Sozialamt in Mitte völlig überlastet
HILFERUF Weil Mitarbeiter mit ihrer Arbeit nicht hinterherkommen, müssen Bedürftige leiden, sagt die Linke
Land unter im Bezirk Mitte: Im Sozial- und Grundsicherungsamt haben die Mitarbeiter im vergangenen Jahr 300 Überlastungsanzeigen gestellt – während in den übrigen Bezirken im selben Zeitraum maximal zwölf offizielle Hilferufe an die Vorgesetzten formuliert wurden, wie nun aus einer Anfrage der Linken an den Senat hervorgeht. Die Dauer-Überlastung des Amtes hat dramatische Folgen für die Menschen, deren Anträge nicht bearbeitet werden. Was ist da los in Mitte? Der Bezirk hat eine Erklärung für die extremen Zahlen.
Essen, Unterkunft, Kleidung, Körperpflege – mehr als 55.000 Hamburger können solche Grundbedürfnisse nicht mit eigenem Geld bezahlen und haben Anspruch auf Unterstützung vom Staat: Sozialhilfe oder Grundsicherung im Alter. Umso dramatischer, wenn die Anträge dieser weitgehend mittellosen Menschen sich wochenlang unbearbeitet auf Schreibtischen stapeln, weil dem Amt Personal
Lenthe Andre images/ imago Foto: fehlt und die vorhandenen Mitarbeiter unter der Antragsflut zusammenbrechen und krank werden: „Die betroffenen Antragsteller und Antragstellerinnen haben in der Regel keine Chance, die wochen- und monatelangen Verzögerungen finanziell abzufedern“, sagt Olga Fritzsche, sozialpolitische Sprecherin der Linken-Fraktion in der Hamburgischen Bürgerschaft. „Sie müssen hungern, wenn sie keine Rücklagen mehr haben.“Und die Personalsituation im Bezirk Mitte scheint sich weiter zuzuspitzen: Allein aus den ersten acht Wochen im Jahr 2024 liegen bereits 80 Überlastungsanzeigen vor. Mit diesen Anzeigen weisen Mitarbeiter ihre
Chefs darauf hin, dass sie ihre Aufgaben nicht mehr so erfüllen können, wie es das Gesetz vorsieht – auch eine Rückversicherung, falls sie wegen der Überlastung Fehler machen, die am Ende Dritten schaden. Warum ist es in Mitte schlimmer als in den anderen Bezirken? „Die hohe Anzahl resultiert aus den insgesamt in den letzten Jahren sehr stark gestiegenen Fallzahlen im Bezirk“, so eine Sprecherin zur MOPO. Zu Mitte gehören Wohngebiete, in denen besonders viele arme Menschen leben, etwa Billstedt, Veddel, Wilhelmsburg. Außerdem ist das Grundsicherungsamt des Bezirkes für alle Obdachlosen in Hamburg zuständig, muss sich etwa um die Auszahlung von Überbrückungsleistungen kümmern oder um die Abrechnung von Krankenhausaufenthalten.
Die betroffenen Antragsteller haben in der Regel keine Chance, lange Verzögerungen finanziell abzufedern. Olga Fritzsche (Linke)