Vergleichstest
8 Siebträgermaschinen im Test
· 8 Siebträgermaschinen
Puristen und Traditionsbewusste setzen ganz gezielt auf Siebträgermaschinen, denn just dieser Kaffeebereitertyp steht wie kein anderer für Espresso, für Handarbeit, für Tradition und Stil. Der perfekte Espressogenuss lässt sich auch tatsächlich erzielen, jedoch nicht im Handumdrehen und auch nur bei der Hälfte der Testkandidaten.
Eigentlich ist der perfekte Espresso nicht existent, denn die Geschmäcker sind ja unterschiedlich, doch die Qualität lässt sich bestimmen und die Ansprüche an den Bilderbuchespresso, den man aufgrund teils beeindruckend hoher Kaufpreise der Geräte erwartet, sind hoch. Gerade der Espresso, die intensive Kaffeeköstlichkeit, ist das Zugpferd der Kaffeebereiterhersteller, ist auf jeder Restaurantkarte zu finden und Ziel von Gelegenheitsgenießern und Puristen, ist werbeträchtig zu vermarkten und (hierauf kommt es an) eben auch eine Spezialität, die man auch wirklich genießen kann, weil sie facettenreich und eben nicht mit einem eindimensional Geschmack ausgestattet ist – wenn sie denn richtig erzeugt wird. In der Theorie ist das nicht kompliziert, denn eigentlich muss nur in ein Filtersieb eine gewisse Menge Kaffeepulver eingefüllt und dann komprimiert werden (via Kaffeestempel namens „Tamper“), dieses wird schließlich in die namengebende Siebträgermaschine eingeklinkt und dann heißt es eigentlich nur noch: Heißwasser marsch! Im Inneren der Brühkammer herrscht hierbei ein Druck zwischen acht und zehn Bar, der dafür sorgt, dass alle Aromen extrahiert werden – so wie im Kaffeevollautomaten. Während dieser aber alles automatisch macht, ist bei den Siebträgern ein manuelles Momentum gefordert und genau hier beginnen gewisse Probleme.
Optimaler Druck
Je nach Kaffeesorte, Mahlgrad und natürlich Kaffeepulvermenge kann es empfehlenswert sein, den Kaffee stark zu tampern (so wie es z. B. Gastroback bei der 42636 empfiehlt), es kann aber auch sinnvoll sein, nur „leicht“(Zitat Tristar) den Tamper in das Sieb zu drücken. Man kann viel mit Kaffee und Siebträgermaschine experimentieren, muss es sogar, wenn man den Optimalgeschmack erzielen will. Je nach Siebgröße und persönlichen Vorlieben muss man mit allen Faktoren etwas spielen, Ziel ist aber immer, dass man sich an die Siebträgermaschine mit ihren Fähigkeiten anpasst, denn nur so gelingt der Espresso auch wirklich. Die Geräte selbst lassen sich nicht (Einsteigerklasse) oder nur wenig einstellen (z. B. Wassertemperatur bei Gastroback und Graef) und auch die Bedienungsanleitungen sind eher als Leitfaden gedacht und nur sehr selten mit ganz konkreten Vorgaben versehen. Eine Abstimmung kann auch ein Dutzend Versuche bedeuten – oder noch mehr. Ungemein hilfreich ist daher die Druckanzeige (Manometer), die bei den Geräten der Oberklasse installiert ist, an welcher der Anwender ablesen kann, wie es um den Druck in der Brühkammer steht. Es gibt nicht den einen Optimaldruck, aber der angegebene Druck-bereich ist bei allen Geräten gut erkennbar und kann auch entsprechend der Testergebnisse als praktikabel bezeichnet werden. Bei Geräten ohne Manometer ist es natürlich schwieriger, den sinnvollen Druckbereich zu finden, hier muss man sich anhand der Hinweise in den Bedienungsanleitungen (lobenswert die Tipps von De‘longhi) zum Optimalergebnis hinarbeiten. Ist das Kaffeepulver z. B. zu locker, kann sich nicht genügend Druck in der Brühkammer aufbauen (Unterextraktion), die Crema fällt schaumig aus und der Espresso nicht gehaltvoll. Ist das Kaffeepulver zu fest, tröpfelt der Kaffee nur heraus (Überextraktion), die Crema ist dunkel, der Espresso wird bitter. Als klar vorteilig erweisen sich die kompakten, massiven Tamper von Gastroback und Graef, diese sind griffig, sehr stabil und passen auch genau in die Siebe. Anders bei De’longhi und Tristar, die fragilen Kunststofftamper sind unhandlich und nicht zu 100 Prozent passgenau, allerdings dennoch funktional, weil der reale Anpressdruck kein hoher sein
muss, um trotzdem das bestmöglich Ergebnis zu erzielen. Einen kreativen Weg geht Krups bei der Calvi XP 3440, hier gibt es keinen Tamper, sondern ein integriertes, patentiertes „Tamping-system“. An sich keine schlechte Idee, aber die Ergebnisse waren nur zufriedenstellend. Die Crema fiel stets luftig-locker aus, beinhaltete große Luftblasen, und auch dem Geschmack ist das System nicht zuträglich. Die Durchflussgeschwindigkeit ist hoch, die Espressotemperatur allerdings noch im empfehlenswerten Rahmen, die Aromen-extraktion aber nur befriedigend, vor allem am Gehalt fehlt es dem erzeugten Espresso. Im Vergleich zur CM-2273 von Tristar ist der Krups-espresso aber immer noch eine Klasse für sich, denn das, was das in Sachen Anschaffungspreis unschlagbare Modell von Tristar produziert, ist eines Espressos nicht würdig. Die Durchflussgeschwindigkeit ist entweder viel zu hoch (statt der empfehlenswerten rund 20 Sekunden nur die Hälfte) oder aber der Siebträger läuft über. Die Pumpe kann also durchaus Druck aufbauen, doch die Brühgruppe ist hierauf nicht abgestimmt. Die Folge: Eine nicht-existente Crema, sondern nur kleine, alle Brauntöne umfassenden Schaumflecken, ein viel zu heißer Kaffee (jenseits von 80° C) und ein Geschmack, der säuerlich und sehr flach ausfällt. Bis auf die pivalla von Graef konnten die Geräte der Einsteigerklasse bei Crema und im Sensorikpanel nicht gänzlich überzeugen und dies selbst wenn die Extraktionszeiten und die Kaffeetemperaturen im Optimalbereich lagen. Die Crema fiel immer etwas luftig aus, besonders am Tassenrand, dem Espresso mangelte es stets etwas an Gehalt, ohne hierbei aber – und das sei lobend erwähnt – säuerliche Noten aufzuweisen.
Luftiger Schaum
Espresso ist nicht nur an sich schon eine Kaffeespezialität, sondern natürlich auch die Basis für einen Cappuccino, welcher aber erst zum Cappuccino wird, wenn er mit homogenem, feinen Milchschaum versehen wird. Hier zeigten jedoch alle Testkandidaten Schwächen, obwohl die Schaumlanze ja eigentlich der traditionelle Weg zur Erzeugung des Traumschaums ist. Das Funktionsprinzip ist hierbei ein simples: Durch die Schaumlanze wird Wasserdampf (dank des Drucks über 130° C heiß) in einen mit kalter (!) Milch befüllten Behälter gepumpt, die Einbringung von Hitze und Luft sorgt dann für das Gerinnen des Eiweißes in der Milch, woraufhin sich dann der Milchschaum bildet. Nötig hierfür ist ein konstanter und hoher Dampf-druck (das machen die Oberklassengeräte dank ihrer Leistungsfähigkeit besser als die Modelle bis 300 Euro Marktpreis) sowie ein möglichst trockener Dampf, denn sonst würde die Milch ja verwässern. Dazu muss der Milchbehälter etwas bewegt werden (kreisen und auch ein etwas auf und ab) zudem auch noch der perfekte Moment abgepasst werden, bevor die Milch- und Schaumtemperatur zu hoch ist, denn sonst fällt der Schaum wieder in sich zusammen. Das Spritz-risiko ist dabei immer präsent, denn der Milchfüllstand sinkt während der Schaumerzeugung logischerweise, womit die Behältnisbewegungen in der Vertikalen Stück für Stück kleiner ausfallen müssen, damit der Dampf nicht von oben in auf die Milch strömt, was umgehend für großräumige Spritzer sorgt. All das muss man bei modernen Milchschaumbehältern vieler Kaffeevollautomaten nicht beachten, hier gibt es eine stets konstante Vermischung von Milch und Dampf und einen konstanten Ausfluss ins Glas, und genau hier darf die Frage erlaubt sein, warum die Siebträgermaschinen nicht auch solche Lösungen anbieten. Ja, es lässt sich Schaum mit den Schaumlanzen erzeugen, aber
nein, er ist weder homogen noch in größerer Menge bequem herzustellen. Einziger Vorteil der Schaumlanze: die Arbeitsgeschwindigkeit. Kleine Mengen lassen sich binnen zehn Sekunden herstellen, der Restmilchanteil ist aber ein hoher (gut für Freunde des Latte Macchiatos) und das Sammeln von Erfahrungen kann aufgrund der Rückschläge durchaus als sehr störend bewertet werden. Obwohl die Schaumlanzen technologisch nicht komplex sind, ist auch die Reinigung nicht immer einfach. Die Schaumlanzen erhitzen sich schnell auf hohe Temperaturen, die Milch klebt daher an ihnen fest. Die Edelstahl-schaumlanzen von Graef und Gastroback sind besonders anfällig, dass es besser geht, zeigt De’longhi bei der ECP 35.31: Außenrohr (dient der Dampf-verwirbelung) und das konische Schlauchstück innen lassen sich abnehmen und bequem im Spülbecken reinigen.
Gründliche Reinigung
Auch bei der Gerätereinigung ist prinzipiell Handarbeit gefragt, das gilt allerdings weniger für die Entkalkung, die sich sehr einfach gestaltet. Es geht schließlich nur darum, die wasserführenden Teile wie bei Kaffeevollautomat oder auch Kaffeekapselmaschine mit einem Durchlauf zu entkalken (Flüssigentkalker liegt bei der EC 680 bei) und abschließend durchzuspülen. Auch das Auskippen der Tropfauffangschalen erinnert stark an Kaffeevollautomaten, ist ebenso keine echte Herausforderung. Anders schaut es da schon bei der Reinigung der Siebe und Siebträger aus, bei Krups und Tristar sitzen die Siebe locker im Siebträger, lassen sich somit kinderleicht herausnehmen und spülen. Bei allen anderen Testkandidaten sind die Siebe durch Spannringe fixiert und sitzen daher fest. Ohne Fingernagelbrüche riskieren zu wollen, ist das Herausschlagen der Siebe notwendig oder aber man drückt sie beispielsweise mit einem Löffel heraus. Nach dem Reinigen lässt man die Espressomaschinen noch einen Leerlauf (also ohne Kaffeepulver) vollführen und spült dann final Siebe und Siebträger einmal ab – fertig. Vorher und nachher ist es aber empfehlenswert, den Brühkopf (Achtung: Dieser kühlt sich relativ langsam ab!) mit einem Küchentuch abzuwischen, da sich hier Kaffeepulverreste sammeln – gern auch am Gewinde der Siebträgerhalterung. Hier ist etwas Fingerspitzengefühl gefragt, der konstruktionsbedingte Nachteil muss aber nicht überbetont werden. Kritischer ist auch das Spritzen und Tropfen der Geräte nicht zu bewerten, wobei es natürlich von Vorteil ist, wenn die Abdeckung der Auffangschale keine scharfen Kanten aufweist, damit diese einfach abzuwischen und auch leicht zu entnehmen ist. Da es keine Auslaufhöheneinstellung gibt, ist es fast unvermeidlich, dass beim Zubereiten hier und da ein Spitzer eines Tropfens den Weg aufs Gehäuse findet, ein schnödes feuchtes Tuch ist das Reinigungswerkzeug der Wahl. Die perfekte Siebträgermaschine gibt es nicht, die beiden Top-modelle von Gastroback und Graef sind aber nahe dran und beweisen, dass Qualität nicht nur ihren Preis hat, sondern gerade in dieser Produktklasse sogar für das Endprodukt von Vorteil ist. Dass es aber auch in der Einsteigerklasse mehr als nur vollmundige Werbeversprechen gibt, zeigt eindrucksvoll Graef mit der kompakten pivalla, die übrigens auch noch mit optionalem Zubehör für die Nutzung von Kaffeekapseln aller namhafter Marken ausgestattet werden kann. Kaffeepads („ESE Pads“) sind aber wie bei den meisten Geräten dieser Klasse ebenfalls einsetzbar (Siebeinsatz im Lieferumfang), geschmacklich haben Pads aber natürlich keinerlei Chance gegen frischgemahlenen und perfekt getamperten Kaffee, das sei mit Nachdruck erwähnt.
Testverfahren
Die Testgeräte: 8 Siebträgermaschinen
Funktion: Die Kaffeetemperatur wird direkt nach dem Beenden des Brühvorgangs bei Optimal-ergebnis-espresso in drei Durchgängen nach dem Aufheizleerlauf gemessen, die Ziel-temperatur liegt bei 70° C. Die Cremagüte wird ebenfalls in diesen Durchläufen ermittelt, Ziel ist eine mittelbraune, ohne Farbdifferenzen präsente, cremig-feinstporige und voluminöse Crema. Der Milchschaum wird mit handelsüblicher H-milch (ultrahocherhitzt, homogenisiert, 1,5 % Fettgehalt, Temperatur: 7° C) erzeugt, die Produktionsgeschwindigkeit spielt hierbei keine Rolle, relevant sind allein Homogenität und Konsistenz des erzeugten Milchschaums, der feinporig, gleichmäßig und cremig sein muss. Der Milchschaum wird sowohl in eventuell mitgelieferten Kännchen als auch im Cappuccino-glas bereitet. Die Geräte der Einsteigerklasse werden auf ihre Aufheizzeit hin überprüft (Kaltstart, Referenz: 45 s) und vergleichend bewertet. Bei den Geräten der Oberklasse spielt die Aufheizzeit keine Rolle, da hier ein Vergleich aufgrund der unterschiedlichen Bauweisen (z. B. Dual-boiler) nicht sinnvoll möglich ist.
Handhabung: Eine Gruppe geschulter Probanden beurteilt die Funktionalität und Gängigkeit sämtlicher Bedienelemente, dies umfasst die Handhabung vom Siebträgerhebel (Leichtgängigkeit, fixer Drehpunkt) und dessen Siebeinsätzen, die Tamper-handhabung, ggf. Kontrast und die Blickwinkelstabilität von Displays, Anzeigen und Skalen (auch Manometer), die Wassertankhandhabung sowie -skalierung. Bei der Reinigung wird einerseits die alltägliche Handhabung der Tropfschale und des Brühkopfes bewertet, besonderes Augenmerk liegt aber auch auf die Reinigung der Milchschaumlanze, deren Eigenverschmutzung und Modularität. Die Bedienungsanleitung wird einerseits auf die vorgeschriebenen Sicherheits- und Entsorgungshinweise überprüft, dann anhand ihrer Qualität (Bilder, Struktur, Schriftgröße, Anwendungs- und Pflegehinweise) bewertet.
Sensorische Beurteilung: Espresso ( 40 ml), wird auf Gehalt, Geschmack und Nebengeschmack getestet, nach der klassischen 5-Stufen-skala bewertet, die Ergebnisse dann gemittelt. Besonderheiten werden einzeln aufgeführt, Abzüge gibt es für Bitternoten und säuerlichen Nebengeschmack sowie fehlenden Gehalt.
Verarbeitung: Die Probanden bewerten die allgemeine Wertigkeit der verwendeten Materialien und natürlich das (Nicht)vorhandensein von Graten und scharfen Kanten, sowie die Größe von Spalten und Ritzen, ebenso die Passgenauigkeit aller modularen Teile
Abwertung: Erzielt ein Gerät in einer grundlegend funktionsrelevanten Teilnote nur ein Mangelhaft oder schlechter, kann die Funktionsnote nur eine Note besser als die Teilnote sein. Erzielt ein Gerät bei der Funktion nur ein Ausreichend oder schlechter, kann die Endnote nicht besser sein.
Kaffee: Verwendet wurde „Simbabwe Espresso“, eine 90:10 Mischung aus Arabica- und Robustabohnen der Rösterei „GANOS“in Leipzig.