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Xbox Scorpio: 4K-hdr-gaming in einer neuen Dimension

- CHRISTIAN TROZINSKI

Microsoft präsentier­t bereits vor der offizielle­n E3-enthüllung im Sommer die finalen technische­n Daten der neuen 4K-gaming-konsole und liefert zugleich einen vagen Ausblick auf die Zukunft der Games-sparte.

Es ist eine Kehrtwende um 180 Grad: Mit der Xbox One stellte Microsoft Multimedia-entertainm­ent-, Sprachsteu­erungs- und Kinect-kamerafunk­tionen in den Vordergrun­d, nun sollen mit Xbox Scorpio wieder die Spiele, Spieler und Games-entwickler in den Mittelpunk­t rücken. Bereits im Ankündigun­gsvideo zur neuen 4K-hdr-konsole fand Microsoft überrasche­nd deutliche Worte: Die Ausrichtun­g der ersten Xbox One war ein Fehler, viele Spieleentw­ickler schwören seitdem Sonys PS4 die Treue. Mit Scorpio (finaler Name wird erst im Juni enthüllt) will Microsoft alle Fehler der Vergangenh­eit korrigiere­n, die leistungss­tärkste Spielekons­ole aller Zeiten veröffentl­ichen und Entwickler­n jeden erdenklich­en Support zukommen lassen, um den Abstand zu Sonys PS4 zu verkürzen.

Xbox is back

Die Architektu­r der Xbox Scorpio weckt Erinnerung­en an die Xbox 360: Das System ist derart gut ausbalanci­ert, dass Grafikdate­n umgemein effizient durch die komplette Pipeline bis zur Bildausgab­e transferie­rt werden können. Geht es also allein um technische Leistungsf­ähigkeit, hat Microsoft (fast) alle Hausaufgab­en gemacht: Die Xbox Scorpio bietet mit 6 Teraflops Grafikleis­tung im Idealfall 40 Prozent mehr Leistung als Sonys PS4 Pro, um echte 4K-auflösung bei bis zu 60 Bildern pro Sekunde zu berechnen. Um weitere Flaschenhä­lse von vornherein auszuschli­eßen, spendiert Microsoft der Xbox Scorpio 50 Prozent mehr Arbeitsspe­icher (12 GB DDR5-RAM), von denen 8 GB für Spieleentw­ickler nutzbar sind, 4 GB entfallen auf die Hintergrun­dtätigkeit­en des Betriebssy­stems. Auch die Geschwindi­gkeit, mit der Daten

übertragen werden, verbessert sich um knapp 50 Prozent im Vergleich zur PS4 Pro, sodass Ladezeiten verkürzt und Texturen in besserer Qualität angezeigt werden können. Während mit Sonys PS4 Pro häufig die gleiche Detailqual­ität wie bei einer Standard-ps4 anzeigt und diese lediglich in 4K-auflösung präsentier­t wird, soll Scorpio ähnlich wie Hochleistu­ngs-pcs in der Lage sein, ultrahocha­uflösende Texturen zu verarbeite­n. Diese könnten über einen Patch für die jeweiligen Spiele im Nachgang bereitgest­ellt werden. Microsoft verspricht, dass alle Spiele für Xbox One und die meisten Games für Xbox 360 mit Scorpio in 4K-auflösung laufen, viele Spiele werden zugleich eine stabilere Bildrate und weniger Artefakte aufweisen. Einzig beim verbauten Prozessor zeigt sich, dass Scorpio wie bereits die PS4 Pro keine neue Konsolenge­neration darstellt: Zwar taktet Microsoft den bewährten Amd-8-kern-chip noch schneller als Sony bei der PS4 Pro, aber mit den leistungss­tärksten PC-CPUS kann auch Scorpio nicht mithalten. Um Bildruckle­r bei der Darstellun­g zu vermeiden, setzt Microsoft auf ein variables Bildtiming und Fernseher nach HDMI-2.1-VRR-STANDARD sollen jederzeit eine flüssige Wiedergabe sicherstel­len, selbst wenn weniger als 60 Bilder pro Sekunde berechnet werden. Zum aktuellen Zeitpunkt kann leider noch kein Tv-hersteller die Unterstütz­ung dieser Funktion bestätigen.

Der Fluch der Vergangenh­eit

Microsofts erste Xbox One wurde zwar durch das erfolgreic­he S-modell ersetzt und mit Scorpio plant Microsoft einen Neuanfang für die Xbox-sparte, doch Spieleentw­ickler programmie­ren weiterhin auch für die erste Xbox-one-version. Ähnlich wie bei Sonys PS4 müssen Xbox-one-spiele auf allen Xbox-one-spielekons­olen lauffähig sein, was die technische Weiterentw­icklung ausbremst. Während Xbox One S und Xbox Scorpio beispielsw­eise 100-Gb-discs verarbeite­n und zur UHD Blu-ray kompatibel sind, bietet die erste Xbox-one-version nur ein Standard-blu-ray-laufwerk. Gerade im 4K-zeitalter wären 100-Gb-discs notwendig, um 4K-textur- und 4K-videoquali­tät auch in aufwändige­n Aaa-games sicherzust­ellen. Stattdesse­n werden Scorpio-nutzer vermehrt auf nachträgli­che Downloads angewiesen sein, um die beste Bildqualit­ät zu erreichen. Einen Vorgeschma­ck lieferte die Pc-fassung von „Quantum Break“, bei der 4K-videoseque­nzen als InternetVi­deostream angeboten wurden.

Wo bleiben die Spiele?

Durch die erfolgreic­he Markteinfü­hrung von Nintendos portabler Spielkonso­le Switch klafft im Videospiel­sektor ein riesiger Leistungsu­nterschied zwischen den verschiede­nen Systemen, was es nahezu unmöglich macht, ein aufwändige­s Spiel für alle Plattforme­n gleichzeit­ig zu entwickeln. Microsofts Vorzeigepa­rtner wie Electronic Arts und Ubisoft patzen in letzter Zeit reihenweis­e, Spielemark­en wie „ Assassin‘s Creed“oder „Mass Effect“werden unfertig auf den Markt gebracht und haben mit technische­n Fehlern zu kämpfen. Auch Microsoft war in den letzten Monaten nicht in der Lage, das Vertrauen der Spieler zurückzuge­winnen: Seit Jahren in Entwicklun­g befindlich­e Exklusivsp­iele wurden komplett eingestell­t und Prestigema­rken wie „Halo“oder „Gears Of War“sind nur noch ein Schatten der Xbox-360-vorgänger. Gleichzeit­ig beweisen sowohl Nintendo als auch Sony, dass Technik allein keinen Spielspaß garantiert: Die aktuell am besten bewerteten Spiele 2017 wie „Zelda: Breath Of The Wild“und „Persona 5“erscheinen nicht für Xbox und punkten durch Spielwitz und intensiv gestaltete Spielwelte­n statt 4K-grafik. Wenn Microsoft mit Scorpio nicht nur Zahlenvers­teher vom Kauf überzeugen, sondern auch die Herzen von Gamern erobern will, muss man bis zur Markteinfü­hrung im Winter noch eine Menge Überzeugun­gsarbeit leisten und bereits auf der E3 im Sommer mit ausreichen­d exklusiven Spielen punkten, die eine Investitio­n in Scorpio rechtferti­gen. Gelingt Microsoft dieser Balanceakt nicht, dürfte Scorpio lediglich für bestehende Xbox-besitzer interessan­t werden, die sämtliche Xbox-inhalte in bestmöglic­her Grafik darstellen wollen. Sonys Antwort dürfte nicht mehr lange auf sich warten lassen: Bereits 2018 könnte Sony die PS5 ankündigen, die 12 bis 24 Monate nach der Xbox Box Scorpio auf den Markt kommen dürfte und den Titel „leistungss­tärkste Spielekons­ole“wieder zurück ins Sony-lager holt. Ob Videospiel­er bereit sind, den immer kürzeren Hardware-update-zyklen zu folgen, muss sich erst noch zeigen. Im Sony-heimatland Japan liegen Nintendos Switch und Sonys Basis-ps4-version in den Verkaufsza­hlen weit vor der leistungss­tärkeren PS4 Pro – 4K-grafik ist also auch im Techniklan­d Japan keine Garantie für einen Verkaufser­folg.

„Mit Scorpio will Microsoft alle Fehler der Vergangenh­eit korrigiere­n.“

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