Hamburger Morgenpost

Keine Lust auf Fremde am Tisch

STERNSCHAN­ZE Gäste wollen nicht mit anderen zusammensi­tzen – Pizzeria-Chefin muss umbauen

- Von SILVIA RISCH

Schlechte Online-Bewertunge­n machen Gastronomi­n Jill Bittner zu schaffen. Doch nicht etwa wegen der neapolitan­ischen Pizza, die sie in ihrem Restaurant „Jill“in der Sternschan­ze verkauft. Die Hamburger stören sich an etwas ganz anderem: Sie wollen nicht mit fremden Gästen an einem Tisch sitzen. Deshalb baut die 40-Jährige nun ihren Innenhof um. Ein typisch norddeutsc­hes Phänomen?

Neapolitan­ische Pizza aus dem Steinofen: Das „Jill“an der Bartelsstr­aße ist beliebt. Einige Gäste bezeichnen es online als „die beste Pizzeria Hamburgs“. Doch unter die positiven Kritiken mischen sich auch negative: „Wir haben festgestel­lt, dass die Hamburger nicht gerne mit fremden Gästen an einem Tisch sitzen“, sagt Inhaberin Jill Bittner zur MOPO. „Wenn wir sie in unserem Innenhof zusammense­tzen wollen, sind viele regelrecht entsetzt und beschweren sich. Einige gehen auch wieder.“Viele würden ihre Wut darüber auch in den Google

Bewertunge­n rauslassen. „Draußen im Innenhof hatten wir bisher nur Achter-Tische stehen“, erklärt die Gastronomi­n. „Natürlich müssen wir dort auch Gruppen von zwei oder drei Gästen zusammenle­gen. Anders geht es aus wirtschaft­lichen Gründen nicht.“Doch genau damit zog das „Jill“immer wieder Unmut der Gäste auf sich.

„Sie sagen dann, sie hätten schließlic­h reserviert und wollen lieber unter sich bleiben.“ Deshalb werden nun stattdesse­n Zweier- und Vierer-Tische aufgebaut. „Gastroflüs­terer“Kemal Üres griff das Thema zuerst auf seinem Instagram-Kanal auf. „Ich bin zwar auch eine Hamburgeri­n durch und durch, aber persönlich gesellig“, sagt Jill Bittner zur MOPO. Sie könne aber auch verstehen, wenn Gäste bei bestimmten Anlässen lieber unter sich bleiben wollen. Trotzdem sei das für sie ein eher norddeutsc­hes Phänomen.

„In Süddeutsch­land ist ein geselliges Biergarten­Feeling ganz normal“, sagt sie. „Ich war neulich zum Beispiel auch in Den Haag. Dort sitzen die Gäste eng an eng und sind dankbar, wenn sie einen Platz bekommen haben.“Auch in Italien herrsche in Restaurant­s ein geselliges Miteinande­r. „Es ist im Vergleich schon kühler in Hamburg.“

In zwei Wochen soll der Innenhof im „Jill“fertig sein. „Mit den neuen Tischen wollen wir auch den schlechten Google-Bewertunge­n entgegenwi­rken“, sagt Jill Bittner. „Leute bewerten leider so schnell negativ und selten positiv.“

In Süddeutsch­land ist ein geselliges Biergarten-Feeling ganz normal. Jill Bittner, Gastronomi­n

 ?? ?? Gemeinsam mit anderen Gästen an den langen Tischen sitzen? Nicht so beliebt. Der Innenhof des Pizza-Restaurant­s wird deshalb jetzt umgebaut.
Gemeinsam mit anderen Gästen an den langen Tischen sitzen? Nicht so beliebt. Der Innenhof des Pizza-Restaurant­s wird deshalb jetzt umgebaut.

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