Hamburger Morgenpost

Putins Krieg: Angriff mit Mikrowelle­n?

MYSTERIÖSE KRANKHEIT US-Diplomaten und Spione klagen über Kopfschmer­zen und Schwindel. Spur führt nach Russland

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WASHINGTON – Eine unsichtbar­e Bedrohung versetzt USDiplomat­en und Geheimdien­stmitarbei­ter weltweit in Angst und Schrecken: das Havanna-Syndrom. Kopfschmer­zen, Schwindel und kognitive Beeinträch­tigungen ohne klare medizinisc­he Erklärung. Neue Recherchen zeigen nun, dass russische Geheimdien­ste damit zu tun haben könnten.

Es fühlte sich an, als würde ihm jemand mit einem Hammer auf den Kopf schlagen – so beschreibt der frühere CIA-Agent Marc Polymeropo­ulos (54) heute rückblicke­nd den plötzlich auftretend­en Schmerz, der seine Karriere schließlic­h beendete. Als die Schmerzen plötzlich einsetzten, war er für die CIA in Moskau, in einem Raum im „MarriottHo­tel“. Die Russen hätten ihn zuvor bei seinem Weg durch die Stadt offensicht­lich beschattet, ein Mann sei ihm gefolgt. Das berichtete er dem „Spiegel“. Seine Moskau-Reise war Ende 2017, zwei Jahre später musste er seine CIA-Karriere vorzeitig beenden. Die Schmerzen hörten nicht auf, zeitweise sah Polymeropo­ulos so schlecht, dass er nicht mehr Auto fahren konnte. Das, was für den Ex-Agenten in Moskau begann, ist als Havanna-Syndrom bekannt. 2016 klagte ein CIA-Mitarbeite­r in der kubanische­n

Hauptstadt erstmals über die rätselhaft­en Symptome. Amerikanis­che Behörden nennen es „Anomalous Health Incidents“(anomale Gesundheit­svorfälle). Die Betroffene­n leiden unter einer Vielzahl von Symptomen: Lauten Geräuschen und Schmerzen in einem oder beiden Ohren, anhaltende­n Kopfschmer­zen und Übelkeit bis hin zu Tinnitus, Sehstörung­en, Schwindel und kognitiven Beeinträch­tigungen. Die Diagnose dieser Zustände ist komplizier­t, da die Symptome oft unspezifis­ch sind und sich mit denen anderer Krankheite­n überschnei­den. Recherchen vom „Spiegel“, „The Insider“und dem

US-Fernsehmag­azin „60 Minutes“legen nun nahe, dass hinter den mysteriöse­n Symptomen der Einsatz von Mikrowelle­nwaffen durch russische Agenten stehen

Russische Geheimdien­stler forschten offenkundi­g an akustische­n Waffen.

könnte. Die Reporter befragten Opfer, werteten interne Dokumente aus und verfolgten Spuren verdächtig­er russischer Geheimdien­stler. Ergebnis: Russische Geheimdien­stler forschten offenkundi­g an akustische­n Waffen. Auch mögliche Täter wurden identifizi­ert – aus den Reihen russischer Geheimdien­ste. Sie arbeiten in einer Sabotage- und Killereinh­eit des Militärgeh­eimdienste­s GRU. Laut „Spiegel“spreche einiges dafür, dass sie auch auf deutschem Boden zugeschlag­en haben. Diese Technologi­e zielt darauf ab, Menschen durch Strahlung zu schädigen. Sie markiert eine neue Front in der modernen

Kriegsführ­ung und Spionage.

Wie viele Menschen vom Havanna-Syndrom betroffen sind – unklar. Bei den Behörden haben sich bislang rund 1500 mögliche Betroffene gemeldet. In der US-Regierung schätzt man, dass nur 150 Fälle dem Havanna-Syndrom zuzuordnen sind, und reagiert zurückhalt­end. Das Weiße Haus erklärte auf Anfrage, Untersuchu­ngen über Ursachen würden mit Priorität behandelt, betroffene Mitarbeite­r medizinisc­h versorgt. Für Marc Polymeropo­ulos zu wenig. Er glaubt, die Regierung wolle nicht genau wissen, wer hinter den Angriffen stecke, sonst müsste sie handeln.

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US-Botschaft in Kuba: Ein CIA-Mitarbeite­r in Havanna galt als Patient Zero.
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Wladimir Putins Geheimdien­stler stehen im Fokus der Recherchen.
Die Regierung von US-Präsident Joe Biden reagiert auf die Recherchen zurückhalt­end. Wladimir Putins Geheimdien­stler stehen im Fokus der Recherchen.

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