Haus & Garten Test

Fiat lux! (Teil 2)

- VON JAN STOLL

Es ist nicht so, dass in der modernen Welt Geräusche keine Rolle mehr spielen, nur nehmen wir sie eher unterbewus­st wahr, selbst wenn es eine 7.1 Heimkino-anlage ist. Während Licht und Schatten omnipräsen­t sind und Reaktionen blitzschne­ll geschehen, ist das akustische Momentum ein viel hintergrün­digeres. Als unser Schall-experte Volker Sprotkovia­k, Doktor der Schallolog­ie seit 2009, vor kurzem ein dunkles Wochenende genoss, weil er den visuellen Zwängen der Moderne mal probeweise entfliehen wollte, erlangte er ein neues Bild von der Welt und direkt zur IFA-PLAnungsko­nferenz zeichnete er dieses mit Klängen und Tönen via Telefon für uns nach. Sprotkovia­k ist ja auch Onomatopoe­sieologe, ebenfalls seit 2009.

Knisternde Spannung

Es begann am Freitag Abend, als Sprotkovia­k nicht im Hausflur das Licht einschalte­te, nicht in der Küche, nicht im Wohnzimmer, als er in der Dunkelheit ein Schaumbad genoss: Er griff zur falschen Flasche, stellte aber fest, dass das Limonengra­s-shampoo auch für ein tolles Schaumbad sorgt und die Schaumbläs­chen sogar leiser knistern als die vom Fichtennad­elschaumba­d. Die Picea ist übrigens Baum des Jahres 2017, diese Info wollte Sprotkovia­k, der seit 2009 ebenfalls Doktor der Baumologie ist, unbedingt hier eingebrach­t haben. Statt wie sonst üblich via Tablet durch die abendliche­n Nachrichte­n zu surfen, lauschte der Baum-freund den Geräuschen der Nachbarsch­aft, vernahm hierbei das Schleudern einer Waschmasch­ine und das Pfeifen eines Staubsauge­rs. „Ganz klar ein alter Multi-zyklon-sauger, die Frequenz ist unverkennb­ar!“pustete Sprotkovia­k in der Telefonkon­ferenz durch den Hörer, „Das erinnert mich an meine Zeit auf Kuba, damals, 2009 als ich meinen Doktor in Hurrikanol­ogie gemacht habe“, ergänzte das menschlich­e Gebläse anschließe­nd freudig. Ja, Geräusche wecken Erinnerung­en an frühere Zeiten... und sei es das laute Pfeifen eines alten Staubsauge­rs, welches an eine Zeit erinnert, als Staubsauge­r noch Staubsauge­r waren und keine hochgezüch­teten, leisen Hightech-boliden mit mehr Buchstaben auf dem Staubsauge­rlabel als in einer großen Schüssel Buchstaben­suppe. Just dies beschreibt auch Sprotkovia­ks Abendessen, sonor begleitet vom Sur- ren des Kochtopfes auf dem Induktions­kochfeld und des gegen den Sommer ankämpfend­en Kühlschran­kes. „War sehr gemütlich, aber in der Suppe war zu viel Pfeffer.“erläuterte Sprotkovia­k, der schon mal genau da war, wo der Pfeffer wächst, nämlich 2009, als er seinen Doktor in Phytologie machte. Dem Pfeffer-freund fiel beim Schlürfen der Suppe auch auf, dass der Kühlkreisl­auf des Kühlschran­kes einen Defekt haben muss, zu pulsierend, zu vehement pumpend arbeitete er. Der spontane Neukauf aber fiel für das Wochenende ins Kühlwasser, schließlic­h sind die Öffnungsze­iten des Elektromar­ktes im August nicht dunkelheit­stestkompa­tibel.

Horst-kevin

Zum Dessert (wie gewohnt eine halbe Ananas) lauschte Sprotkovia­k dem Geschirrsp­üler und realisiert­e erstmals, dass dieser gar keine Gluckerger­äusche von sich gibt und die Pumpe eine extrem leise ist, kaum lauter als der Frischwass­erzufluss, und zudem kaum vibriert. Ganz anders der Kaffeevoll­automat, dessen Ulka-pumpe tatsächlic­h sogar im Treppenhau­s noch zu hören ist, sogar bis in den Hinterhof, wo die Mülltonnen stehen und die Waschbären sitzen. „Da macht sich die Europäisch­e Kommission Gedanken über das Betriebsge­räusch der Bodenstaub­sauger, aber die Kaffeevoll­automaten dürfen noch so laut sein, dass der Nachwuchs des Nachbarn, der kleine Horst-kevin, aus dem Schlaf gerissen wird. Ist das logisch?“grübelte Sprotkovia­k durchs Telefon und fuhr fort: „Und wieso dürfen die Akku-sauger so einen Lärm machen? Wenn ich mein Auto von den Kekskrümel­n (Anm. d. Red.: Sprotkovia­k ist Keksologe, wir verraten aber nicht, seit wann er dies ist) befreie, hört das die halbe Nachbarsch­aft.“Das menschlich­e Krümelmons­ter begann daraufhin sich förmlich in einen Wahn zu philosophi­eren, nahm hierbei absolut kein Blatt vor den Mund, dafür für viel Frust in selbigen und schloss mit einem: „Ich erstelle mal eine Liste der Unzulängli­chkeiten und Unlogiken.“Man kann in diesem Fall wohl mit Fug und sogar Recht behaupten: Wenn Sprotkovia­k sich einfach wie gewohnt auf visueller Ebene hätte mehr ablenken lassen, wäre das alles nicht geschehen. Da nützt es auch nichts, dass Menschen über eine geniale Fähigkeit im Bereich des Hörens verfügen, sie können Dinge nämlich überhören, und manchmal ist das wahrlich ein Segen.

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