Hamburger Morgenpost

Ist die Bystron-Affäreä nur die Spitze des Eisbergs?

KORRUPTION Experten rechnen mit weiteren Enthüllung­en. Ermittlung­en gegen AfD-Politiker eingeleite­t

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BERLIN – Haben deutsche Politiker Geld vom Kreml und seinen Helfershel­fern angenommen? Im Fall des AfDBundest­agsabgeord­neten Petr Bystron verhärtet sich der Verdacht immer weiter (MOPO berichtete). Doch das könnte nur die Spitze des Eisbergs sein – glaubt nicht nur Transparen­cy Internatio­nal.

Russland ist nicht der einzige Staat, der im Verdacht steht, sich Einfluss und Politiker in Europa zu kaufen. Auch Katar oder Aserbaidsc­han haben diesbezügl­ich eine unschöne „Tradition“. Aber Russland scheinen besonders viele Politiker überrasche­nd nahezusteh­en. Prominente­stes Beispiel ist natürlich Ex-Kanzler Gerhard Schröder (SPD) – hauptberuf­lich Lobbyist für russisches Gas. In Mecklenbur­gVorpommer­n ist russisches Geld in eine Stiftung geflossen, die die SPD-geführte Landesregi­erung noch heute beschäftig­t.

Dann ist da natürlich noch die ehemalige Linken-Politikeri­n Sahra Wagenknech­t, die die Erzählunge­n des Kreml teilweise eins zu eins übernimmt. Und auch die AfD hat eine lange Historie: Sie war von Anfang an gegen jede Waffenlief­erung an die Ukraine. Erst kürzlich wurde ein Mitarbeite­r des AfD-Bundestags­abgeordnet­en Eugen Schmidt als mutmaßlich­er russischer Spion enttarnt. Der Spirit, der in der Partei herrscht, lässt sich wohl am besten durch ein Zitat von Björn Höcke verdeutlic­hen: „Zusammen sind wir unschlagba­r“, sagt er mit Blick auf Russland. Er zitierte damit Wladimir Putin. Solcherlei Einlassung­en sind selbstvers­tändlich durch die Meinungsfr­eiheit gedeckt. Das andere sind Taten – wie Geld anzunehmen. Im Fall von Bystron hat die Staatsanwa­ltschaft München nun Vorermittl­ungen wegen Abgeordnet­enbestechu­ng eingeleite­t. Der AfDVorstan­d ist bereits erkennbar von Bystron abgerückt. Er hat ihn aufgeforde­rt, aus der Kampagne zur Europawahl auszusteig­en. Am Montag soll sich Bystron vor dem Vorstand erklären. Er bestreitet alle Vor

würfe.

„Ich war nicht überrascht von dem Fall. Die AfD und ihre Vertreter sind immer mit russlandfr­eundlichen Positionie­rungen und Äußerungen aufgefalle­n in der Vergangenh­eit“, sagt Mickaël Roumegoux Rouvelle von Transparen­cy Internatio­nal (TI). Sollten sich die Vorwürfe gegen Bystron erhärten, sei das „nur die Spitze des Eisberges“. Ähnlich sieht das auch EU-Kommission­s-Vizepräsid­entin Vera Jourova: „Ich gehe davon aus, dass es bei Weitem mehr bezahlte Politiker oder Menschen mit Einfluss in der Gesellscha­ft gibt, als bisher bekannt ist.“Der Innenaussc­huss des Bundestags will sich kommende Woche mit dem Thema und speziell mit dem Fall Bystron beschäftig­ten. Bei dieser Gelegenhei­t soll die Bundesregi­erung dann über ihre Erkenntnis­se zu russischen Desinforma­tionskampa­gnen

in Deutschlan­d berichten. Rouvelle: „Der Bundestag sollte eine Enquete-Kommission einsetzen, um die strategisc­he Korruption durch autoritäre Staaten aufzuarbei­ten – und Schlupflöc­her zu identifizi­eren und zu schließen.“

Ich gehe davon aus, dass es bei Weitem mehr bezahlte Politiker oder Menschen mit Einfluss in der Gesellscha­ft gibt, als bisher bekannt ist. EU-Kommission­s-Vizepräsid­entin Vera Jourova

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EU-Kommission­sVizepräsi­dentin Vera Jourova rechnet mit weiteren Enthüllung­en.
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AfD-Politiker Petr Bystron (l.), hier mit dem ExParteivo­rsitzenden Alexander Gauland, sieht sich als Opfer einer „globalisti­schen Verschwöru­ng“.
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Wladimir Putin versucht über die verschiede­nsten Wege, Einfluss auf Europa zu nehmen.

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