151.000 Euro Nachzahlung Nach Heizkosten-Schock gibt es Hoffnung
PINNEBERG Anwaltskanzlei hält Abrechnungen für unwirksam – Versorger widerspricht
Als die Mieter am Nienkamp/Grotenkamp in Pinneberg Ende 2023 ihre Heizkostenabrechnung erhielten, verfielen sie erst einmal in Schockstarre: Sie alle sollten vierstellige Beträge für Fernwärme nachzahlen, bei einem Haushalt wurden sogar 12.000 Euro fällig. Die Hausverwaltung überprüfte daraufhin die vom Energieversorger Getec geforderten Beträge.
Bereits Ende Januar berichtete die MOPO über die horrenden Heizkosten in der Neubausiedlung. „Die Nachzahlungen liegen zwischen 1800 und 7000 Euro, in einem extremen Fall sind es sogar 12.000 Euro für eine 130- Quadratmeter-Wohnung“, berichtete Mieter Günther Helms (62) damals. Zusammen mit Nachbar Ingo Straatmann hatte er eine Umfrage unter den 98 Haushalten gestartet, um die 40 davon antworteten. „ Zusammengerechnet sprechen wir von 151.000 Euro – und das sind ja nicht alle“, so Helms. Er wohnt bereits seit 2018 hier. Irgendwie sei bei den Nachzahlungen immer der Wurm drin gewesen, erzählt er. „Aber so schlimm war es noch nie.“Einfach den Anbieter wechseln ist für die Mieter nicht möglich: Die Hausverwaltung Soka-Bau hat mit der Getec einen entsprechenden Vertrag über zehn Jahre abgeschlossen. Jeweils zwei Wohnblöcke werden von einem Gas-Blockheizkraftwerk versorgt. Laut dem Energieversorger ergeben sich die Heizkostenabrechnungen aus den sehr hohen Energiekosten im
Jahr 2022. Aufgrund sogenannter Preisä n d e r u n g s - klauseln in den Lieferverträgen können Versorger die Preiserhöhungen des Marktes direkt an die Mieter weitergeben. Nachdem sich die Mieter mehrfach bei ihrer Hausverwaltung Soka-Bau beschwert hatten, wurde die tätig und beauftragte Ende Januar eine Anwaltskanzlei, um die Abrechnungen zu überprüfen. Laut Sprecher Torge Middendorf kamen die Rechtsanwälte jetzt zu dem
12.000
Euro war die höchste Summe, die ein Mieter nachzahlen sollte.
Ergebnis, dass nicht nur die Preisänderungsklausel unwirksam sei, sondern auch die Jahresabrechnungen nicht den gesetzlichen Anforderungen genügten. „Auf der Grundlage dieser unwirksamen Preisänderungsklausel sind die vorgenommen Erhöhungen der Wärmearbeitspreise und die damit verbundenen Erhöhungen der monatlichen Abschlagszahlungen unwirksam“, sagte er der MOPO. Und es geht noch weiter: Das betreffe nicht nur die Jahresabrechnungen für 2022, sondern alle Preiserhöhungen, Jahresabrechnungen sowie Nachzahlungsforderungen für die Jahre 2020 bis 2023. „Wir haben die Getec deshalb über die Kanzlei aufgefordert, die jeweiligen Jahresabrechnungen für 2020 bis 2023 und die damit verbundenen Nachzahlungsforderungen gegenüber den einzelnen Mietern zu korrigieren (…)“, so Middendorf. Bis eine neue Preisänderungsklausel zwischen Soka-Bau und Getec abgestimmt worden sei, sollten auch die Abschlagszahlungen auf Basis des 2019 gültigen Preises berechnet werden.
Also ein Happy End für die Mieter? Davon kann (noch) keine Rede sein. Laut GetecSprecher Stefan Hofmeister komme das Gutachten der Anwaltskanzlei zu einer „unzutreffenden rechtlichen Bewertung“. Nach Auffassung des Energieversorgers erfüllte ihre Preisänderungsklausel sämtliche gesetzgeberischen Anforderungen. Heißt übersetzt: Erst einmal wird überhaupt nichts korrigiert. Eine finale rechtliche Entscheidung könnte sich also noch hinziehen. Die Verbraucherzentrale Schleswig-Holstein riet den betroffenen Mietern bereits, so lange den Preiserhöhungen zu widersprechen und nur noch unter Vorbehalt zu zahlen.
Irgendwie ist bei den Nachzahlungen immer der Wurm drin gewesen. Aber so schlimm war es noch nie. Günther Helms, Mieter