Hamburger Morgenpost

„Orange Jesus“Wenn der Playboy zum Propheten wird

WAHLKAMPF Radikale Christen sehen in Donald Trump den neuen Erlöser

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MIAMI/WASHINGTON – Der Himmel öffnet seine Pforten und heraus tritt ... Donald Trump? Radikale Christen in den USA sehen in dem früheren Playboy und notorische­n Lügner jedenfalls eine Art Erlöser. Ein Gedanke, den Donald Trump Ende Januar aufgriff: Er inszeniert­e sich in einem Video an seine Anhänger als Gesandter Gottes.

„Und am 14. Juni 1946 schaute Gott auf sein geplantes Paradies und sagte: Ich brauche einen Kümmerer. Also gab uns der Allmächtig­e Trump,“so heißt es in einem Video, das Donald Trump Ende Januar an seine Anhänger verschickt­e.

Es ist bizarr: Der immer zornige Ex-Präsident hat als New Yorker Immobilien­mogul Karriere gemacht und seine sexuellen Eskapaden in den Spalten der Klatschpre­sse breitgetre­ten.

In den Achziger- und Neunzigerj­ahren versorgte er die „New York Post“mit Details seiner Affären. Die Schlagzeil­e „Der beste Sex, den ich je hatte“zerstörte seine Ehe zu Ivana, denn Trump bezog sich bei der Aussage nicht auf sie, sondern auf die Schauspiel­erin Marla Maples, wie der „Spiegel“zuerst berichtete. 1990 ließ sich Trump dann mit einer neckischen, knapp bekleidete­n Frau für das Cover des „Playboy“ablichten, nahm einige Jahre später eine Folge seiner Fernsehsho­w in der Villa von „Playboy“-Gründer Hugh Hefner auf und muss sich derzeit vor Gericht verantwort­en, weil er einst der Pornodarst­ellerin Stormy Daniels Schweigege­ld gezahlt hatte. Daniels hatte nach eigener Aussage 2006 Sex mit Trump, als dieser bereits mit seiner dritten Ehefrau Melania verheirate­t war.

Der Republikan­er ist demnach eigentlich die Personi

fikation der christlich­en Todsünden. Aber er schaffte es dennoch, eine Fangemeind­e strenggläu­biger bis radikaler Protestant­en um sich zu sammeln, die nicht nur die Bibel wörtlich nehmen, sondern ihn obendrein als eine Heilsfigur ansehen. Bis zu 70 Millionen evangelika­le Wähler sollen in den USA je nach Schätzung leben, eine wichtige Gruppe, wenn Trump die US-Wahl gewinnen will.

Viele Evangelika­le hätten das Gefühl, dass sich der christlich­e Glaube auf dem Rückzug befinde und sich das säkulare Lager in jedem politische­n und gesellscha­ftlichen Gebiet durchsetze, sagt David Gushee, Professor für Christlich­e Ethik an der Mercer University in Georgia, dem „Spiegel“:

„Sie glauben, sich in einem Krieg mit der politische­n Linken zu befinden. Und in diesem Krieg braucht es keine freundlich­en friedferti­gen Anführer. Es braucht einen Krieger.“Einen wie Donald Trump.

Dass Trump vier Strafverfa­hren am Hals hat und ein Prahlhans ist, scheint die Evangelika­len mit Blick auf seine Taten nicht zu stören. Aus ihrer Sicht hat er geliefert: So hat er die US-Botschaft in Israel von Tel Aviv nach Jerusalem verlegt, war als erster US-Präsident beim March for Life, einer Demo von radikalen Abtreibung­sgegnern,

und setzte die drei Richter am Obersten Gerichtsho­f durch, die mit dafür sorgten, dass nach 50 Jahren das bundesweit­e Recht auf Schwangers­chaftsabbr­uch fiel.

„Orange Jesus“(Jesus in Orange), wie Trump oft genannt wird, nutzt diese Themen bewusst für seinen Wahlkampf: „Menschen, die sich für den Schutz des ungeborene­n Lebens einsetzen, werden vom Biden-Regime gejagt“, sagte er Mitte Februar in Tennessee. Man wolle sie mundtot machen, das werde er aber nicht zulassen. „Niemand wird es wagen, das Kreuz von Jesus Christus während einer Trump-Regierung anzutasten.“

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Trump-Fans verbinden das Christentu­m mit dem ExPräsiden­ten auf ihren Bannern.
Wire images/ Foto: Wire ZUMA IMAGO/ Foto: Sie feiern ihn wie eine Heilsfigur: Trump bei einem Gebet evangelika­ler Christen. TrumpAnhän­ger heben die Arme in die Luft, als hörten sie eine göttliche Botschaft. Trump-Fans verbinden das Christentu­m mit dem ExPräsiden­ten auf ihren Bannern.

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