anderen die ganzen Dildos, die eine absurd wichtige Rolle im Sexleben der Protagonistinnen und im Plot allgemein einnehmen.
Dabei hat Cooke als queere Filmemacherin durchaus ihre eigene Perspektive mit eingebracht. „Wir sind einfach nur auf dumme Ideen gekommen und haben versucht, die in die Struktur des Filmes einzuarbeiten“, erklärte sie in einem Interview mit „Indiewire“. „Wir wollten nicht viel damit sagen.“Sie wolle queere Charaktere in einem Film mitspielen lassen, ohne dass es um deren Queerness geht, sagte sie weiter. Damit das aufgehen kann, hätt das Liebesleben der Protagonistinnen allerdings eine nicht so zentrale Rolle spielen dürfen. Coen bringt das
Problem des Filmes im selben Interview auf den Punkt: „Man kann einen schlüpfrigen Jungssfil en, nur dass es um Mädels geht.“
Fazit: Ein typischer Coen-Film – aber einer, von dem man ein bisschen mehr erwartet hätte. Und einer mit zu vielen Dildos.
84 Minuten, ab 16 Jahren; Studio-Kino (OmU), UCI Mundsburg