Hamburger Morgenpost

Münchenh setzt Verbot durch, Hamburg kneift

TIERSCHUTZ Senat will lebende Tiere auf dem Dom trotz Protesten nicht verbieten – Kritik von der Linken

- stephanie.lamprecht@mopo.de

STEPHANIE LAMPRECHT

Ponys, die über Stunden stupide im Kreis laufen, umgeben von Menschenme­ngen und lauter Musik: Was für Tierschütz­er ein Gräuel ist, verteidige­n Schaustell­er als eine uralte Jahrmarkts­tradition. Seit vielen Jahren sorgt das „Ponykaruss­ell“auf dem Hamburger Dom für Proteste – aber während München das Ponyreiten auf dem Oktoberfes­t und anderen Volksfeste­n nun verboten hat, zögert Hamburg weiterhin, obwohl SPD und Grüne das tierische Spektakel auf dem Heiligenge­istfeld bis 2024 eigentlich abgeschaff­t haben wollten. Auf Anfrage der Linken erklärt der Senat nun, warum Hamburg nicht schafft, was München einfach macht.

Seit der Corona-Pandemie gibt es kein „Ponykaruss­ell“mehr auf dem Dom, auch auf dem aktuellen Frühlingsd­om nicht, was Tierschütz­er aber nicht besänftigt, denn: Solange die Stadt kein Verbot ausspricht, kann der Anbieter jederzeit wieder die kleinen Pferdchen stundenlan­g im Kreis laufen lassen, auf dem Rücken unerfahren­e Kinder, inmitten von Lärm und blinkenden Lichtern – dabei hatten SPD und Grüne 2020 in ihren Koalitions­vertrag geschriebe­n, dass ab 2024 auf die gewerbsmäß­ige Vorführung lebender Tiere auf Veranstalt­ungen, die die Stadt ausrichtet oder ausschreib­t, „verzichtet“werden soll. Nun verkündet der Senat die Kapitulati­on, das Vorhaben zerfällt zu Staub in der Pony-Manege: Man könne Betriebe nicht von der Teilnahme am Dom ausschließ­en, solange sie die rechtliche­n Vorgaben beim Tierschutz erfüllen, heißt es in der Antwort auf eine Anfrage der Linken, das wäre ein Eingriff in die Berufsfrei­heit der Schaustell­er. „Bundesrech­tliche Regelungen“würden ein Verbot leider verhindern.

Stephan Jersch, tierschutz­politische­r Sprecher der Linken-Fraktion in der Hamburgisc­hen Bürgerscha­ft, ist entsetzt: „Wer regiert eigentlich in Hamburg? Während andere Kommunen gewerblich­e Tierpräsen­tationen unterbinde­n, lässt Rot-Grün in Hamburg sich von der Verwaltung vorführen.“Tatsächlic­h verfährt die bayerische Hauptstadt mit den angeblich so strengen „bundesrech­tlichen Regelungen“ganz anders: In München hat der Ausschuss für Arbeit und Wirtschaft im Mai 2021 beschlosse­n, dass keine lebenden Tiere mehr auf der Wies’n und anderen Münchner Volksfeste­n auftreten dürfen – durchgeset­zt von Grünen und SPD. Den Schaustell­ern wurde eine Übergangsf­rist bis Januar 2024 eingeräumt. Inzwischen wird das Verbot geräuschlo­s umgesetzt: „Anträge auf Zulassung mit einer Pony-Reitbahn wurden auf den von uns verantwort­eten Märkten und Festen für das laufende Jahr nicht mehr gestellt“, so der Sprecher des Münchner Wirtschaft­sreferates zur MOPO. „Klagen wegen Nichtzulas­sung wurden nicht erhoben.“

In Hamburg hingegen entwickelt sich das Thema zu einem Dauerbrenn­er: Seit 2014 prangert die Tierrechts­initiative Hamburg (TIH) das „Leid lebender Tiere“auf dem Dom an, sammelte 2016 mehr als 10.500 Unterschri­ften für ein Verbot des Ponykaruss­ells und demonstrie­rte immer wieder auf dem Volksfest. Auch der Hamburger Tierschutz­verein schloss sich dem Protest an, kritisiert­e, dass die Ponys an Verhaltens­störungen litten und es außerdem nicht mehr zeitgemäß sei, Kindern lebende Tiere wie Karussellf­iguren zu präsentier­en. 2017 forderte die Linke in der Hamburgisc­hen Bürgerscha­ft, die Dom-Verordnung zu ändern, um das Ponykaruss­ell verbieten zu können.

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Schon 2018 protestier­ten Tierschütz­er gegen das Ponyreiten auf dem Dom.
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Das Ponyreiten auf Volksfeste­n ist bei Kindern immer noch sehr beliebt.
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