Nioh
Der Tod ist erst der Anfang: Nach „Dark Souls“und „Bloodborne“testet „Nioh“erneut Ihre Frustrationsgrenze, denn bereits nach wenigen Treffern droht das Ableben. Doch anders als bei den großen Vorbildern lässt „Nioh“mit fortschreitender Spieldauer Gnade wa
Z ahlreiche Ps4-spiele darunter „Final Fantasy XV“und „The Last Guardian“starteten als Ps3-projekt und weisen rückblickend eine jahrzehntelange Entwicklungsdauer auf. „Nioh“reiht sich passend ein: Von den ersten Entwicklungsschritten bis zur Veröffentlichung vergingen fast 13 Jahre. Diese lange Entwicklungsphase sieht man dem Spiel an: Einen Schönheitspreis gewinnt „Nioh“nicht, Charaktere und Umgebungen sind zwar mit viel Herzblut, aber vergleichsweise grob modelliert und die kleinen Levelareale erinnern an Ps3-spiele. Doch im Gegensatz zu manch aktuellem Blockbusterspiel lässt „Nioh“in Sachen Spielbarkeit nichts anbrennen: Egal ob mit PS4 oder PS4 Pro, mit den passenden Grafikeinstellungen genießen Sie eine butterweiche Spielbarkeit bei 60 Bildern pro Sekunde. Alternativ können Sie die Auflösung bis 4K-niveau erhöhen, wirklich empfehlenswert ist dies aber nicht, da die Umgebungen nur selten zum Sightseeing einladen und in den Kämpfen blitzschnelle Reaktionen überlebenswichtig sind. Rolle, Rolle, Angriff Schon in den ersten Spielminuten werden unvorsichtige Spieler gnadenlos bestraft: In „Nioh“sollten Sie jeden Gegner ernst nehmen, denn wenige Treffer reichen aus, um ins Gras zu beißen. Vermeiden Sie einen Kampf in enger Umgebung gegen mehrere Gegner (Treppen und schmale Wege sind beliebte Todesfallen) und versuchen Sie Fernkämpfer von hinten aus dem Weg zu räumen, um nicht in einen Pfeilhagel zu geraten. Anders als in „Dark Souls“oder „Bloodborne“frustriert das Ableben mit fortschreitender Spieldauer immer weniger, denn wichtige Rüstungsteile, die Ihre Statuswerte aufpäppeln, bleiben auch nach der Wiederbelebung im Inventar und genau wie bei den Vorbildern erhalten Sie die Chance, verlorene Erfahrungspunkte zurückzuerobern. Vergleichbar zu „Diablo“ersticken Sie förmlich unter der Item-flut: Binnen weniger Spielstunden können Sie Ihren Samurai mit mächtigen Waffen und Rüstungen ausstatten und so die Überlebenschancen erhöhen. Per Onlineverbindung duellieren Sie sich mit den virtuellen Abbildern von gefallenen Spielern, um noch bessere Items
zu ergattern, oder Sie bitten andere Spieler um Hilfe, um anspruchsvolle Gegner aus dem Weg zu räumen. Zug um Zug schreiten Sie in den Spielarealen voran, aktivieren Abkürzungen, um nach dem Ableben Zeit zu sparen und lernen die Gegnerpositionen auswendig, um nicht in einen Hinterhalt zu geraten. Obwohl jede Waffe ganz eigene Vor- und Nachteile besitzt und drei Haltungspositionen pro Waffe eine enorme Komplexität versprechen, können Sie das Spiel mit einem Bruchteil der gebotenen Spielmöglichkeiten meistern, indem Sie vorrangig auf blitzschnelle Ausweichrollen setzen und die Entfernung zum Gegner, deren Angriffsmuster und die eigene Angriffsgeschwindigkeit verinnerlichen. Je mehr Wert Sie auf Geschwindigkeit setzen, desto eher ähnelt „Nioh“der beliebten Action-serie „Ninja Gaiden“, die das Entwicklerteam Team Ninja so weltberühmt gemacht hat. Doch auch schwerfällige Waffen mit hoher Reichweite oder Pfeil und Bogen stehen zur Wahl, sodass sich jeder Spielertyp in „Nioh“verwirklichen kann. Besonders effektiv erweist sich die Fertigkeit, Gegner zu vergiften und je mehr Sie mit Spezialangriffen experimentieren, desto leichter wird Ihnen das Spiel mit fortschreitender Spieldauer erscheinen, wenngleich sich Einsteiger an „Nioh“die Zähne ausbeißen werden.
Täglich grüßt der Tod
Wie bei „Dark Souls“und „Bloodborne“erscheinen besiegte Gegner nach der Zwischenspeicherung an einem Schrein erneut, sodass ein unvorsichtiges Vorgehen jederzeit tödlich enden kann. Statt eine zusammenhängende Welt zu präsentieren, setzt „Nioh“auf klassische Spielareale, die zuvor auf einer Karte ausgewählt werden können. Dadurch ist die Neugierde bei der Erkundung der Spielwelt zwar weniger ausgeprägt als bei „Dark Souls“und „Bloodborne“, wer aber kürzere Spielsessions bevorzugt, wird die kompakte Spielstruktur von „Nioh“lieben. Keinesfalls kompakt fällt das Fertigkeitenmenü aus: Zahlreiche Angriffs- und Kontervarianten können erlernt und mit magischen Verbesserungen garniert werden. Damit Ihnen im Kampf nicht vorzeitig die Puste ausgeht, müssen Sie zudem Fingerfertigkeit beweisen, denn verlorene Ausdauer lässt sich im richtigen Moment zurückgewinnen, sodass schier endlose Angriffsserien möglich sind. Spätestens, wenn Sie gegen die fantasievoll gestalteten Dämonen antre- ten, sollten Sie die Steuerung in und auswendig beherrschen, denn die übernatürlichen Wesen können Ihre Ausdauer in Nullkommanichts auf null reduzieren. Der Clou: Da auch bei Gegnern der Ausdauerbalken angezeigt wird, können Sie den passenden Moment abwarten, um im richtigen Moment zurückzuschlagen. Schutzgeister mit unterschiedlichen Bonuseffekten können im entscheidenden Moment den Unterschied zwischen Leben und Tod ausmachen und finden Sie alle putzigen Kodamas einer Region, können Sie z.b. auf zusätzliche Elixiere zur Energieauffrischung zurückgreifen. Die Hintergrundgeschichte eines englischen Seefahrers, der um 1600 nach Japan übersetzt, weckt durch fernöstlichen Hokuspokus zwar die Neugierde, doch je weiter die Handlung voranzuschreiten, desto eher verblasst das schmückende Beiwerk im Vergleich zum Gameplay. „Nioh“zockt man hauptsächlich, weil es sich so verdammt gut spielt: Derart schamlos wurden Elemente von „Dark Souls“und „Bloodborne“zwar noch nie kopiert, doch im Falle von „Nioh“ist es fast ein Glücksfall, dass die Entwickler von den besten Vorbildern gelernt und ihre eigenen Ideen verwirklicht haben.