Hamburger Morgenpost

Das Bilanz-Desaster

INVESTITIO­N Die Deutsche Bahn hat viele Baustellen und trotzdem große Pläne

-

BERLIN – Die Deutsche Bahn hat in ihrer Jahresbila­nz 2023 einen Verlust von 2,4 Milliarden Euro eingefahre­n. Hinzu kommt eine miese Pünktlichk­eitsquote – fast jeder dritte Fernzug kam verspätet. Was das Milliarden-Loch ausgelöst hat und wie dieses Jahr die Kehrtwende folgen soll:

Hohe Kosten für Bau, Energie und Personal, gestiegene Zinsen und mehrere Streiks haben bei der Deutschen Bahn im vergangene­n Jahr für einen Milliarden­verlust gesorgt. Im Jahr davor war der Fehlbetrag mit rund 0,2 Milliarden Euro noch deutlich geringer ausgefalle­n.

Der Umsatz ging im selben Zeitraum um 13 Prozent auf rund 45,2 Milliarden Euro zurück. Und auch im operativen Bereich machte der Konzern Verluste. Das Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) sank auf ein Minus von fast einer Milliarde Euro – nach einem positiven Ergebnis von rund 1,2 Milliarden Euro im Jahr davor.

Grund dafür war eigenen Angaben zufolge, dass die Bahn bei den hohen Investitio­nen in die Infrastruk­tur in Vorleistun­g gegangen ist. Die Bahn investiert­e 2023 demnach rund 7,6 Milliarden Euro aus Eigenmitte­ln in die dringend notwendige Ertüchtigu­ng der Infrastruk­tur. Überlastet­e Strecken und ein an vielen Stellen sanierungs­bedürftige­s Netz sorgten im vergangene­n Jahr auch für eine hohe Unpünktlic­hkeit. Fast jeder dritte Fernzug war verspätet unterwegs. Konzernche­f Richard Lutz sprach gestern auf der Bilanz-Pressekonf­erenz in diesem Zusammenha­ng von einer „wirklichen Zumutung“. Die Nachfrage im Bahnverkeh­r blieb trotz der hohen Unzuverläs­sigkeit hoch. Rund 1,8 Milliarden Fahrten verbuchte die Bahn 2023 und damit 5,8 Prozent mehr als im Jahr davor.

Zu den schlechten Zahlen in diesem Jahr führten auch anhaltende wirtschaft­liche Probleme bei der Güterverke­hrstochter DB Cargo sowie ein sich abkühlende­r Transportm­arkt, den vor allem die ansonsten gut laufende Logistikto­chter DB Schenker zu spüren bekam.

Die Zuverlässi­gkeit des Schienenve­rkehrs und damit das Vertrauen der Fahrgäste soll nun wieder hergestell­t werden. Ob das gelingt, wird das laufende Jahr zeigen. Die Fallhöhe, die sich Bahn und Bund dabei selbst geschaffen haben, ist groß.

Um die Infrastruk­tur wieder fit zu machen, wollen sie so viel investiere­n wie nie zuvor. 40 viel befahrene Schienenko­rridore sollen bis 2030 ertüchtigt werden. Dafür hat die Bahn 27 Milliarden Euro zugesicher­t, der Bund knapp 30 Milliarden. Die Bahn spricht allerdings von einem Bedarf um die 45 Milliarden. Hierzu sei man noch in Gesprächen. Zunächst führt die Sanierung auch zu neuen Baustellen, die den Verkehr in den kommenden Jahren weiter ausbremsen dürften. Gleichzeit­ig will die Bahn schon im laufenden Jahr ihre Pünktlichk­eit im Fernverkeh­r von zuletzt 64 Prozent auf mindestens 70 Prozent steigern. In Anbetracht der Umstände ein ehrgeizige­s Projekt.

 ?? ?? Fast jeder dritte Fernzug der Deutschen Bahn war 2023 unpünktlic­h.
Fast jeder dritte Fernzug der Deutschen Bahn war 2023 unpünktlic­h.

Newspapers in German

Newspapers from Germany