Hamburger Morgenpost

Tag der Entscheidu­ng

Schritt in die KGaA? Die HSV-Mitglieder bestimmen. Auf was der Verein hofft und welche Rolle Kühne anders als 2014 hat

- SIMON BRAASCH und TIM MEINKE redaktion-sport@mopo.de

Nun ist er also da, der Schicksals­tag des HSV. Und einzig seine Mitglieder entscheide­n auf der außerorden­tlichen Versammlun­g ab 11 Uhr darüber, ob er als Tag der Zäsur in die Geschichte des Vereins eingehen wird. Die letzte große StrukturRe­form liegt zehn Jahre zurück, nach 2014 aber ging es nicht wie angepriese­n zurück in den Europapoka­l, sondern sportlich bergab. Jetzt geht es wieder um eine Menge Geld und Investoren. Doch diesmal soll alles anders werden. Weil ein klarer, transparen­ter Plan vorliegt.

Zwei Jahre lang hat die Arbeitsgru­ppe Rechtsform um Aufsichtsr­atschef und VizePräsid­ent Michael Papenfuß das Konzept ausgearbei­tet, Debatten geführt und bis zuletzt kritische Fragen aus der Mitgliedsc­haft beantworte­t – weil das Standing von Investoren im Profi-Geschäft im vergangene­n Jahrzehnt nicht besser geworden ist. Der HSV aber setzt auf einen neuen Weg. Schon die erste von zwei Abstimmung­en im Wilhelmsbu­rger Inselpark wird dem Verein Gewissheit liefern.

Stimmen die Mitglieder mit einer Dreivierte­l-Mehrheit für die Umwandlung von der Fußball AG in eine KGaA, würde sich Klaus-Michael Kühnes 30-Millionen-EuroWandel-Darlehen automatisc­h in weitere acht Prozent der Anteile (von 13,53 auf 21,4) wandeln. Die im Juni 2023 gewährte Summe müsste nicht zurückgeza­hlt werden, wurde bisher aber ohnehin nicht angerührt und liegt gut verzinst auf einem Festgeldko­nto. Perspektiv­isch will Finanz-Vorstand Eric Huwer mit dem Geld vor allem die Infrastruk­tur stärken und die Entschuldu­ng vorantreib­en, noch aber liegt es auf der hohen Kante. Der HSV verdient aufgrund der Zinslage sogar noch am WandelDarl­ehen. Die Pläne sehen neben dem Übergang in die KGaA – die eine Stärkung der Mitglieder­rechte mit sich brächte, weil die ebenfalls neu zu gründende Management AG zu 100 Prozent in Besitz des HSV e.V. wäre – aber noch eine zweite Abstimmung vor, bei der es um noch mehr Geld geht. Denn im zweiten Schritt entscheide­n die Mitglieder darüber, ob in der neuen Kapitalstr­uktur weitere Aktien veräußert werden dürften. „Wir befinden uns in einer sehr stabilen wirtschaft­lichen Situation. Deshalb ist es derzeit nicht beabsichti­gt, unmittelba­r nach der Entscheidu­ng weiteres Kapital einzusamme­ln“, sagte Papenfuß der MOPO. „Uns geht es grundsätzl­ich um die dauerhafte Stärkung der Mitglieder­rechte bei gleichzeit­iger Möglichkei­t neuer Eigenkapit­albeschaff­ung.“Der finanziell­e Spielraum beläuft sich auf mehr als 100

Millionen Euro – zusätzlich zu Kühnes Darlehen. Durch die Erhöhung der Kühne-Anteile würde sich der Anteil des HSV e.V. an der KGaA auf zunächst 68 Prozent reduzieren. Bis zur selbst auferlegte­n Grenze (mindestens 50 Prozent Eigenantei­l) könnten aber noch 18 Prozent der Anteile veräußert werden – verbunden mit der Aussicht auf einen dreistelli­gen MillionenB­etrag. Und nach MOPO-Informatio­nen ist es wahrschein­lich, dass abermals Kühne einen kleinen Teil davon zahlt – ohne jedoch an Einfluss zu gewinnen. Hintergrun­d ist diesmal das 20-Millionen-Euro-Darlehen, das der 86-Jährige dem HSV im Dezember 2022 gemeinsam mit drei anderen Hamburger Geldgebern für die Stadion-Modernisie­rung gewährte. Anders als bei der Wandelschu­ldverschre­ibung existiert hierbei zwar kein vertraglic­h fixierter Automatism­us – aber die Option, dass die Summe ebenfalls in Anteile umgewandel­t werden kann. Und bevor die Bosse um Finanz-Vorstand Huwer mit anderen, möglichen Investoren aus dem Großraum Hamburg verhandeln, die etwas mit dem HSV verbinden und die kein Rendite-Interesse haben, würden sie erst einmal auf die vertrauten zugehen. Also auch auf Kühne, der zur Hälfte an dem 20-Millionen-EuroDarleh­en beteiligt war. An dieser Stelle folgt das große Aber. Bei der Ausglieder­ung der Profi-Abteilung in die Fußball AG im Mai 2014 hatte es noch geheißen, dass die Investoren Schlange stehen würden – tatsächlic­h zeichnete in den Folgejahre­n aber nur einer Anteile: Kühne. Wie jeder andere Geldgeber dürfte aber auch der Edel-Fan künftig maximal 25 Prozent halten. Und durch die Trennung von operativer Führung (Management AG) und Kapitalstr­uktur (KGaA) – ein zentraler Vorteil der erhofften Rechtsform – gibt es keinen Einfluss der Gesellscha­fter auf die Geschäfte des Vorstands. Auch wenn sich seine Position auf dem Papier verschlech­tern würde, soll Kühne den Weg des HSV mitgehen wollen – ohne eigene Ziele zu verfolgen. „Mit dem Rechtsform­wechsel schaffen wir die Voraussetz­ung für weitere Beteiligun­gen, gewähren aber keinerlei Einfluss auf die operative Führung“, sagt Papenfuß. Das Ziel nach zwei Jahren Ausarbeitu­ng und viel Überzeugun­gsarbeit ist klar: eine Reform der Stärke. Hin zu einer Struktur, die nicht auf Fremdkapit­al angewiesen ist, die aber auch im Falle des Nicht-Aufstiegs nicht zwangsläuf­ig ausgereizt werden würde. „Das Feedback, das wir in diversen Gespr halten hab tig positiv“fuß. „Dah zuversicht l wir die e chenden heiten be men.“

Tag der En scheidung.

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Michael Papenfuß (69) hat die Rechtsform­umwandlung zwei Jahre lang mit vorbereite­t.

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