Der Tv-zukunft auf der Spur
Nicht nur renommierte Filmemacher sind sich sicher: So nah dran an der Studiotechnik waren Fernseher fürs Wohnzimmer noch nie. Dennoch verschweigen die Bildexperten nicht, dass eine qualitative Lücke nach wie vor existiert. Wie diese geschlossen werden könnte, verraten wir Ihnen in unserem Technologieausblick.
Mit der Einführung des Hdr-standards wurde Filmemachern, Videoproduzenten und Videospielherstellern das Tor zur perfekten Bildqualität weit aufgestoßen. Plötzlich lassen sich nicht nur Bruchteile der ursprünglichen Bilddaten wiedergeben, sondern nahezu alle Nuancen der erstellten Vorlage lassen sich in Lichtinformationen umwandeln. Allerdings sorgt HDR für neue und bis dato nicht gekannte Probleme: Plötzlich sind selbst die leistungsstärksten TVS nicht mehr leistungsfähig genug, um 1 000, 4 000 oder gar 10 000 Nits Signale verlustfrei darzustellen. Können Sie sämtliche Fremdlichteinflüsse minimieren, ist die Entscheidungsfindung einfach: Im dunklen Raum und mit Filmbildern sind aktuelle OLED-TVS nicht zuschlagen. Kein Wunder, gibt doch Sonys Oled-mastering-monitor BVM-X300 in der Filmbranche den Ton an. Dieser liefert aber nicht nur 1 000 Nits, sondern erreicht diese Lichtleistung über eine reine Rgb-farblichterzeugung. Sämtliche Wohnzimmer-oleds sind da-
„Je länger die Micro-led-technik auf sich warten lässt, desto eher könnten Lcd-tv-hersteller auf Quantum-dot-oleds als Brückentechnologie umsatteln.“
gegen mit einem RGBW-PANEL ausgestattet und im Hdr-bildmodus wird vor allem die Weißlichtleistung erhöht, um farblose Lichter blendend hell darzustellen. Doch je bunter die Hdr-bildinhalte, desto stärker fällt die reduzierte Rgb-farblichtleistung im Vergleich zu Sonys Studiomonitor ins Gewicht. LED-LCDS haben zwar nicht mit diesen Einschränkungen zu kämpfen, lassen dafür aber Kontrast und vor allem Präzision in dunklen Bildbereichen vermissen. LEDLCDS erhöhen dafür die Schauwerte, wenn vollflächig bunte Bilder im Mittelpunkt stehen oder Fremdlichteinflüssen entgegengewirkt werden soll.
Folgt LED auf OLED?
Oled-displays bieten die aktuell beste Bildqualität für Filmfans, doch in Sachen Farblichtleistung werden Hdr-maßstäbe verfehlt. LCDS erreichen höhere Helligkeitswerte, liefern aber nur einen limitierten nativen Panelkontrast und das Bild bleicht bei seitlicher Betrachtung aus. Würde man selbstleuchtende OLED-PIXEL durch leuchtstarke LEDS ersetzen und auf Flüssigkristalle und Farbfilter verzichten, hätte man auf einem Schlag sämtliche Probleme aktueller LCD- und OLED-TVS gelöst. Aber so einfach die Theorie, so schwierig die Umsetzung in der Praxis. Der Schritt von aktuell Hunderten LEDS pro Lc-display hin zu
24 Millionen Leuchtdioden pro LED-BILDschirm (4K-RGB), ist auf absehbare Zeit nicht umsetzbar. Die Erhöhung der Pixelanzahl auf 8K-auflösung lässt sich mit LCDS deutlich einfacher realisieren, denn die Led-beleuchtung bisheriger 4K-TVS kann mit geringen Modifikationen weiterhin eingesetzt werden, einzig der Lc-lichtfilter ist mit 7 680 × 4 320 Pixeln deutlich feiner aufgelöst. Die Lcd-technologie ermöglicht es Samsung, bereits in diesem Jahr 8K-TVS auf den Markt zu bringen, doch die Q900-LEDLcd-serie wird in Sachen Bildleistung auf bekanntem Q9fn-niveau spielen, da Panelkontrast, Local Dimming und Farbumfang vergleichbar ausfallen sollen. Immerhin will Samsung die Led-anzahl (nicht die Local-dimming-anzahl) erhöhen, um Spitzenhelligkeiten von bis zu 4 000 Nits zu realisieren. LG präsentiert den ersten 8K-OLED-TV derzeit nur als Prototyp, denn durch die pixelgenaue Oled-lichterzeugung (maximal drei Subpixel leuchten gleichzeitig) und einer Bildauflösung von 7 680 × 4 320 Bildpunkten müssen im Extremfall knapp 100 Millionen OLED-PIXEL zeitgleich aufleuchten. Immerhin sollen auch zukünftige 8K-OLEDS die Bildhelligkeit bisheriger 4K-OLEDS erreichen.
Micro-led noch Zukunftsmusik
Samsungs Versuch, auf der CES 2018 das Micro-led-zeitalter auszurufen, dürfte in den kommenden Jahren noch nicht bis ins Wohnzimmer nachhallen. Wer Samsungs 146-Zoll-micro-led-display „The Wall“dieses Jahr käuflich erwerben möchte, kann dies nur auf Anfrage: Hohe sechsstellige Beträge sollten Sie investieren können, um den vermeintlichen Oled-nachfolger ins Eigenheim zu befördern. Leuchtdioden lassen sich noch nicht kompakt genug fertigen, um Tv-größen und 4K-auflösung zu erreichen, weshalb Samsungs „The Wall“bei 75-Zoll-tv-dimensionen nur Full-hd-auflösung erreichen würde. Und auch die sichtbare Abgrenzung der Led-module ist ein großes Problem: Wer toleriert schon eine Kachelstruktur mitten im Film? Deshalb lassen sich LED- oder Micro-led-displays derzeit nur bei Sitzabständen von einigen Metern Entfernung genießen. Statt im Wohnzimmer beginnt der Siegeszug der Led-displays in Kino- sälen und Technikfans können in Esslingen nahe Stuttgart Samsungs erstes LED-CINEma bewundern.
OLED und LED-LCD
Der bisherige Produktionsprozess von OLED-TVS basiert auf einem patentierten Verfahren, das maßgeblich durch Kodak vorangetrieben und später von Lg.display aufgegriffen wurde. Durch ein zusätzliches weißes Subpixel wird die Rgb-pixelmatrix gerade mit Hdr-quellen entlastet, denn statt die Farblichtleistung zu erhöhen, wird maßgeblich das weiße Subpixel stärker ausgenutzt, um ohne Farbfilterverluste Hdr-konforme Helligkeiten zu erreichen. Erst mit neuen Produktionsmethoden und reiner Rgb-farblichterzeugung ist mit einer deutlich höheren Farblichtausbeute zu rechnen und neben LG sind es Hersteller wie Panasonic und Sony (JOLED), die erstmals im Monitorbereich für Aufsehen sorgen. So bringt Asus einen 22-Zoll-monitor mit Oled-technologie auf den Markt, der nicht auf einem Rgbw-display von Lg.display basiert, sondern auf einem RGB-OLED-PANEL von JOLED. Die Bild-
helligkeit ist mit 300 bis 400 Nits allerdings noch nicht Hdr-konform, weshalb abzuwarten bleibt, wie stark sich der OLED-PROduktionsprozess zukünftig weiterentwickeln wird. 2020 will JOLED die Oled-displayfertigung mittels Druckverfahren einen weiteren entscheidenden Schritt voranbringen und Displays zwischen 10- und 32-Zoll-bilddiagonale produzieren.
Quantum Dot OLEDS
Samsungs Kooperation mit Nanosys, die für den Quantum-dot-filter aktueller LCD-TVS von Samsung, TCL und Hisense verantwortlich zeichnen, könnte in einem Quantum-dot-oledDisplay münden, auch wenn Samsung der Oled-tv-technologie bislang eine klare Absage erteilt. Doch je länger die Micro-led-technik auf sich warten lässt, desto eher könnten Lcd-tv-hersteller wie Samsung auf Quantum-dot-oleds als Brückentechnologie umsatteln. Mehrgleisig ist auch Apple unterwegs: Im Labor wird von der Micro-led- bis zur Quantum-dot-oled-lichterzeugung alles untersucht, was dem ipad- und iphone-hersteller zukünftig einen Wettbewerbsvorteil verschaffen könnte. Selbst im klassischen Lcd-markt ist Bewegung im Spiel: Lcd-tv-hersteller arbeiten mit Hochdruck daran, das LED-BACKlight-system zu verbessern. Bereits auf der CES gaben Samsung und Sony einen Technologieausblick: Tausende LED-DIMming-zonen und 4 000 bis 10 000 Nits Lichtleistung lassen sich mit LED-LCDTechnik theoretisch erreichen, wenn Kosten und Energieeffizienz keine Rolle spielen. Etwas genauer lässt sich die Lcd-weiterentwicklung anhand des Hisense 75U9D skizzieren: Bei diesem LCD kommt ein ultraflaches Led-backlight-system mit mehr als 86 000 LEDS und 5 376 Dimming-zonen zum Einsatz, die Farblichtleistung auf Basis eines Quantum-dot-filters beträgt 2500 Nits. Gute drei Jahre ist der Fernseher laut Hersteller von einer Markteinführung hierzulande entfernt, eine aktuelle Produktion wäre zwar theoretisch möglich, aber nicht zu vertretbaren Kosten. Und genau an diesem Punkt unterscheiden sich Wunsch und Wirklichkeit: In den Laboren und auf den weltweit größten Elektronikmessen sind neue OLED-, LCD- und Led-technologien in Form von handverlesenen Prototypen bereits die Norm, doch für den Wohnzimmereinsatz fehlen massenmarkttaugliche Produktionsprozesse, um vertretbare Preise zu erzielen.
Wer pokert höher?
Es dürften noch einige Jahre ins Land ziehen, bis die nächste große Displayrevolution im Wohnzimmer eingeläutet wird. Und auch dieser Übergang wird von aktueller LED-LCD- und Oled-technik begleitet werden und deshalb nicht sprunghaft, sondern schrittweise erfolgen, sodass Jahr für Jahr mit einer besseren Bildqualität zu rechnen ist. HDR bietet genügend Spielraum, um die Display-leistung auch in den nächsten zehn Jahren umfangreich weiterzuentwickeln. Eine Lcd-stärke, die deutlich höhere Spitzenhelligkeit, wird aktuell durch zu wenig Led-dimming-zonen limitiert, denn der Lc-filter mindert den Kontrastumfang und die Blickwinkelstabilität des Bildes und benötigt für bestmögliche Hdr-kontraste zwingend ein fein gesponnenes Netz aus LEDS, das in Zonen angesteuert den Dynamikumfang steigert. In zwei bis drei Jahren sollen LED-LCDS mit Tausenden Dimming-zonen erhältlich sein, erste Prototypen sind bereits auf Messen zu bewundern. Im Oled-segment ist eine höhere Farblichtleistung nur mit neuen Produktionsmethoden umsetzbar, selbst bisherige Oled-gegner wie Samsung sind einer Kombination aus OLED- und Quantum-dot-pixeln nicht abgeneigt. Glaubt man jüngsten Spekulationen, könnten 2020 Quantum-dot-oled-displays mit Samsung-label vom Band rollen. Am weitesten von der Wohnzimmertauglichkeit entfernt scheint die Micro-led-technologie zu sein. Wer hoch pokert, könnte am Ende die leistungsstärkste Technik für sich beanspruchen, aber zugleich besteht die Gefahr, dass sich die getätigten Investitionen nicht auszahlen. Im Smartphone- und Monitorbereich ist mit einem Comeback manch verloren geglaubter Display-marke zu rechnen und wer weiß: Vielleicht profitiert auch der Tv-markt zukünftig von mehr Wettbewerb bei der Display-herstellung.