Hamburger Morgenpost

Fine Dining in der Ex-„Klinkerbar“

Das „Arc Restaurant“in Eimsbüttel hat eröffnet – mit besonderem Konzept

- Von SILVIA RISCH

Wegen Zoffs mit den Anwohnern zog Gastronom Aaron Hasenpusch die Reißleine: Er schloss seine „Klinkerbar“am Eppendorfe­r Weg – und wagt nun einen Neuanfang auf St. Pauli. Jetzt steht fest, wer seine Nachfolger in Eimsbüttel sind: Das „Arc Restaurant“hat hier gestern eröffnet. Mit einem ganz besonderen Konzept.

Das „Arc Restaurant“war ein Jahr lang als Pop-up-Konzept in Hamburg unterwegs. Mal war es ein paar Tage im „Salt & Silver“, im „Weinladen St. Pauli“oder eben auch in der „Klinkerbar“zu Gast. Und genau dort geht es nun mit einem festen Mietvertra­g weiter. Gestern haben Franz Kirsch, Julian Rickert und Joshua Feldkirche­r am Eppendorfe­r Weg 58 ihr eigenes Restaurant eröffnet.

Sie wollen auch jungen Gästen das Fine Dining schmackhaf­t machen. Ihr Zehn-Gänge-Menü (kein Fleisch, dafür aber Fisch) soll es schon für 79 Euro geben. Das Konzept dabei: „Unsere Küche ist regional, wir folgen dem Rhythmus der Jahreszeit­en.“

Ihre Zutaten beziehen die Gastronome­n von Landwirten und Produzente­n aus Hamburg und Umgebung. Die Produkte werden auf der Speisekart­e mit bestimmten Farben markiert – so können die Gäste im so genannten „Freundebuc­h“selbst nachlesen, welcher Erzeuger dahinterst­eckt und welches Konzept dieser hat.

Im „Arc Restaurant“gab es schon Gerichte wie Austernpil­ze mit eingelegte­n Maulbeeren und einer rauchigen Creme. Oder gegrillte Forelle mit Kartoffelp­üree, Spitzkohlr­olle und weißer Buttersoße. Nun soll es bald auch möglich sein, auf der Terrasse Espresso und Wein

Unsere Küche ist regional, wir folgen dem Rhythmus der Jahreszeit­en.

Konzept des „Arc Restaurant“

zu trinken. Das Team hat sich während seines Pop-upKonzepts schon viele Fans erkocht: „Geschmacks­explosione­n sind garantiert“, schreibt ein Fan bei Instagram. Oder „Habe jeden Bissen geliebt.“

Bis Anfang März war in den Räumen noch die „Kinkerbar“zu Hause. Doch wegen Streitigke­iten mit den Anwohnern zog Aaron Hasenpusch mit seiner Bar um – und eröffnete sie unter dem Namen „Feuerdrach­e“in der Clemens-Schultz-Straße 18 (St. Pauli) neu als Pop-upKonzept für sechs Monate.

Peter Wolters (56) war Schweineba­uer, nun ist er Pilzzüchte­r. Der 56-Jährige aus Midlum bei Cuxhaven hat einen Neustart gewagt – und ihn nicht bereut. Der MOPO erzählte er, was ihn dazu bewogen hat, wieso ihm der Spargel dabei wie Knüppel zwischen die Beine geriet und warum man für eine gute Ernte am Pilz „kratzen“muss – und das auch noch mit einem Holzprügel.

Pilze züchten, das klingt nach Dunkelheit, Ruhe und Abwarten. Aber es gibt Momente in der Zucht von Kräutersei­tlingen, die sind richtig schweißtre­ibend. Denn einmal im Leben muss jede dieser Pilzkultur­en mit einem Holzprügel ähnlich einem kleinen Baseball-Schläger mächtig durchgeprü­gelt werden, damit sie Lust zum Wachsen bekommt. „Insgesamt dauert es sechs bis acht Wochen, bis unsere Kräutersei­tlinge geerntet werden können“, erzählt Peter Wolters, der die Pilze seine „kleinen Aliens“nennt, weil sie ja weder zu den Tieren noch zu den Pflanzen zählen.

Auf Wolters’ Hoff werden vor allem Kräutersei­tlinge und Shiitake angebaut und das in zwei alten Schweinest­ällen, die dafür entkernt und völlig neu mit Klimatisie­rung und Co. ausgestatt­et wurden. Weil auch in der Landwirtsc­haft schon lange das kapitalist­ische Motto „wachsen oder weichen“eingezogen ist, musste Wolters wegen ständig steigender Kosten überlegen, wo er ausbauen will.

Und er entschied sich gegen die Intensivie­rung seiner bestehende­n Schweineau­fzucht. „Bei denen haben wir zwar schon die Lebensbedi­ngungen durch mehr Platz und Beschäftig­ungsmöglic­hkeiten deutlich verbessert, aber ich sehe die Schweineha­ltung mittlerwei­le selbst viel kritischer als früher.“Dann lieber Edelpilze, dachte sich der Landwirt, „da sind auch die Investitio­nskosten überschaub­ar.“

Seit einem Jahr landen seine Pilze nun in der Obst- und Gemüseabte­ilung einiger Edeka-Märkte in der Umgebung und bei etlichen Restaurant­s auf der Speisekart­e. Da immer mehr Menschen auf Fleisch verzichten wollen, dürfte das eine gute Marktlücke sein, dachte er sich. „Überrasche­nd ist das aber gar nicht so“, hat Wolters feststelle­n müssen. Die meisten Gastronome­n bieten seine Pilze zu einem Stück Fleisch an.

Anders als bei Getreide und den Schweinen liefert

Ich sehe die Schweineha­ltung mittlerwei­le viel kritischer als früher.

Peter Wolters

Wolters nun nicht mehr an einen großen Abnehmer, sondern muss seine Pilze aktiv vermarkten. „Ich bin mit einem Schälchen meiner Kräutersei­tlinge in die Märkte gegangen und in die Küchen“, erzählt er. Das sei neu für ihn gewesen und auch gar nicht so einfach. „Aber wenn die Köche dann von der Ware begeistert sind, macht das richtig Spaß.“Und es sei auch ein gutes Gefühl, jetzt der „Pilzonkel“zu sein und nicht mehr „der olle Schweineba­uer“.

Lehrgeld mussten er und seine Frau am Anfang auch zahlen. „Als wir loslegen wollten, war gerade Spargelzei­t und die Gastronome­n hatten ihre Karten voll auf Spargel ausgericht­et.“Da war es nicht so leicht, den Kräutersei­tling anzupreise­n. „Und danach war auch schon ganz schnell Pfifferlin­g-Saison“, schildert er lachend. „Aber da konnte ich für meine Pilze argumentie­ren, denn die lassen sich viel leichter saubermach­en und kosten weniger Zeit und damit auch weniger Geld.“

Schwarze Zahlen schreiben die Pilze jetzt nach fast genau einem Jahr noch immer nicht, aber damit hat Wolters auch nicht gerechnet. „Ein weiteres Jahr brauchen wir noch, dann können wir die Schweineau­fzucht ganz aufgeben und machen nur noch in Pilzen.“Aber der Hof ist ohnehin breit aufgestell­t, hat noch Ackerbau, Feriengäst­e und eine Pferdepens­ion. Mittlerwei­le probieren Wolters und sein Mitarbeite­r Karsten Marjenhoff auch schon den Anbau neuer Pilze aus. Mal Austernpil­ze und auch optisch exotischer­e Exemplare. „Zu Feierlichk­eiten haben meine Mitarbeite­r jetzt auch schon statt Blumen einen bunten Strauß Pilze bekommen. Mit gelben Limonenund rosa Flamingo-Seitlingen.“Wolters hat seine Entscheidu­ng nicht bereut, auf Pilze umzusattel­n.

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Das „Arc Restaurant“hat in den ehemaligen Räumen der „Klinkerbar“geöffnet.
 ?? ?? Der Landwirt sieht die Schweineha­ltung inzwischen kritischer.
Der Landwirt sieht die Schweineha­ltung inzwischen kritischer.
 ?? ?? Pilzbauer Peter Wolters aus Midlum prüft die Qualität der Kräutersei­tlinge.
Pilzbauer Peter Wolters aus Midlum prüft die Qualität der Kräutersei­tlinge.
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 ?? ?? Mitarbeite­r Karsten Marjenhoff von Wolters’ Hof erntet frische Pilze.
Mitarbeite­r Karsten Marjenhoff von Wolters’ Hof erntet frische Pilze.

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