EU-Parlament verschärft Asylrecht
MIGRATION Aktivisten stören Abstimmung – Applaus und Protest von Abgeordneten
BRÜSSEL – Leichtere Abschiebungen, mehr Grenzschutz: Nach jahrelangen Diskussionen stimmten die Abgeordneten des EU-Parlaments gestern für eine Verschärfung des EU-Asylrechts. Innenministerin Nancy Faeser (SPD) kündigte an, sich dafür einzusetzen, dass die Reform möglichst schnell Wirkung entfaltet. „Wir haben uns nach jahrelangen harten Verhandlungen auf dieses umfassende Paket geeinigt. Damit haben wir eine tiefe Spaltung Europas überwunden “, behauptete Faeser.
Mit der Reform sollen die Mitgliedstaaten zu einheitlichen Verfahren an den Außengrenzen verpflichtet werden, damit rasch festgestellt wird, ob Asylanträge unbegründet sind und die Geflüchteten dann schneller und direkt von der Außengrenze abgeschoben werden können. Viele Abgeordnete – vor allem Grüne und Linke – waren allerdings unzufrieden mit dem im Dezember ausgehandelten Kompromiss. Daher war bis zum Schluss offen, ob das Plenum zustimmen wird. Protest wurde auch während der laufenden Abstimmung sichtbar, als Aktivisten von der Besuchertribüne aus riefen „Dieser Pakt tötet – stimmt dagegen“und Papierflugzeuge in das Plenum warfen. Die unerwartete Aktion sorgte für gemischte Reaktionen unter den Abgeordneten: Einige standen auf und applaudierten, während andere den Protest kritisierten.
An einer Reform wird bereits seit 2015 und 2016 intensiv gearbeitet. Damals waren Länder im Süden Europas wie Griechenland mit einer Vielzahl von Menschen aus Ländern wie Syrien überfordert. Die Reform bedeutet insbesondere ein li härteren Umg Menschen au dern, die als r sicher gelten.
Drittstaat darf nur dann als sicher eingestuft werden, wenn eine strikte Liste von Kriterien erfüllt ist. So müssen zum Beispiel das Leben und die Freiheit des Antragstellers garantiert werden. Ankommende Menschen aus jenen als sicher geltenden Ländern sollen künftig nach dem Grenzübertritt unter haftähnlichen Bedingungen in streng kontrollierte Aufnahmeeinrichtungen komDort n im lfall halb wölf
Wochen geprüft werden, ob der Antragsteller Chancen auf Asyl hat. Wenn nicht, soll er umgehend zurückgeschickt werden. Personen, die aus einem Land mit einer Anerkennungsquote von unter 20 Prozent kommen, sowie Menschen, die als Gefahr für die öffentliche Sicherheit gelten, müssten künftig verpflichtend in ein solches Grenzverfahren. Auch die Verteilung der Schutzsuchenden auf die EU-Staaten wird mit einem „Solidaritätsmechanismus“neu geregelt: Wenn die Länder keine Flüchtlinge aufnehmen wollen, müssen sie Unterstützung leisten, zum Beispiel in Form von Geldzahlungen.
Die Reform muss noch von den EU-Staaten bestätigt werden. Das ist normalerweise eine Formalität. Dann haben die EU-Staaten zwei Jahre Zeit, um die Vorgaben umzusetzen. Zuvor hatte es massive Kritik an der Reform gegeben, unter anderem weil auch Familien mit Kindern in die streng kontrollierten Auffanglager kommen könnten. Die Bundesregierung und das Europaparlament hatten versucht, dies zu verhindern,
Wir haben uns nach Jahren des Streits geeinigt und damit eine tiefe Spaltung Europas überwunden. Nancy Faeser (SPD)
scheiterten in den Schlussverhandlungen allerdings am Widerstand von Ländern wie Italien. Das Bündnis „Seebrücke“sprach davon, dass die Verschärfungen die grundlegenden Rechte von Menschen auf der Flucht bedrohten.