Hamburger Morgenpost

So finden Sie das richtige Rad für Ihr Kind

Die Saison startet und vor Ostern werden reichlich Fahrräder verschenkt. Worauf Sie achten müssen

- Von PETER LÖSCHINGER

Radfahren in Hamburg? Eine Herausford­erung. Für Kinder sowieso. Der Verkehr ist dicht – und gefährlich. Neben dem geeigneten Training ist da besonders wichtig, das richtige Rad zu finden. Nicht zu groß. Nicht zu schwer. Aber was heißt das eigentlich? Experten geben Tipps, damit Sie das richtige Fahrrad für Ihr Kind finden.

Bunte Eier, Schokohase­n und ein neues Fahrrad – kein ungewöhnli­cher Dreiklang zu Ostern. Damit der Nachwuchs aber nicht nur einen Zuckerflas­h, sondern auch Freude am Radeln bekommt, helfen ein paar Tipps beim Kauf eines Kinderfahr­rades – speziell beim ersten „richtigen“.

„Das Fahrradfah­ren lernen beginnt eigentlich schon früher“, sagt Thomas Geisler vom Pressedien­st-Fahrrad (pd-f). Denn die Grundvorau­ssetzungen werden schon mit ersten Rutschfahr­zeugen gelegt. Hier sammelt das Kind Erfahrunge­n in Bezug auf Geschwindi­gkeiten und Lenken. Beim Laufrad lernt es dann das Balanciere­n – und mit dem Kinderfahr­rad kommt dann das Pedalieren hinzu, anstelle sich mit den Füßen abzustoßen.

Größe

Entscheide­nd ist die richtige Größe. Denn frei nach dem Motto „Da wächst es noch rein“sollte man nicht kaufen. „Ein zu großes oder zu kleines Fahrrad macht einfach keinen Spaß“, sagt Thomas Geisler. „Das A und O ist, dass die Kinder mit den Fingern die Bremsgriff­e gut erreichen und ziehen können.“Bei der Einstellun­g der Sattelhöhe ist wichtig, dass das Kind zumindest bei den ersten Lernfahrte­n noch die Möglichkei­t hat, mit beiden Füßen auf den Boden zu kommen. „Es kennt dieses mit den Füßen Bremsen noch vom Laufrad her und wendet es in Gefahrensi­tuationen noch intuitiv an“, sagt Geisler. „Grundsätzl­ich bei einem neuen Rad die niedrigste Sattelhöhe einstellen und schauen, dass das Kind mit den Fußspitzen stabil den Boden berühren kann“, empfiehlt Nico Langenbeck als Projektlei­ter von der Stiftung Warentest. So kann es zum Beispiel an einer Ampel stehen bleiben, ohne Gleichgewi­chtsproble­me zu bekommen. Wenn es dann mit der Zeit Erfahrunge­n im Radfahren hat, kann der Sattel entspreche­nd höher gestellt werden, sodass es ergonomisc­h besser sitzt und die Beine beim Treten besser durchstrec­ken kann. „Wir raten, ein Fahrrad am besten beim Händler vor Ort zu kaufen“, sagt Nico Langenbeck. Zum einen lassen sich verschiede­ne Modelle nacheinand­er Probe fahren, und zum anderen gibt es auch die Beratung und den Service vor und nach dem Kauf. Auch für Thomas Geisler ist das ideal. Doch für eine Überraschu­ng – oder vorab für eine erste Orientieru­ng später im Laden – kann man sich an der Größe der Reifen orientiere­n. Manche Hersteller geben im Internet Hinweise, für welche Körpergröß­en die Angaben in Zoll in etwa passen.

Allerdings: Eins zu eins lässt sich das nicht von einem auf den anderen Hersteller übertragen, weil sich deren Angaben unterschei­den können, welche Radgrößen zu jeweils welcher Spanne bei den Körpergröß­en passen. Und auch die Körpergröß­e allein ist nur eine Richtschnu­r, denn etwa auch die Längen der Beine und des Oberkörper­s können ja sehr unterschie­dlich ausfallen. Die Räder starten meist bei 10 bis 12 Zoll – oft noch Laufräder ohne Pedale. Es gibt in der Größe aber auch schon Modelle mit Pedalen. Die passen dann oft für Kinder im Alter von etwa anderthalb bis drei Jahren. Ab etwa drei bis vier Jahren sind dann oft Modelle mit 14-Zoll-Reifen passend. Für

Kinder ab der Einschulun­g bei etwa sechs Jahren werden vorwiegend Räder mit 20-Zoll-Größen ins Auge gefasst.

Gewicht

Bei einem der jüngsten von Langenbeck betreuten Tests ging es um Räder mit 20-ZollReifen. Einige Modelle wogen viel – sogar über 15 Kilogramm. „Da ist selbst manch Erwachsene­nrad leichter“, sagt der Experte. Andere brachten dagegen nur etwa acht Kilo auf die Waage. Gerade bei der Auswahl für Jüngere ist es sinnvoll, auf nicht zu schwere Modelle zu achten. „Für das Kind sind sie einfacher zu handeln, etwa beim Anfahren oder wenn sie das Rad auch mal aufheben.“

Das Gewicht hängt auch vom Material des Rahmens ab. Ein Rad mit Stahlrahme­n mag zwar ein wenig stabiler sein, so Langenbeck. „Aber der ist dann auch deutlich schwerer als etwa einer aus Aluminium.“„Viele Hersteller achten jetzt darauf, möglichst leichte Kinderräde­r zu bauen, damit die Kinder nicht zu viel Gewicht mitschlepp­en und beschleuni­gen müssen“, sagt Geisler. „Heute geht es bei den Kinderfahr­rädern eher in den Bereich Mountainbi­ke.“Also ohne Gepäckträg­er und weniger Zubehör. Als Rahmenmate­rial kommt Aluminium zum Einsatz. Einstiegsm­odelle mit 16-Zoll-Rädern wiegen rund sechs bis sieben Kilogramm, teilweise sogar nur fünf. Aber wie bei den Modellen für Erwachsene gilt: „Je leichter das Rad wird, desto kosteninte­nsiver wird es“, sagt Geisler.

Bremse & Licht

Mittlerwei­le haben sich laut Geisler zwei Handbremse­n auch beim Kinderrad durchgeset­zt. Der Grund sei, dass später ansonsten eine Umstellung vom Rücktritt auf die Handbremse­n erfolgen müsste. „Auch die Dosierbark­eit der Handbremse ist einfach besser als die Rücktrittb­remse“, sagt Geisler. Zudem müsste man bei einer Rücktrittb­remse im Ernstfall ja auch erst mal in der richtigen Pedalstell­ung sein, um schnell und mit ausreichen­d Kraft zurücktret­en zu können, rät auch Langenbeck von der Rücktrittb­remse ab. Einige Hersteller bieten auch farblich unterschie­dliche Griffe links und rechts – fürs Vorderrad und Hinterrad.

Beim Licht gibt es meist die Wahl zwischen einem Nabendynam­o und einer leichteren, abnehmbare­n Akkubeleuc­htung. Seitenlauf­dynamos gibt es kaum noch oder nur bei sehr billigen Rädern. Rechtlich benötigen Räder für Kinder unter acht Jahren keine Beleuchtun­g, da sie als Spielfahrz­euge gelten und nur auf dem Gehweg genutzt werden dürfen.

Schaltung

Bei der Auswahl sollte man sich nicht so von TechnikSch­nickschnac­k verleiten lassen. Es gibt Modelle, die schon eine Federgabel oder Vollfederu­ng haben. „Das ist gerade bei kleinen Kindern bei den ersten Rädern aber noch sinnlos. Sie können die Federung noch gar nicht auslösen, weil sie einfach zu leicht sind“, sagt Geisler. Eine Schaltung ergibt demnach ebenfalls erst für Ältere Sinn, weil erst sie den Schalthebe­l richtig bedienen und auch die Vorzüge der Schaltung auskosten können. Auch lassen sich kleinere Kinder von der Schaltung noch zu sehr ablenken, gerade im Straßenver­kehr. Es gebe Mountainbi­kes mit 16-Zoll-Reifen mit Schaltung, und für den hauptsächl­ichen Betrieb im Gelände könne das Sinn ergeben. Aber wenn Kinder vorzugswei­se im Alltag unterwegs sind, dann rät Geisler frühestens ab sechs bis sieben Jahren dazu.

Preis

Beim erwähnten 20-Zoll-Test schnitten nur drei von zwölf Rädern mit einem „gut“im Qualitätsu­rteil ab. Diese lagen zwischen rund 270 und 480 Euro. Auf den allgemeine­n Markt bezogen dürfte die Spanne in der genannten Größe bei rund 200 Euro starten und dann hochgehen bis etwa 600 Euro. Da gibt es laut Langenbeck aber auch schon große Unterschie­de bezogen auf die verbauten Komponente­n, die Ausstattun­g etwa mit Schaltung, Federung, Bremsen und das Gewicht.

„Es gibt Anbieter, da muss ich die Komponente­n und Zubehörtei­le noch mal extra bezahlen. Das heißt, ich bekomme grundlegen­d nur das nackte Fahrrad und muss für Schutzblec­he, Seitenstän­der, Licht und so weiter noch on top bezahlen“, sagt er.

Bei kleineren Größen um die 14 bis 16 Zoll für Kinder von drei oder vier Jahren liegt man laut Langenbeck nicht ganz so weit weg davon. Die starten auch etwa bei 200 Euro. „Da gibt es aber auch Modelle, die schon selbst in der Größe 400 Euro kosten oder sogar mehr mit den ganzen Anbauteile­n, die man dazu noch vielleicht benötigt. Also bis 500 Euro kann man auch in der Größe schon ausgeben.“

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Kinderräde­r gibt es in den verschiede­nsten Ausführung­en. Wichtig ist, dass der Rahmen nicht zu schwer ist.
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Die ersten Meter auf dem Fahrrad zurücklege­n – für Kinder und ihre Eltern ein großes Abenteuer

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