Mehr als bloß ein Kreisel
HORN Früher war der Stadtteil ein Villenviertel. Davon ist nicht mehr viel übrig. Schöne Ecken gibt es trotzdem
Ein großer Kreisel, stark befahrene Straßen und haufenweise gleich aussehende Wohnhäuser: Damit verbinden viele Hamburger den Stadtteil Horn. Hier treffen auf engstem Raum unterschiedliche Kulturen, Identitäten und Nationalitäten aufeinander. Doch Horn ist mehr als nur Mehrfamilienhäuser und Sozialwohnungen. Wer hätte vermutet, dass sich hier die älteste (und wahrscheinlich schönste) erhaltene Kirche im Osten Hamburgs befindet? Und dass der Brennpunktstadtteil früher mal ein Villenviertel war?
„Als Erstes will ich Ihnen zeigen, wie grün unser schöner Stadtteil ist“, sagt Gerd von Borstel (71), der die MOPO-Reporter durch Horn führt. Es ist ein undankbarer Tag für eine Tour durch einen Stadtteil, der von den meisten als öde abgestempelt wird: Anders als im Wetterbericht vorausgesagt kippt der Himmel immer wieder literweise Wasser runter und noch dazu stürmt es von links und rechts, vorne und hinten.
Von Borstel lässt sich nicht beirren. „Schauen Sie hier“, er deutet auf eine Bank auf einer großen Wies se im Blohms Park an der Ho orner Landstraße. „Die nimm mt die Töne der Fledermäuse in n der stärkt Horner sie. Geest Man auf kann und versich abends In Blohms draufsetzen Park befi und dzundet hören.“sich ein Relikt aus der Gründungszeit Horn ns. Der Stadtteil war frühe er nämlich das Villenviertel - Hamburgs. Damals ließen die reichen Kaufleute sich ihre Sommerhäuser in die noch unberührte Landschaft bauen. Eine dieser Villen wurde im 19. Jahrhundert für einen Senator gebaut. Sie gehörte zuletzt Friedrich Blohm, dem Bruder des namhaften - Werftenbesitzers. „Heute sind in dem neu errichteten Hau us raine Mütter geflohen und Kinder sind“, unter e rkrgebracht, die aus der Uk zählt Gerd von Borstel .
Er berichtet, dass sich der Charakter des Stadtteils sehr verändert hat, seitdem er 1957 mit seinen Eltern hierherzog. Multikulti war hier aber schon immer angesagt. „Die ersten Gastarbeiter kamen früh. Heute leben hier Polen, Russen, Ukrainer, Afrikaner, Menschen aus dem arabischen Raum und viele mehr. Auch viele Flüchtlinge wurden nach der Flut in Hamburg hier untergebracht“, berichtet von Borstel, während er die MOPOReporter durch die Wohngebiete führt. Vom Villencharakter des 19. und beginnenden 20. Jahrhun
Viele Horner sind stolz auf die wohl älteste erhaltene Kirche im Hamburger Osten. Gerd von Borstel
derts ist nicht mehr viel übrig, heute reiht sich hier ein Wohnblock an den anderen. Der nächste Regenschauer ist noch heftiger und der Ur-Horner schlägt vor, mit dem Auto zum Stadtteilhaus an der Straße Am Gojenboom zu fahren. Mit seinen 5,8 Quadratkilometern ist Horn so groß, dass man es nicht mal eben schnell zu Fuß ablaufen kann – vor allem nicht bei so einem Schietwetter. 38.569 Menschen leben hier, davon 54,7 Prozent mit Migrationshintergrund (Hamburg-Durchschnitt: 37,4 Prozent). Bei den unter 18-Jährigen sind es 76,2 Prozent (Hamburg: 53,4 Prozent). Am Stadtteilhaus mit Namen „Horner Freiheit“angekommen sticht nicht etwa die neue Fassade des Gebäudes ins Auge, sondern die große Baustelle, die direkt daran grenzt. „Seit Monaten sind wir durch den Lärm gebeutelt“, berichtet Gerd von Borstel. „Besonders schlimm trifft es das Café May, dessen gesamte Terrasse weggerissen wurde.“Er berichtet davon, wie eine große Betonwandt unter täglich acht Stunden Dauerlärm plattgemacht wurde. „Der Stadtteil leidet sehr daruner“, sagt er. Im tadtteilhaus befinden fibefinden sich neben dem Café die Horner Bücheralle hBücheralle und Kursäume. räKursäume. Nicht weit vom Sttadtteilhaus entrnt feentrnt liegt ein kleines Horner Juwel. Die Martinskirche sieht von außen aus wie ein gewöhnliches Gotteshaus, doch drinnen finden sich Wandmalereien, die genau wie die Decke aufwendig rekonstruiert wurden. Die Kirche wurde 1886 erbaut und steht seit 1998 unter Denkmalschutz. „Viele Horner sind stolz auf die wohl älteste erhaltene Kirche im Hamburger Osten“, sagt Gerd von Borstel. Noch etwas macht Horn besonders, und das ist die Rennbahn, die eigens für das Pferde-Derby gebaut wurde, das hier einmal jährlich stattfindet. Bereits seit 1869 gibt es das Rennen. Inzwischen sind hier auch Zirkusse und Veranstaltungen ansässig. Auch hierhin geht es mit dem Auto, als das Wetter es wieder zulässt. Auf der Wiese sind einige Menschen mit ihren Hunden unterwegs, tief im Gesicht die Kapuzen. „Die Rennbahn ist ein wichtiger Teil Horns“, so von Borstel. „Das Derby lockt jährlich zahlreiche Besucher.“
Hier, an der Rennbahn, endet die Tour durch einen Stadtteil, gegenüber dem viele nicht einmal Vorurteile haben, weil sie gar nichts darüber wissen. Dabei hat Horn einiges zu bieten. Sagt zumindest Gerd von Borstel.