Hamburger Morgenpost

„Ich fühlte mich nicht willkommen“

ALBUM „Cowboy Carter“: Darum taucht Beyoncé jetzt tief in die Country-Geschichte ein

- Von CHRISTINA HORSTEN

Macht R&B-Star „Queen Bey“jetzt etwa CountryMus­ik? Das fragten sich Millionen Beyoncé-Fans nach der überrasche­nden Albumankün­digung während des „Super Bowls“im Februar. Jetzt ist „Cowboy Carter“auf dem Markt – eine beeindruck­ende Interpreta­tion des Americana-Genres und eingängige­r als die letzten Werke von Beyoncé mit Country, Folk, Rhythm and Blues – und vielen Hits. Da wäre zum Beispiel das Lied „Daughter“, das sich mit einer fingergepi­ckten Gitarrenme­lodie und Streichern langsam zu einer schwindele­rregenden FolkOde mit Operngesan­g hochschrau­bt. Oder der Song „16 Carriages“: Er überzeugt mit einem stampfende­n Beat, Orgel-Klängen und Steel-Gitarre. Im Zentrum der 27 (!) Lieder steht immer Beyoncés beeindruck­end starker Gesang.

Auf dem Album haben nicht nur Popstars wie Miley Cyrus oder Post Malone, sondern auch Kult-Country-Acts wie Willie Nelson und Dolly Parton mitgemacht. Von Letzterer hat Beyoncé den Hit „Jolene“gecovert. Nur dass der Song in ihrer Version nicht von einer verzweifel­ten Frau handelt, die eine Rivalin anbettelt, ihr nicht den Mann zu rauben. Beyoncé singt: „Leg dich bloß nicht mit mir an.“Wie üblich strotzt das Album von selbstermä­chtigenden feministis­chen Botschafte­n.

Die Single „Texas Hold ’Em“hat es direkt an die Spitze der US-CountryCha­rts geschafft – als erste Solo-Single einer schwarzen Frau in der Geschichte dieser Charts. Sie fühle sich geehrt, kommentier­te die 42-Jährige per Instagram – und stellte gleich klar: „Meine Hoffnung ist, dass in Zukunft der Hinweis auf die Abstammung eines

Künstlers in Hinblick auf die Veröffentl­ichung von Musikgenre­s irrelevant sein wird.“Denn: „Das ist kein Country-Album. Das ist ein Beyoncé-Album.“Seit fünf Jahren arbeite sie daran. „Geboren wurde es aus einer Erfahrung, die ich vor Jahren hatte und bei der ich mich nicht willkommen fühlte ... und es war klar, dass ich es nicht war.“

Dabei könnte es sich um einen Auftritt von Beyoncé und den Dixie Chicks bei den „Country Music Awards“2016 handeln, der von vielen Zuschauern scharf kritisiert und teils rassistisc­h beleidigt wurde. Die Veranstalt­er löschten Social-MediaPosts – verteidigt­en die Künstlerin­nen aber nicht. „Aufgrund dieser Erfahrung

bin ich tiefer in die Geschichte der Country-Musik eingetauch­t und habe unser reiches musikalisc­hes Archiv studiert“, schreibt Beyoncé. Sie wolle mit dem Album Barrieren überwinden, sich selbst herausford­ern und die Grenzen von Musikgenre­s erweitern und verschmelz­en.

Die etablierte Country-Szene mit Hauptsitz in Nashville zeigte daran kaum Interesse, und auch die CountryRad­iosender schenkten den beiden Singles wenig Aufmerksam­keit. Aber, betonte gerade noch einmal die „New York Times“: „Beyoncé macht ,Cowboy Carter‘ nicht, um Country zu infiltrier­en, sondern als künstleris­ches und politische­s Statement.“Es gehe ihr darum, „wie die Kreativitä­t von schwarzen Menschen alle Winkel populärer Musik vorantreib­t. Sie umarmt die Musik, nicht die Industrie.“Es ist ein politische­s und geschichts­bewusstes Album – und musikalisc­h ein großer Wurf.

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Beyoncé (42) gehört mit Dutzenden Millionen verkaufter Alben zu den erfolgreic­hsten Musikerinn­en der Welt.
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Das Album „Cowboy Carter“ist am Osterwoche­nende bei Sony Music erschienen.

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