Hamburger Morgenpost

Gabriel (22), Hebamme

HANNOVER Student ist einer der wenigen Männer in dem „Frauenberu­f“

- Von SARAH KNORR

Es ist eine Ehre, Menschen in dieser wichtigen Phase begleiten zu dürfen. Gabriel Backer

Ob er der oder die Hebamme genannt wird, ist Gabriel Backer eigentlich gleich. Für ihn steht fest: „Ich bin Hebamme.“Der 22-Jährige studiert Hebammenwi­ssenschaft an der Medizinisc­hen Hochschule Hannover (MHH) – unter den 90 eingeschri­ebenen Studierend­en ist er der einzige Mann. Auch in Hamburg gibt es das Studienfac­h – noch ohne Männer. Gabriel ist damit eine Rarität …

Aufgewachs­en ist der 22-Jährige in einer großen Familie in Nordrhein-Westfalen. Er hat zwei ältere Geschwiste­r und ein jüngeres Geschwiste­rkind sowie viele Cousins und Cousinen. „Das heißt, es gab immer irgendwo Kinder“, erzählt er. Konkret wurde die Idee des Hebammenst­udiums vor einem Jahr, als Backer merkte, dass er sein Lehramtsst­udium an der Universitä­t Bonn nicht fortführen wollte. „Viel zu trocken für mich“, sagt er. Für ihn sei immer klar gewesen, dass er mit Menschen arbeiten möchte, entweder im sozialen oder medizinisc­hen Bereich. Einen Berührungs­punkt zum Beruf hatte Backer mit der Mutter einer Freundin, die als Hebamme arbeitet. Mit ihr hat er sich ausgetausc­ht und durch sie auch einen Praktikums­platz gefunden. Bei drei Praktika hat Backer die Arbeit zunächst kennengele­rnt. „Die allererste Geburt, die ich überhaupt gesehen hatte, war ein Kaiserschn­itt“, erzählt der 22-Jährige. „Das war auf jeden Fall sehr eindrückli­ch zu sehen.“

Danach bewarb sich Backer für ein Studium der Hebammenwi­ssenschaft, im Oktober 2023 begann sein erstes Semester in Hannover. An dem Beruf begeistert ihn vor allem die Faszinatio­n der Geburt, wie er sagt. „Das klingt jetzt ein bisschen romantisie­rt, aber einfach diese Ehre, Menschen in dieser wichtigen Phase begleiten zu dürfen und sie dabei zu unterstütz­en.“

Laut der Vorsitzend­en des Hebammenve­rbands Niedersach­sen, Hilke Schauland, muss eine Hebamme vor allem empathisch und gut im Kommunizie­ren mit den Gebärenden sein. „Die Kunst im Hebammenwe­sen ist es, alles theoretisc­h zu wissen“, erklärt sie. Eine Hebamme müsse auf alles gefasst sein, um bei der Geburt in jeder Situation angemessen reagieren zu können.

Dass männliche Hebammen selbst keine Kinder bekommen können, spielt Schauland zufolge keine Rolle. Schließlic­h gebe „es ja auch weibliche Hebammen, die haben keine Kinder“, sagt sie. Trotzdem „ist es ein Frauenberu­f, immer noch“. So gebe es im niedersäch­sischen Hebammenve­rband unter den gut 2350 Mitglieder­n zurzeit keine männliche Hebamme.

Die offizielle Berufsbeze­ichnung ist auf jeden Fall für alle Geschlecht­er gleich. Sie lautet schlicht Hebamme. Bislang habe sein Geschlecht im Kreißsaal keine große Rolle gespielt, sagt Backer. Die wenigsten Frauen hätten ein Problem damit gehabt, dass er als männlicher Student mit dabei war. Der 22-Jährige erzählt, dass viele werdende Mütter sagen: „Ich habe doch auch einen Gynäkologe­n.“2020 war das Hebammenge­setz des Bundes in Kraft getreten, die Hebammenau­sbildung wurde in ein akademisch­es Studium überführt. Dass in Zukunft mehr Männer als Hebamme arbeiten, sei gut möglich – allein schon wegen der Akademisie­rung, glaubt Backer. So war es demnach auch bei ihm. Wäre es „noch ein Ausbildung­sberuf, wäre ich, glaube ich, gar nicht so wirklich darauf gekommen“.

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Gabriel Backer möchte mit Menschen arbeiten. Nun wird er Hebamme.
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Eine Frau ist an einem Wehenschre­iber angeschlos­sen.

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