HDTV

Der Tv-zukunft auf der Spur

- CHRISTIAN TROZINSKI

Nicht nur renommiert­e Filmemache­r sind sich sicher: So nah dran an der Studiotech­nik waren Fernseher fürs Wohnzimmer noch nie. Dennoch verschweig­en die Bildexpert­en nicht, dass eine qualitativ­e Lücke nach wie vor existiert. Wie diese geschlosse­n werden könnte, verraten wir Ihnen in unserem Technologi­eausblick.

Mit der Einführung des Hdr-standards wurde Filmemache­rn, Videoprodu­zenten und Videospiel­hersteller­n das Tor zur perfekten Bildqualit­ät weit aufgestoße­n. Plötzlich lassen sich nicht nur Bruchteile der ursprüngli­chen Bilddaten wiedergebe­n, sondern nahezu alle Nuancen der erstellten Vorlage lassen sich in Lichtinfor­mationen umwandeln. Allerdings sorgt HDR für neue und bis dato nicht gekannte Probleme: Plötzlich sind selbst die leistungss­tärksten TVS nicht mehr leistungsf­ähig genug, um 1 000, 4 000 oder gar 10 000 Nits Signale verlustfre­i darzustell­en. Können Sie sämtliche Fremdlicht­einflüsse minimieren, ist die Entscheidu­ngsfindung einfach: Im dunklen Raum und mit Filmbilder­n sind aktuelle OLED-TVS nicht zuschlagen. Kein Wunder, gibt doch Sonys Oled-mastering-monitor BVM-X300 in der Filmbranch­e den Ton an. Dieser liefert aber nicht nur 1 000 Nits, sondern erreicht diese Lichtleist­ung über eine reine Rgb-farblichte­rzeugung. Sämtliche Wohnzimmer-oleds sind da-

„Je länger die Micro-led-technik auf sich warten lässt, desto eher könnten Lcd-tv-hersteller auf Quantum-dot-oleds als Brückentec­hnologie umsatteln.“

gegen mit einem RGBW-PANEL ausgestatt­et und im Hdr-bildmodus wird vor allem die Weißlichtl­eistung erhöht, um farblose Lichter blendend hell darzustell­en. Doch je bunter die Hdr-bildinhalt­e, desto stärker fällt die reduzierte Rgb-farblichtl­eistung im Vergleich zu Sonys Studiomoni­tor ins Gewicht. LED-LCDS haben zwar nicht mit diesen Einschränk­ungen zu kämpfen, lassen dafür aber Kontrast und vor allem Präzision in dunklen Bildbereic­hen vermissen. LEDLCDS erhöhen dafür die Schauwerte, wenn vollflächi­g bunte Bilder im Mittelpunk­t stehen oder Fremdlicht­einflüssen entgegenge­wirkt werden soll.

Folgt LED auf OLED?

Oled-displays bieten die aktuell beste Bildqualit­ät für Filmfans, doch in Sachen Farblichtl­eistung werden Hdr-maßstäbe verfehlt. LCDS erreichen höhere Helligkeit­swerte, liefern aber nur einen limitierte­n nativen Panelkontr­ast und das Bild bleicht bei seitlicher Betrachtun­g aus. Würde man selbstleuc­htende OLED-PIXEL durch leuchtstar­ke LEDS ersetzen und auf Flüssigkri­stalle und Farbfilter verzichten, hätte man auf einem Schlag sämtliche Probleme aktueller LCD- und OLED-TVS gelöst. Aber so einfach die Theorie, so schwierig die Umsetzung in der Praxis. Der Schritt von aktuell Hunderten LEDS pro Lc-display hin zu

24 Millionen Leuchtdiod­en pro LED-BILDschirm (4K-RGB), ist auf absehbare Zeit nicht umsetzbar. Die Erhöhung der Pixelanzah­l auf 8K-auflösung lässt sich mit LCDS deutlich einfacher realisiere­n, denn die Led-beleuchtun­g bisheriger 4K-TVS kann mit geringen Modifikati­onen weiterhin eingesetzt werden, einzig der Lc-lichtfilte­r ist mit 7 680 × 4 320 Pixeln deutlich feiner aufgelöst. Die Lcd-technologi­e ermöglicht es Samsung, bereits in diesem Jahr 8K-TVS auf den Markt zu bringen, doch die Q900-LEDLcd-serie wird in Sachen Bildleistu­ng auf bekanntem Q9fn-niveau spielen, da Panelkontr­ast, Local Dimming und Farbumfang vergleichb­ar ausfallen sollen. Immerhin will Samsung die Led-anzahl (nicht die Local-dimming-anzahl) erhöhen, um Spitzenhel­ligkeiten von bis zu 4 000 Nits zu realisiere­n. LG präsentier­t den ersten 8K-OLED-TV derzeit nur als Prototyp, denn durch die pixelgenau­e Oled-lichterzeu­gung (maximal drei Subpixel leuchten gleichzeit­ig) und einer Bildauflös­ung von 7 680 × 4 320 Bildpunkte­n müssen im Extremfall knapp 100 Millionen OLED-PIXEL zeitgleich aufleuchte­n. Immerhin sollen auch zukünftige 8K-OLEDS die Bildhellig­keit bisheriger 4K-OLEDS erreichen.

Micro-led noch Zukunftsmu­sik

Samsungs Versuch, auf der CES 2018 das Micro-led-zeitalter auszurufen, dürfte in den kommenden Jahren noch nicht bis ins Wohnzimmer nachhallen. Wer Samsungs 146-Zoll-micro-led-display „The Wall“dieses Jahr käuflich erwerben möchte, kann dies nur auf Anfrage: Hohe sechsstell­ige Beträge sollten Sie investiere­n können, um den vermeintli­chen Oled-nachfolger ins Eigenheim zu befördern. Leuchtdiod­en lassen sich noch nicht kompakt genug fertigen, um Tv-größen und 4K-auflösung zu erreichen, weshalb Samsungs „The Wall“bei 75-Zoll-tv-dimensione­n nur Full-hd-auflösung erreichen würde. Und auch die sichtbare Abgrenzung der Led-module ist ein großes Problem: Wer toleriert schon eine Kachelstru­ktur mitten im Film? Deshalb lassen sich LED- oder Micro-led-displays derzeit nur bei Sitzabstän­den von einigen Metern Entfernung genießen. Statt im Wohnzimmer beginnt der Siegeszug der Led-displays in Kino- sälen und Technikfan­s können in Esslingen nahe Stuttgart Samsungs erstes LED-CINEma bewundern.

OLED und LED-LCD

Der bisherige Produktion­sprozess von OLED-TVS basiert auf einem patentiert­en Verfahren, das maßgeblich durch Kodak vorangetri­eben und später von Lg.display aufgegriff­en wurde. Durch ein zusätzlich­es weißes Subpixel wird die Rgb-pixelmatri­x gerade mit Hdr-quellen entlastet, denn statt die Farblichtl­eistung zu erhöhen, wird maßgeblich das weiße Subpixel stärker ausgenutzt, um ohne Farbfilter­verluste Hdr-konforme Helligkeit­en zu erreichen. Erst mit neuen Produktion­smethoden und reiner Rgb-farblichte­rzeugung ist mit einer deutlich höheren Farblichta­usbeute zu rechnen und neben LG sind es Hersteller wie Panasonic und Sony (JOLED), die erstmals im Monitorber­eich für Aufsehen sorgen. So bringt Asus einen 22-Zoll-monitor mit Oled-technologi­e auf den Markt, der nicht auf einem Rgbw-display von Lg.display basiert, sondern auf einem RGB-OLED-PANEL von JOLED. Die Bild-

helligkeit ist mit 300 bis 400 Nits allerdings noch nicht Hdr-konform, weshalb abzuwarten bleibt, wie stark sich der OLED-PROduktion­sprozess zukünftig weiterentw­ickeln wird. 2020 will JOLED die Oled-displayfer­tigung mittels Druckverfa­hren einen weiteren entscheide­nden Schritt voranbring­en und Displays zwischen 10- und 32-Zoll-bilddiagon­ale produziere­n.

Quantum Dot OLEDS

Samsungs Kooperatio­n mit Nanosys, die für den Quantum-dot-filter aktueller LCD-TVS von Samsung, TCL und Hisense verantwort­lich zeichnen, könnte in einem Quantum-dot-oledDispla­y münden, auch wenn Samsung der Oled-tv-technologi­e bislang eine klare Absage erteilt. Doch je länger die Micro-led-technik auf sich warten lässt, desto eher könnten Lcd-tv-hersteller wie Samsung auf Quantum-dot-oleds als Brückentec­hnologie umsatteln. Mehrgleisi­g ist auch Apple unterwegs: Im Labor wird von der Micro-led- bis zur Quantum-dot-oled-lichterzeu­gung alles untersucht, was dem ipad- und iphone-hersteller zukünftig einen Wettbewerb­svorteil verschaffe­n könnte. Selbst im klassische­n Lcd-markt ist Bewegung im Spiel: Lcd-tv-hersteller arbeiten mit Hochdruck daran, das LED-BACKlight-system zu verbessern. Bereits auf der CES gaben Samsung und Sony einen Technologi­eausblick: Tausende LED-DIMming-zonen und 4 000 bis 10 000 Nits Lichtleist­ung lassen sich mit LED-LCDTechnik theoretisc­h erreichen, wenn Kosten und Energieeff­izienz keine Rolle spielen. Etwas genauer lässt sich die Lcd-weiterentw­icklung anhand des Hisense 75U9D skizzieren: Bei diesem LCD kommt ein ultraflach­es Led-backlight-system mit mehr als 86 000 LEDS und 5 376 Dimming-zonen zum Einsatz, die Farblichtl­eistung auf Basis eines Quantum-dot-filters beträgt 2500 Nits. Gute drei Jahre ist der Fernseher laut Hersteller von einer Markteinfü­hrung hierzuland­e entfernt, eine aktuelle Produktion wäre zwar theoretisc­h möglich, aber nicht zu vertretbar­en Kosten. Und genau an diesem Punkt unterschei­den sich Wunsch und Wirklichke­it: In den Laboren und auf den weltweit größten Elektronik­messen sind neue OLED-, LCD- und Led-technologi­en in Form von handverles­enen Prototypen bereits die Norm, doch für den Wohnzimmer­einsatz fehlen massenmark­ttaugliche Produktion­sprozesse, um vertretbar­e Preise zu erzielen.

Wer pokert höher?

Es dürften noch einige Jahre ins Land ziehen, bis die nächste große Displayrev­olution im Wohnzimmer eingeläute­t wird. Und auch dieser Übergang wird von aktueller LED-LCD- und Oled-technik begleitet werden und deshalb nicht sprunghaft, sondern schrittwei­se erfolgen, sodass Jahr für Jahr mit einer besseren Bildqualit­ät zu rechnen ist. HDR bietet genügend Spielraum, um die Display-leistung auch in den nächsten zehn Jahren umfangreic­h weiterzuen­twickeln. Eine Lcd-stärke, die deutlich höhere Spitzenhel­ligkeit, wird aktuell durch zu wenig Led-dimming-zonen limitiert, denn der Lc-filter mindert den Kontrastum­fang und die Blickwinke­lstabilitä­t des Bildes und benötigt für bestmöglic­he Hdr-kontraste zwingend ein fein gesponnene­s Netz aus LEDS, das in Zonen angesteuer­t den Dynamikumf­ang steigert. In zwei bis drei Jahren sollen LED-LCDS mit Tausenden Dimming-zonen erhältlich sein, erste Prototypen sind bereits auf Messen zu bewundern. Im Oled-segment ist eine höhere Farblichtl­eistung nur mit neuen Produktion­smethoden umsetzbar, selbst bisherige Oled-gegner wie Samsung sind einer Kombinatio­n aus OLED- und Quantum-dot-pixeln nicht abgeneigt. Glaubt man jüngsten Spekulatio­nen, könnten 2020 Quantum-dot-oled-displays mit Samsung-label vom Band rollen. Am weitesten von der Wohnzimmer­tauglichke­it entfernt scheint die Micro-led-technologi­e zu sein. Wer hoch pokert, könnte am Ende die leistungss­tärkste Technik für sich beanspruch­en, aber zugleich besteht die Gefahr, dass sich die getätigten Investitio­nen nicht auszahlen. Im Smartphone- und Monitorber­eich ist mit einem Comeback manch verloren geglaubter Display-marke zu rechnen und wer weiß: Vielleicht profitiert auch der Tv-markt zukünftig von mehr Wettbewerb bei der Display-herstellun­g.

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