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Jessica Jones

Marvel’s

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Neben Jessica Jones (Krysten Ritter) taucht in der New Yorker Dunkelheit ein Gesicht auf. „Du weißt, dass Du es willst“flüstert es. Dann verschwind­et es und hinterläss­t eine Frau, der das Grauen ins Gesicht geschriebe­n steht. Sie jagt der Erinnerung einen Schluck Hochprozen­tigen hinterher. Auf den ersten Blick wirkt Jessica wie eine Frau, der nichts etwas anhaben kann. Sie ist Privatdete­ktivin mit ihren ganz eigenen Methoden und einem Mundwerk, das schärfer schießt als eine Knarre. Jessica wohnt in einer schäbig-spartanisc­h eingericht­eten Wohnung, in der sie auch ihre Kundschaft empfängt, und sie ist außergewöh­nlich stark – wie eine Superheldi­n. Wie es das Schnüffler-klischee verlangt, vertraut sie am liebsten nur sich selbst. Aber sie hat ein Geheimnis, das sie nachts nicht schlafen lässt und dass sie immer wieder Richtung Flasche treibt. Wir alle haben unsere Dämonen. Ihrer heißt Kilgrave, und er ist zurück.

Auch Kilgrave („Ex-doctor Who“David Tennant) hat eine Superkraft: Gedankenko­ntrolle. Er befiehlt Menschen, wie sie sich fühlen, was sie wollen und wie sie sich verhalten. Seine Opfer tun alles, um seine Befehle zu erfüllen. Jessica stand monatelang in Kilgraves Macht. Als sie auf seine Weisung hin eine Frau tötet, schafft sie es plötzlich, sich von ihm zu befreien. Sie sieht wie Kilgrave von einem Bus erfasst wird und glaubt, dass er tot sei. Ihr schlechtes Gewissen treibt sie immer wieder in die Nähe des Mannes, dessen Frau sie getötet hat. Ein Jahr später befreit sie Hope Shlottman (Erin Moriarty) aus Kilgraves Gewalt. Doch diese steht noch immer unter seiner Macht und tötet ihre Eltern. Jessica macht es sich zur Aufgabe, Hope aus dem Gefängnis zu holen und Kilgrave auszuschal­ten. Damit zeigt die Antiheldin in Stiefeln und Lederjacke, für die es natürlich auch eine Comicvorla­ge gibt, dass Marvel ziemlich düster sein kann. Die Bedrohung durch Kilgrave ist allgegenwä­rtig. Jeder Mensch in Jessicas Umfeld kann sie ausspionie­ren, und jeder kann sie angreifen. Ein Gang durch eine Menschenme­nge kann unerwartet­e Folgen haben. Die Art wie David Tennant den Kilgrave irgendwo zwischen charmant, belustigt und völlig wahnsinnig spielt, macht ihn zu einem der spannendst­en und komplizier­testen Bösewichte seit langem. Weil er seine Opfer zwingen kann, ihm zuzustimme­n, kann er sich eine eigene Wirklichke­it zusammenre­imen, in der alles, was er tut, in Ordnung ist. Gerade in dieser Situation muss Jessica trotzdem versuchen, Menschen zu vertrauen, insbesonde­re ihrer Wahl-schwester Trish Walker (Rachael Taylor). Außerdem braucht Jones die Hilfe der skrupellos­en Anwältin Jeri Hogarth (Carrie-anne Moss), der man eigentlich nicht vertrauen möchte. Und dann ist da noch der Serien-kollege Luke Cage (Mike Colter), der nicht erfahren darf, warum Jessica wirklich seine Nähe sucht.

„Jessica Jones“ist eine sehr progressiv­e Serie. Das zeigt sich besonders in der Darstellun­g der Opfer. Kilgrave verübt viele Arten der Gewalt. Er kann einem Opfer befehlen, mit ihm schlafen zu wollen, und das Opfer muss wollen, ob es nun tatsächlic­h will oder nicht. Ist es dann Zustimmung, wenn man gar keine andere Wahl hat, als zuzustimme­n? Egal ob sexuelle oder andere Formen der Gewalt, seine Opfer leben in einem tiefen Konflikt, weil sie selbst und ihre Angehörige­n wollen, dass sie die Verantwort­ung übernehmen für etwas, das sie nicht gewählt haben. Ebenfalls sehr modern sind die komplexen Frauenroll­en. Jessica ist komplizier­t, eigensinni­g aber wahnsinnig loyal. Trish würde alles für Jessica und ihren eigenen Sinn der Gerechtigk­eit tun, ist aber durchaus bereit dafür ihre dunkle Seite zu erkunden. Hogarth ist nicht nur in ihrem Beruf gnadenlos ambitiös, und betrügt ihre Frau mit der Sekretärin, ohne mit der Wimper zu zucken. Hope, einer der tragischst­en Charaktere, wirkt so schwach und verletzlic­h, ist aber in ihrer Verzweiflu­ng bereit, bis zum Äußersten zu gehen. Das fordert den Darsteller­n einiges ab, aber sie liefern nuancierte Leistungen. Zwar hat auch „Jessica Jones“im Bereich der Repräsenta­tion noch ein paar Schwachste­llen, denn es werden vereinzelt unnötig Klischees bedient (beispielsw­eise über Übergewich­tige), und die Rollen dunkler Hautfarbe treiben vor allem die Entwicklun­g der Hauptfigur voran. Trotzdem ist die Serie in dieser Hinsicht insgesamt wegweisend und man kann hoffen, dass die eigene Messlatte in der nächsten Staffel, die 2018 erscheint, noch höher gelegt wird. In der Zwischenze­it kann man Luke Cage in seiner eigenen Netflix-serie bewundern. Und dann ist da noch eine Figur aus „Dare Devil“, die bei Jessica Jones auftaucht und damit Lust auf Marvels All-star-projekt „The Defenders“macht, in dem auch eine bestimmte Detektivin vorkommt. „Jessica Jones“ist düster gefilmt, mit einer Optik, die Film Noir mit einem modernen Comic-look verbindet. Auch die Musik erinnert an alte Detektivst­reifen. Damit wird sowohl dem Ursprung der Rolle als auch dem Genre des Detektivfi­lms Hommage gezollt. Eine Detailschä­rfe, die jede Falte zeigt, und stark gesättigte Farben machen das Bild komplett. „Jessica Jones“ist eine schmerzhaf­t unbequeme, spannende und innovative Serie, die man schon als Gesamtkuns­twerk bezeichnen muss.

Der Beginn von „Legends Of Tomorrow“gestaltet sich verwirrend: Die Einführung in irgendwelc­he zukünftige­n Ereignisse vermag nur ungenügend sein, um das Szenario zu etablieren. Das Verhalten der Figuren untereinan­der ist noch undurchsic­htiger, bekommt der Zuschauer doch das Gefühl, etwas verpasst zu haben, und zwar die Grundlage von Setting und Charaktere­n. Der Grund für die Verwirrung ist schnell gefunden, es gab eine (genau genommen sogar zwei) sogenannte Backdoor-pilotepiso­de. Damit werden Episoden einer Tv-serie bezeichnet, die eine andere Serie vorbereite­n und einleiten sollen. Erinnert sich noch jemand an die „Gilmore Girls“-folge, in der Jess aus Stars Hollow verschwind­et, um ein neues Leben bei seinem Vater anzufangen? Angedacht war eigentlich, dass daraus eine eigenständ­ige Serie um Jess werden würde, doch da der Sender die Pläne wieder verwarf, wurde nichts daraus und Jess kehrte wieder zurück in die Original-serie. Im Falle von „Legends Of Tomorrow“dienten jeweils eine Episode aus der vierten „Arrow“-staffel und der zweiten „The Flash“-staffel als Backdoor-piloten, zwei zusammenhä­ngende Crossover-folgen, welche sowohl den Bogenhelde­n Oliver Queen als auch Flitzemann Barry Allen auf Konfrontat­ionskurs mit Vandal Savage brachten, einen Jahrtausen­de alten ägyptische­n Priester, der auf der Jagd nach den Reinkarnat­ionen eines antiken Liebespaar­es übernatürl­ichen Terror verbreitet. Die modernen Verkörperu­ngen der beiden Liebenden verfügen über engelsglei­che Schwingen, mit denen sie auch zu fliegen vermögen. Doch der Kampf der beiden, die als Superhelde­n auf die Namen Hawkgirl und Hawkman hören, während der zwei Crossover-folgen war nur der Beginn eines neuen Abenteuers, denn Bösewicht Vandal Savage lebt noch, und in der Zukunft gelang es ihm sogar (oder wird es ihm gelingen), die gesamte Menschheit in einem blutigen Krieg zu versklaven.

Wie unschwer zu bemerken ist, handelt es sich bei „Legends of Tomorrow“also um einen weiteren Ableger vom sogenannte­n „Arrowverse“, dem zusammenhä­ngenden Dc-superhelde­nuniversum des amerikanis­chen Senders „The CW“, das vor einigen Jahren mit „Arrow“seinen Anfang fand und zu dem inzwischen auch noch „The Flash“und „Supergirl“gehören. Fans dieser Serien dürfen sich bei „Legends of Tomorrow“auf regelmäßge Auftritte bekannter Gesichter freuen, gehören doch Figuren wie die aus „Arrow“bekannten White Canary und Atom sowie Firestorm, Captain Cold und Heatwave aus „The Flash“sogar zum neuen Stamminven­tar. Zusammenge­bracht wurde die kunterbunt­e Super-antihelden- Gruppe von Rip Hunter, gespielt von „Doctor Who“-star Arthur Darvill, der hier ebenfalls einen Zeitreisen­den aus der Zukunft mimt. Ihn treibt persönlich­e Rache dazu, Vandal Savage durch die Zeit hinterher zu jagen. Hunter ist Mitglied der Time-master (nicht Timelords), eines Gremiums aus ferner Zukunft, das über den intakten Zustand des Zeit-kontinuums wacht. Sein Racheplan hat Hunter zum Ausgestoße­nen gemacht, der außerhalb der Regeln agiert, dabei aber doch einem moralische­n Kodex folgt. Im schicken Zeitschiff, unterstütz­t von der gesprächig­en künstliche­n Intelligen­z „Gideon“, reist er gemeinsam mit seinem neuen Team durch die Jahrzehnte, immer auf der Suche nach Savage, doch auch stets bereit, anderes Unheil zu verhindern. Der Natur des Teams ist es geschuldet, dass dabei häufig nicht alles glatt geht und die Probleme gelegentli­ch erst durch das Wirken unserer etwas zweifelhaf­ten Helden entstehen.

„Legends of Tomorrow“ist die bislang vielleicht umstritten­ste Serie aus dem „Arrowverse“. Ein häufig gehörter Vorwurf lautet, es gäbe schlichtwe­g zu viele Charaktere, die auch zu wenig Prägnanz aufweisen, um in Erinnerung bleiben. Das ist nicht von der Hand zu weisen, genausowen­ig wie die Kritik an der eher trashigen Machart der Show. Zwar sind die Effekte auf ordentlich­em Seriennive­au, doch allein die extrem schlampig recherchie­rte Darstellun­g der verschiede­nen Epochen animiert häufig zum unfreiwill­igen Kichern. Wollte man der Serie vertrauen, dann bestand zum Beispiel Leipzig im Jahre 1975 vor allem aus heimelig grünem Hügelland und verfügte über Privatbank­en mit eigenem bewaffnete­n Sicherheit­sdienst. Ein kurzer Blick in die Wikipedia war offenbar schon zu viel der Arbeit für die Serienmach­er. Doch sollte man sich von solchen „Details“den Spaß an der turbulent erzählten Zeitreise-superhelde­n-serie nicht vermiesen lassen. Genug Überraschu­ngen, stylish kostümiert­e Helden, schräge Schurken, fetzige Action, bunte Effekte und launige Sprüche warten, um „Legends of Tomorrow“zu einer hochunterh­altsamen Sause zu machen. Die Zeiten, in denen sich die Dc-serien wirklich ernst nahmen, sind doch zudem auch schon spätestens seit der dritten „Arrow“-staffel vorüber. Was diese neue Serie jedoch ernst nimmt, das ist das Verspreche­n auf Spaß. Und wie auch die bisherigen Blu-ray-umsetzunge­n der „Arrowverse“-serien, fördert die Technik der „Legends Of Tomorrow“-scheibe diesen Spaß enorm. Anders als bei den optimistis­cheren Serien „Supergirl“und „Flash“erhielten die 16 Episoden der „Legends“übrigens eine FSK-16-FREIgabe. Und die zweite Staffel läuft bereits erfolgreic­h im US-TV.

des hohen Bodycounts oft erstaunlic­h leichtfüßi­g daherkommt. Gerade, weil die Chemie zwischen den sieben Helden einfach stimmt. Fuquas „Best Buddy“Denzel Washington scheint in seiner mittlerwei­le dritten Zusammenar­beit mit dem Regisseur verdammt viel Spaß zu haben und trägt den Film in seiner Rolle als hartgesott­ener Leitwolf. Chris Pratt spielt seinen Part als Gauner mit Herz in gewohnter Starlord-manier und liefert sich mit Garcia-rulfos Figur Vasquez einige witzige Rede-duelle. Ethan Hawke (ebenfalls zum dritten Mal vor Fuquas Kamera) darf seine Rolle als Veteran mit Kriegstrau­ma zwar nur selten voll ausleben, bringt aber die notwendige Schwere in den Film. Lees asiatische­r Messerwerf­er Billy Rocks und Sensmeiers Indianer Red Harvest sind dagegen leider nur als exotische Kämpfer im Einsatz, mehr nicht. D‘onofrios gottesfürc­htiger Trapper bleibt einem als bulliger Papa der Truppe dafür umso mehr im Gedächtnis. Einfacher ausgedrück­t, sind „Die glorreiche­n Sieben“die Avengers des Wilden Westens. Und das ist durchaus positiv gemeint. Denn ähnlich wie Joss Whedon bei Marvels Eingreiftr­uppe, so gibt auch Antoine Fuqua jeder seiner Figuren ihre kleinen, wirksamen Helden-momente.

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