Hamburger Morgenpost

Papst fordert von Ukraine „Mut zur r weißen Fahne“

KRIEG Franziskus drängt Kiew zu Verhandlun­gen. Kritik aus Deutschlan­d

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Rom/Kiew – Papst Franziskus sorgt mit Aussagen über die Ukraine für Verwunderu­ng. In einem Interview erklärte er, wenn man auf der Verlierers­traße ist, müsse man den „Mut zur weißen Fahne“haben und verhandeln. Das sorgt für Kritik. Kurios: Der Vatikan selbst versucht seit zwei Jahren völlig erfolglos, Russland an den Verhandlun­gstisch zu holen.

„Wenn man sieht, dass man besiegt wird, dass die Dinge nicht gut laufen, muss man den Mut haben, zu verhandeln“, sagte der Papst in einem Interview mit dem Schweizer Fernsehen, das jetzt ausgestrah­lt wurde. Er sei der Ansicht, dass derjenige Stärke zeige, „der den Mut hat, die weiße Fahne zu hissen“. Und weiter: „Schämt euch nicht, zu verhandeln, bevor es noch schlimmer wird.“Es gebe viele Akteure, die als Vermittler bereitstün­den, darunter die Türkei, erklärte der Papst.

Die Aussagen sorgten vor allem in Deutschlan­d für Verwunderu­ng und Kritik. „Unglaublic­h, das Oberhaupt der katholisch­en Kirche stellt sich auf die Seite des Aggressors“, schrieb CDU-Verteidigu­ngsexperte Roderich Kiesewette­r auf Twitter/X. Der Papst liefere damit Russlands Präsident Wladimir Putin eine „Blaupause für weiteres Vorgehen“. Auch Bundestags-Vizepräsid­entin Katrin Göring-Eckardt (Grüne) – selbst engagierte Christin – zeigte sich entsetzt: „Wer von der Ukraine verlangt, sich einfach zu ergeben, gibt dem Aggressor, was er sich widerrecht­lich geholt hat, und akzeptiert damit die Auslöschun­g der Ukraine.“Vatikan-Sprecher Matteo Bruni versuchte später in einem von „Vatican News“veröffentl­ichten Statement, die Aussage des Papstes zu relativier­en. Franziskus habe von der „weißen Fahne“gesprochen, „um ein Einstellen der Feindselig­keiten zu bezeichnen, einen Waffenstil­lstand, der mit dem Mut zur Verhandlun­g erreicht wurde“. Gemeinhin wird eine weiße Flagge in militärisc­hem Zusammenha­ng als Zeichen der Kapitulati­on verstanden. Bruni wiederholt­e den Aufruf des Papstes zu einer „diplomatis­chen Lösung auf der Suche nach einem gerechten und dauerhafte­n Frieden“in der Ukraine.

Dabei versucht der Vatikan selbst seit zwei Jahren, den Kreml an den Verhandlun­gstisch zu holen. Erfolglos. Etwas erfolgreic­her war bisher die Türkei. Ihr gelang es im

merhin, ein Getreideab­kommen zwischen Kiew und Moskau zu vermitteln – bis Putin den Ausstieg Russlands aus dem Abkommen verkündete. Vorwand waren die westlichen Sanktionen. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hatte sich erst am Freitag bei einem Besuch seines ukrainisch­en Amtskolleg­en Wolodymyr Selenskyj erneut als Friedensve­rmittler angeboten. Doch Selenskyj reagierte darauf zurückhalt­end. Er hat mehrfach erklärt, dass die Initiative zu Friedensve­rhandlunge­n bei dem Land liegen müsse, das überfallen wurde. Auch die Schweiz versucht gerade einen Friedensgi­pfel unter Beteiligun­g Russlands zu organisier­en. Doch das lehnt Moskau ab. Die Schweiz sei kein ehrlicher Makler, weil Bern die „antirussis­che Linie des kollektive­n Westens konsequent“unterstütz­e, ließ der russische Botschafte­r mitteilen.

Derjenige zeigt Stärke, der den Mut hat, die weiße Fahne zu hissen. Papst Franziskus

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Papst Franziskus hat sich bereits häufiger zur Ukraine geäußert. Dort erfreut er sich nicht gerade großer Beliebthei­t.
 ?? ?? Selenskyj beim Papst (o.) und ukrainisch­e Soldaten (u.): Hat Franziskus kein Verständni­s für ihre Situation?
Selenskyj beim Papst (o.) und ukrainisch­e Soldaten (u.): Hat Franziskus kein Verständni­s für ihre Situation?
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 ?? ?? CDU-Verteidigu­ngspolitik­er Roderich Kiesewette­r zeigte sich bei Twitter/X wenig begeistert von den Aussagen.
CDU-Verteidigu­ngspolitik­er Roderich Kiesewette­r zeigte sich bei Twitter/X wenig begeistert von den Aussagen.

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