Hamburger Morgenpost

59 Euro die Hostelzimm­er für Obdachlose und Blut auf dem

ROTHENBURG­SORT Der 49-Jährige Mike I. bekommt von der Stadt einen Schlafplat­z vermittelt, doch der Raum ist in miserablem Zustand

- WIEBKE BROMBERG hamburg@mopo.de

Ein kaputtes Metallbett. Eingetrock­netes Blut auf dem Kopfkissen, gelbe Flecken auf der Bettdecke. Der Brandmelde­r abgeklebt mit Kreppband. Die Gemeinscha­ftsduschen auf dem Flur lediglich mit Duschvorha­ng – ohne die Möglichkei­t abzuschlie­ßen. Mike I. (49) fühlte sich wertlos, als er das Zimmer sah. „Klar, mit einem Obdachlose­n kann man es ja machen“, sagt er sauer. Die Sozialbehö­rde hatte ihn in einem Hostel untergebra­cht. 59 Euro die Nacht – für ein unbewohnba­res Zimmer.

Mike I. wuchs in Heimen auf, kam zwischendu­rch immer wieder zurück zur Familie. Erlebte Gewalt und das permanente Gefühl nicht gewollt zu sein. Der Suizid seines Vaters – schwer traumatisc­h. Bis heute. Mit 13 Jahren trank Mike das erste Mal Kirschlikö­r. Mit 16 wurde der Alkohol sein ständiger Begleiter. Mike brach seine Lehre zum Zerspanung­smechanike­r und eine Umschulung zum Maurer ab. 2013 zog er auf den Kiez, arbeitete als Hausmeiste­r, später hinterm Tresen im „Elbschloss­keller“. Der Alkohol wurde immer mehr. Die Verantwort­ung für das eigene Leben immer weniger. Mike zahlte keine Miete und flog aus seiner Wohnung raus. Meistens schlief er bei Freundinne­n. Manchmal auch auf der Straße oder im „,Elbschloss­keller‘, hinten beim Kicker“. Sein ganzes Leben drehte sich um Alkohol. Zuletzt trank der Mann, bei dem eine Posttrauma­tische Belastungs­störung diagnostiz­iert wurde, jeden Tag. Bis nichts mehr ging. Er ließ sich selber ins UKE einweisen, machte eine Entgiftung und einen sogenannte­n qualifizie­rten Entzug. Noch im Krankenhau­s bekam er einen Platz in der „Therapeuti­schen Gemeinscha­ft Jenfeld“. Allerdings sollte der erst knapp drei Wochen später frei werden. Mike konnte nicht zurück in sein altes Umfeld. „Er hat aus gesundheit­lichen Gründen einen Anspruch auf Unterbring­ung in einem Einzelzimm­er. Wenn Fördern & Wohnen einen eine solchen Raum nicht stel llen kann, besteht die Pfli icht einer Hotelunter­ngung“, brin sagt Julia Radojovic. o Die Gründerin der Mobilen M Bullysuppe­nküche“auf St. Pauli betreut Mike seit Jahren. Er E ging zur Fachstelle für f Wohnungsno­tfälle des Bezirksamt­s Mitte, e ihm noch am selben Tag g ein Zimmer im „Gold Hos stel“am Billhorner Röhndamm ren (Rothenburg­sort) vermittelt­e. Mike freute sich und fuhr direkt hin.

Doch die Freude verflog schlagarti­g. „Ich war entsetzt. Das war ein winziges Zimmer mit kaputtem Metallbett. Es gab kein Lattenrost, nur ein Metallgitt­er und das war gerissen. Dazu eine Matratze, dünner als im Knast. Ich wiege 120 Kilo.“Mike fühlte sich wertlos. „Schon früher

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Eingetrock­netes Blut auf dem Kopfkissen, gelbe Flecken auf der Bettdecke
Der Brandmelde­r wurde mit Kreppband abgeklebt. Eingetrock­netes Blut auf dem Kopfkissen, gelbe Flecken auf der Bettdecke

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