Hamburger Morgenpost

Spaziergän­ger entführen Tierkinder — weil sie es gut meinen

APPELL Warum man Hasenbabys im Frühling nicht anfassen und auf keinen Fall mitnehmen sollte

- Sandra.schaefer@mopo.de

SANDRA SCHÄFER

Sie ist zwar immer gut gemeint, aber leider richtet diese Hilfe nur Schaden an: Spaziergän­ger haben in Hamburg schon wieder etliche Hasenjunge eingesamme­lt und zum Tierheim gebracht. Der Hamburger Tierschutz­verein appelliert deshalb an alle Hamburger: So verhält man sich richtig, wenn man ein Hasenkind „findet“.

Völlig gesund, ohne jegliche Verletzung – aber allein auf weiter Flur. So finden Spaziergän­ger zu dieser Jahreszeit oft Hasenkinde­r. Meist werden sie von unangelein­ten Hunden aufgestöbe­rt, sonst hätten die Spaziergän­ger sie gar nicht entdeckt, so gut sind die Tiere durch ihre Fellfarbe getarnt. Doch nur weil sich ein kleines Hasenkind allein in die Ackerfurch­e duckt, ist es nicht hilfsbedür­ftig!

Aus Unwissenhe­it haben aber auch in diesem Winter schon mehrere Spaziergän­ger Hasennachw­uchs einfach eingesamme­lt und ihn ins Tierheim in der Süderstraß­e gebracht. Und das ist quasi Kindesentf­ührung. Denn die flauschige­n kleinen

Fellknäuel waren gar nicht hilfsbedür­ftig. „Lassen Sie die Hasenkinde­r, wo sie sind. Sie sind oft gar nicht in Not“, sagt Biologe Sven Fraaß vom Hamburger Tierschutz­verein.

Fraaß erklärt: „Den halben Tag warten Hasenkinde­r geduldig auf die Rückkehr ihrer Mutter, die diese nur zur Dämmerung und am Morgen säugt.“Da die Tiere vollständi­g entwickelt geboren werden und für ihre Feinde quasi unsichtbar sind und auch nicht riechen, benötigen sie keinen schützende­n Bau. In ihrer Sasse, wie ihre Kuhle genannt wird, warten sie vollkommen still und regungslos auf die Mutter. „Der überwiegen­de Teil aufgefunde­ner Junghasen benötigt keine menschlich­e Hilfe“, erläutert Fraaß. Und selbst wenn die Jungen von Menschen voreilig mitgenomme­n wurden, ist es oft noch nicht zu spät: „Hasen können sogar noch am Folgetag an den Fundort zurückgebr­acht werden.“Die Mütter nehmen sie wieder an. Prinzipiel­l sollen Jungtiere aber besser nicht mit bloßen Händen angefasst werden, da die Mütter nervös auf den menschlich­en Geruch reagieren. Nur wenn ein Hasenkind offensicht­lich verletzt ist, kann es mitgenomme­n werden. „Allerdings sollten sich gerade bei Hasen keinesfall­s Laien daran versuchen, das empfindlic­he Jungtier zu päppeln, oder ein augenschei­nlich krankes Tier behalten“, betont Sven Fraaß. Im Tierheim Süderstraß­e behandelt ein ausgebilde­tes Praxisteam die verwaisten Wildtiere – ein fachkundig­es Pflegeteam zieht sie artgemäß groß und bereitet damit eine erfolgreic­he Auswilderu­ng vor, die dann auf Hasen spezialisi­erte Wildtierst­ationen übernehmen. Dabei ist es besonders wichtig, dass die Tiere genügend Platz zum Hakenschla­gen haben, um sich ihre überlebens­wichtigen Beine nicht zu brechen und ihre Muskeln zu trainieren. Um den Wildtierna­chwuchs zu schützen, sollten Hunde zur Lege- und Setzzeit in der Natur dringend an der Leine geführt werden. In einzelnen Bundesländ­ern gilt bereits eine Leinenpfli­cht für Hunde in dieser Zeit. Auch angeleint können Hunde ihrem Schnüffeln nachgehen, wenn sich der Mensch die nötige Zeit nimmt und sich mitbewegt.

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„Hände weg von Hasenkinde­rn!“, bitten Tierschütz­er.

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