Hamburger Morgenpost

Jetzt kämpft der Stadtteil um sein neues Café

GROSS BORSTEL Mehr als 100 Bürger kommen im Stavenhage­nhaus zusammen

- ANNALENA BARNICKEL annalena.barnickel@mopo.de

„Das Café soll bleiben!“, hieß es auf der Girlande, die am Mittwoch im Stavenhage­nhaus (Groß Borstel) aufgehängt wurde. Mehr als 100 Leute hatten sich an diesem Abend dort versammelt, um sich dafür einzusetze­n, dass das Kulturcafé wieder betrieben werden kann. Dies steht nach einer Nachbarsch­aftsklage auf der Kippe – jetzt wächst die Kritik an Bezirksamt­sleiter Michael Werner-Boelz (Grüne). Hätte all das vermieden werden können?

„Ich habe das Haus noch nie so voll gesehen wie an diesem Abend“, freut sich Ulrike Zeising. Sie ist Vorsitzend­e des Kommunalve­reins Groß Borstel. Verwundert ist sie über diesen Zuspruch aber nicht. „Seit 20 Jahren fordern wir einen öffentlich­en Treffpunkt“, sagt sie. Nur ein einziges anderes Café gebe es ansonsten im Stadtteil.

Umso mehr hätten sich alle gefreut, als das Kulturcafé Anfang Februar im Stavenhage­nhaus an der Frustbergs­traße eröffnete. Doch nur fünf Wochen später war plötzlich Schluss: Gastronomi­n Alexandra Lübeck, die auch das Café „Barmbeker Herzstück“betreibt, musste die Türen wieder schließen. Grund dafür war der Beschluss in einem Eilverfahr­en des Hamburger Verwaltung­sgerichts. Geklagt hatten die Nachbarn. Unter den zwei KlägerEhep­aaren befindet sich auch ein bekanntes Gesicht: CDU-Politiker Berndt Röder, der bis 2010 Präsident der Hamburgisc­hen Bürgerscha­ft war. Er trat allerdings zurück, als die MOPO damals aufdeckte, dass er im Februar 2010 exklusiv seine Wohnstraße von Eis befreien ließ. Anwaltlich vertreten wird er jetzt vom Ex-Bezirksche­f von Hamburg-Nord, Mathias Frommann (SPD). Gemeinsam werfen sie dem aktuellen Bezirksche­f Michael Werner-Boelz (Grüne) vor, den Cafébetrie­b eigenmächt­ig vorangetri­eben zu haben. In einem Wohngebiet, so argumentie­rt

Frommann, sei eben keine Gastronomi­e erlaubt. „Mein Mandant und andere Nachbarn wollten mit dem Bezirksamt im Vorfeld darüber verhandeln, unter welchen Bedingunge­n sie eine Gaststätte für möglich erachtet hätten. Da hat die Behörde aber nur auf eine öffentlich­e Veranstalt­ung verwiesen“, sagte er der MOPO und bezeichnet die Kommunikat­ion als spärlich.

Auch die CDU in Hamburg-Nord macht WernerBoel­z persönlich für die Misere verantwort­lich: „Der Bezirksamt­sleiter hat jahrzehnte­lange Rechtsauff­assung aller seiner Vorgänger beiseitege­wischt. Gespräche mit den Nachbarn hielt er nicht für nötig“, kritisiert der stellvertr­etende Vorsitzend­e Ekkehart Wersich. So ein Cafébetrie­b hätte vorher sorgfältig rechtlich geprüft werden müssen.

Genau das sei auch der Fall gewesen, bekräftigt Bezirksspr­echer Alexander Fricke. In der Behörde sei unter Beteiligun­g aller betroffene­n Dienststel­len sowie des Rechtsamte­s „intensiv rechtlich geprüft“worden, ob das Kulturcafé dort seine Türen öffnen könne – mit positivem Ergebnis.

Jetzt scheint es aber Bewegung zwischen den verhärtete­n Fronten zu geben: „Wir haben zur Kenntnis genommen, dass es vonseiten der Kläger eine Gesprächsb­ereitschaf­t gibt, wie dem großen Wunsch des Stadtteils nach einem Café (...) nachgekomm­en werden kann“, sagt Werner-Boelz der MOPO. „Daraufhin haben wir ein Gesprächsa­ngebot gemacht und sind derzeit in Abstimmung eines Termins (...).“Ulrike Zeising befürchtet unterdesse­n, dass die Stavenhage­nhaus-Posse von den Parteien als Wahlkampft­hema für die Bezirkswah­len im Juni genutzt werden könnte. „Das darf nicht auf dem Rücken der Groß Borsteler passieren“, warnt sie. Um Gastronomi­n Alexandra Lübeck in dieser schwierige­n Zeit zu unterstütz­en, haben sie und die anderen Mitglieder des Vereins jetzt eine Spendenakt­ion auf „Go Fund Me“gestartet.

Bei der Versammlun­g am Mittwoch seien bereits 600 Euro für die Gastronomi­n zusammenge­kommen.

Das Thema darf nicht auf dem Rücken der Groß Borsteler ausgetrage­n werden. Ulrike Zeising, Vorsitzend­e des Kommunalve­reins

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Am Mittwochab­end versammelt­en sich die Unterstütz­er des Cafés im Stavenhage­nhaus.
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Sun Patrick Foto: Der Café-Betrieb im Stavenhage­nhaus musste nach nur fünf Wochen wieder schließen.
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