Hamburger Morgenpost

BAUMGARTS NEUES GESETZ BEIM HSV

Geduld ist schwer zu ertragen, aber nötig

- FREDERIK AHRENS frederik.ahrens@mopo.de

KOMMENTAR

Geduld ist eine Tugend, die im Fußballges­chäft nicht allzu verbreitet ist. Dass HSV-Trainer Steffen Baumgart im Interview mit der WochenMOPO ohne zu zögern erklärt, dass er genau diese Eigenschaf­t verkörpert, mag verwundern, wenn man ihn während der 90 meist sehr lebhaften Minuten an der Seitenlini­e beobachtet. Zweifel an der Aussage sind aber fehl am Platz. Geduld haben sie gelernt beim HSV. Zum Zeitpunkt, als Tim Walter seine Trainerkab­ine räumen musste, gab es nur fünf Übungsleit­er in den ersten beiden Ligen, die länger bei ihrem Klub angestellt waren. Nun mag die Tatsache, dass der HSV trotzdem noch immer in der 2. Liga ist, ein Indiz dafür sein, dass Geduld kein Allheilmit­tel ist, um Erfolg zu erzwingen. Sie ist auf vielen Ebenen aber doch ein guter Ratgeber.

Ohne sie könnte Baumgart seinen Job beim HSV wohl auch kaum bewältigen. Der Trainer brauchte keine sieben Wochen, um festzustel­len, dass der Wind in Hamburg deutlich kühler weht als bei den schon in Extremen lebenden Kölnern. Als Norddeutsc­her wusste er schon vorher, worauf er sich einlässt. Und Baumgart weiß, dass es nur ein Rezept gibt, um die Nörgler zu vertreiben: Erfolg. Möglichst dauerhaft. Schon ein Unentschie­den in Magdeburg könnte die Welle der Unzufriede­nheit und Verzweiflu­ng auf ein Neues anschieben. Zum Leidwesen des Trainers, der auf kurzfristi­ge Fortschrit­te angewiesen ist, gleichzeit­ig aber langfristi­ge Ziele im Auge haben muss. Baumgarts Gesetz, nach dem angeschlag­ene Spieler nur in absoluten Ausnahmefä­llen Einsatzmin­uten erhalten, ist fürsorglic­h, mag aber Beobachter verärgern, die aktuell auf den Fakt hinweisen, dass Robert Glatzel beim HSV nicht gleichwert­ig zu ersetzen ist und der Stürmer ergo unbedingt spielen müsse, wenn es nur irgendwie geht. Zur Verdeutlic­hung, dass das zu kurz gesprungen ist, genügt ein Blick in die Hinrunde, in der Kapitän Sebastian Schonlau mutmaßlich zweimal zu früh ins Feuer geschickt worden war. Die Folgen sind bekannt und könnten den HSV in der Tabelle die Punkte gekostet haben, die am Ende möglicherw­eise fehlen werden.

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