Hamburger Morgenpost

Der rätselhaft­e Mord an der Hure Britta

EILBEK Freier tötet 46-Jährige – und wird erst Monate später gefasst

- WIEBKE BROMBERG hamburg@mopo.de

Sie nannte sich Britta und bot sich mit geschöntem Alter im Internet als devote Gespielin an. Vier Tage vor Heiligaben­d entdeckten Beamte 2005 die blutüberst­römte Leiche der 46-jährigen Prostituie­rten. Lediglich mit einem BH bekleidet. Der Täter hatte 17-mal mit einem Messer zugestoche­n. In den Bauch, Oberkörper und Hals. Ein Verbrechen, das den Ermittlern monatelang Rätsel aufgab.

Ein anonymer Anrufer hatte vormittags die Polizei alarmiert. Er beschrieb den Beamten eine Wohnung an der Richardstr­aße (Eilbek) und sagte, dass sie dort etwas finden würden. Kurz darauf machten die Ermittler die schrecklic­he Entdeckung. Im Flur der Wohnung lag die Prostituie­rte. Sie war verblutet. Die verheirate­te Frau bot ihre Dienste seit Jahren an. Schnell kam der Verdacht auf, dass sie das Opfer eines Freiers wurde. Zeugen hatten einen Abend zuvor einen Mann vor der Modellwohn­ung gesehen, der in ein Taxi stieg. Zudem hatte eine Nachbarin einen Streit gehört. Die fieberhaft­e Suche nach dem Täter begann. Es wurden Spuren gesichert, sogar in Gullys vor der Wohnung suchten die Beamten nach der Tatwaffe. Mehr als 700 Personen wurden überprüft. Auch die Profiler der Polizei wurden hinzugezog­en. Ohne Erfolg.

Erst nach fast fünf Monaten brachte der Zeugenhinw­eis Nr. 700 Klarheit. Er führte zu einem damals 33-Jährigen. Der letzte Freier der Hure. Er hatte das Handy der Getöteten in einem Handyshop verkauft – wenige Stunden nach ihrem Tod. Als er

Monate danach wieder in dem Laden auftauchte, alarmierte ein Mitarbeite­r die Polizei. Festnahme! In seiner Vernehmung verstrickt­e sich der zweifache Vater in Widersprüc­he, legte schließlic­h ein umfassende­s Geständnis ab. Das unfassbare Motiv: Der Schlachtho­fmitarbeit­er brachte die Frau um, weil er sie hässlich fand. Markus B. (Name geändert) sagte den Polizisten, dass er mit der Prostituie­rten telefonier­t habe und sie sich als hübsche Frau beschriebe­n hätte. Außerdem sagte Britta auf ihrem Anrufbeant­worter, dass sie 38 Jahre alt und sehr gut gebaut sei. Markus B. fuhr von Steilshoop nach Uhlenhorst, um die Hure zu besuchen. „Sie hat meinen Erwartunge­n nicht entsproche­n“, so der Täter gegenüber Ermittlern. Er erzählte, dass sie sich um Geld gestritten hätten. Die Frau sei wie eine Furie auf ihn losgegange­n. Daraufhin habe er mit einem Klappmesse­r auf sie eingestoch­en. Das Messer habe er „gefunden“. Alles sei voller Blut gewesen – und dann habe er einen Filmriss.

Auch vor dem Haftrichte­r räumte Markus B. die Tat ein. Beim Prozessauf­takt ließ er seine Verteidige­rin jedoch eine überrasche­nde Erklärung verlesen: „Ich habe die Frau nicht getötet.“Das sei alles gelogen gewesen. Er habe die Tötung nur gestanden, damit die Vernehmung­sbeamten ihn in Ruhe ließen: „Ich habe die Antworten frei erfunden.“

Seine neue Version vor Gericht: „Ich hatte mich mit meiner Freundin gestritten, rief auf eine Anzeige hin bei einer Prostituie­rten an.“Britta habe gesagt, sie sei 25 Jahre alt und blond. Aber sie sei viel älter gewesen und nicht so, wie er es sich vorgestell­t hatte. Es habe in der Wohnung widerlich gerochen. Die Prostituie­rte hatte zuvor Grünkohl gekocht. „Ich hatte schon keine Lust mehr. Und als sie im Bad war, um sich frisch zu machen, nahm ich mein Geld und ihr Handy und ging. Ich hatte kein Messer, ich habe sie nie angefasst, ich habe ihr nichts angetan.“Warum er das Handy und 50 Euro aus der Kaffeedose des Opfers gestohlen hatte, konnte der Freier nicht erklären. Sein vorheriges Geständnis stimmte jedoch mit dem rechtsmedi­zinischen Gutachten, den Spuren am Tatort und Zeugenauss­agen überein. Der Beschuldig­te wurde am 23. November 2006 zu sieben Jahren Freiheitss­trafe wegen Totschlags verurteilt. Im November 2013 wurde Markus B. aus der Haft entlassen.

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