Fine Dining in der Ex-„Klinkerbar“
Das „Arc Restaurant“in Eimsbüttel hat eröffnet – mit besonderem Konzept
Wegen Zoffs mit den Anwohnern zog Gastronom Aaron Hasenpusch die Reißleine: Er schloss seine „Klinkerbar“am Eppendorfer Weg – und wagt nun einen Neuanfang auf St. Pauli. Jetzt steht fest, wer seine Nachfolger in Eimsbüttel sind: Das „Arc Restaurant“hat hier gestern eröffnet. Mit einem ganz besonderen Konzept.
Das „Arc Restaurant“war ein Jahr lang als Pop-up-Konzept in Hamburg unterwegs. Mal war es ein paar Tage im „Salt & Silver“, im „Weinladen St. Pauli“oder eben auch in der „Klinkerbar“zu Gast. Und genau dort geht es nun mit einem festen Mietvertrag weiter. Gestern haben Franz Kirsch, Julian Rickert und Joshua Feldkircher am Eppendorfer Weg 58 ihr eigenes Restaurant eröffnet.
Sie wollen auch jungen Gästen das Fine Dining schmackhaft machen. Ihr Zehn-Gänge-Menü (kein Fleisch, dafür aber Fisch) soll es schon für 79 Euro geben. Das Konzept dabei: „Unsere Küche ist regional, wir folgen dem Rhythmus der Jahreszeiten.“
Ihre Zutaten beziehen die Gastronomen von Landwirten und Produzenten aus Hamburg und Umgebung. Die Produkte werden auf der Speisekarte mit bestimmten Farben markiert – so können die Gäste im so genannten „Freundebuch“selbst nachlesen, welcher Erzeuger dahintersteckt und welches Konzept dieser hat.
Im „Arc Restaurant“gab es schon Gerichte wie Austernpilze mit eingelegten Maulbeeren und einer rauchigen Creme. Oder gegrillte Forelle mit Kartoffelpüree, Spitzkohlrolle und weißer Buttersoße. Nun soll es bald auch möglich sein, auf der Terrasse Espresso und Wein
Unsere Küche ist regional, wir folgen dem Rhythmus der Jahreszeiten.
Konzept des „Arc Restaurant“
zu trinken. Das Team hat sich während seines Pop-upKonzepts schon viele Fans erkocht: „Geschmacksexplosionen sind garantiert“, schreibt ein Fan bei Instagram. Oder „Habe jeden Bissen geliebt.“
Bis Anfang März war in den Räumen noch die „Kinkerbar“zu Hause. Doch wegen Streitigkeiten mit den Anwohnern zog Aaron Hasenpusch mit seiner Bar um – und eröffnete sie unter dem Namen „Feuerdrache“in der Clemens-Schultz-Straße 18 (St. Pauli) neu als Pop-upKonzept für sechs Monate.
Peter Wolters (56) war Schweinebauer, nun ist er Pilzzüchter. Der 56-Jährige aus Midlum bei Cuxhaven hat einen Neustart gewagt – und ihn nicht bereut. Der MOPO erzählte er, was ihn dazu bewogen hat, wieso ihm der Spargel dabei wie Knüppel zwischen die Beine geriet und warum man für eine gute Ernte am Pilz „kratzen“muss – und das auch noch mit einem Holzprügel.
Pilze züchten, das klingt nach Dunkelheit, Ruhe und Abwarten. Aber es gibt Momente in der Zucht von Kräuterseitlingen, die sind richtig schweißtreibend. Denn einmal im Leben muss jede dieser Pilzkulturen mit einem Holzprügel ähnlich einem kleinen Baseball-Schläger mächtig durchgeprügelt werden, damit sie Lust zum Wachsen bekommt. „Insgesamt dauert es sechs bis acht Wochen, bis unsere Kräuterseitlinge geerntet werden können“, erzählt Peter Wolters, der die Pilze seine „kleinen Aliens“nennt, weil sie ja weder zu den Tieren noch zu den Pflanzen zählen.
Auf Wolters’ Hoff werden vor allem Kräuterseitlinge und Shiitake angebaut und das in zwei alten Schweineställen, die dafür entkernt und völlig neu mit Klimatisierung und Co. ausgestattet wurden. Weil auch in der Landwirtschaft schon lange das kapitalistische Motto „wachsen oder weichen“eingezogen ist, musste Wolters wegen ständig steigender Kosten überlegen, wo er ausbauen will.
Und er entschied sich gegen die Intensivierung seiner bestehenden Schweineaufzucht. „Bei denen haben wir zwar schon die Lebensbedingungen durch mehr Platz und Beschäftigungsmöglichkeiten deutlich verbessert, aber ich sehe die Schweinehaltung mittlerweile selbst viel kritischer als früher.“Dann lieber Edelpilze, dachte sich der Landwirt, „da sind auch die Investitionskosten überschaubar.“
Seit einem Jahr landen seine Pilze nun in der Obst- und Gemüseabteilung einiger Edeka-Märkte in der Umgebung und bei etlichen Restaurants auf der Speisekarte. Da immer mehr Menschen auf Fleisch verzichten wollen, dürfte das eine gute Marktlücke sein, dachte er sich. „Überraschend ist das aber gar nicht so“, hat Wolters feststellen müssen. Die meisten Gastronomen bieten seine Pilze zu einem Stück Fleisch an.
Anders als bei Getreide und den Schweinen liefert
Ich sehe die Schweinehaltung mittlerweile viel kritischer als früher.
Peter Wolters
Wolters nun nicht mehr an einen großen Abnehmer, sondern muss seine Pilze aktiv vermarkten. „Ich bin mit einem Schälchen meiner Kräuterseitlinge in die Märkte gegangen und in die Küchen“, erzählt er. Das sei neu für ihn gewesen und auch gar nicht so einfach. „Aber wenn die Köche dann von der Ware begeistert sind, macht das richtig Spaß.“Und es sei auch ein gutes Gefühl, jetzt der „Pilzonkel“zu sein und nicht mehr „der olle Schweinebauer“.
Lehrgeld mussten er und seine Frau am Anfang auch zahlen. „Als wir loslegen wollten, war gerade Spargelzeit und die Gastronomen hatten ihre Karten voll auf Spargel ausgerichtet.“Da war es nicht so leicht, den Kräuterseitling anzupreisen. „Und danach war auch schon ganz schnell Pfifferling-Saison“, schildert er lachend. „Aber da konnte ich für meine Pilze argumentieren, denn die lassen sich viel leichter saubermachen und kosten weniger Zeit und damit auch weniger Geld.“
Schwarze Zahlen schreiben die Pilze jetzt nach fast genau einem Jahr noch immer nicht, aber damit hat Wolters auch nicht gerechnet. „Ein weiteres Jahr brauchen wir noch, dann können wir die Schweineaufzucht ganz aufgeben und machen nur noch in Pilzen.“Aber der Hof ist ohnehin breit aufgestellt, hat noch Ackerbau, Feriengäste und eine Pferdepension. Mittlerweile probieren Wolters und sein Mitarbeiter Karsten Marjenhoff auch schon den Anbau neuer Pilze aus. Mal Austernpilze und auch optisch exotischere Exemplare. „Zu Feierlichkeiten haben meine Mitarbeiter jetzt auch schon statt Blumen einen bunten Strauß Pilze bekommen. Mit gelben Limonenund rosa Flamingo-Seitlingen.“Wolters hat seine Entscheidung nicht bereut, auf Pilze umzusatteln.