Shadow of the Tomb Raider
2018 ist das Jahr von „Tomb Raider“und Lara Croft. Nach ihrem aufwändigen Leinwandabenteuer im Frühjahr kehrt die schlagkräftige Hobby-archäologin nun wieder in ihr angestammtes Spiele-metier zurück. Mit „Shadow Of The Tomb Raider“erwartet uns das furiose
Es ist eine ikonische Szene der Filmgeschichte: Im schummrigen Zwielicht eines antiken Tempels in Peru schnappt sich Indiana Jones den gesuchten Schatz – ein goldenes Idol – und löst damit eine hinterhältige Falle in Form einer riesigen Kugel aus, die ihn zu überrollen droht. Das ist jedoch gar nichts gegen das Unheil, welches Lara Croft (gesprochen von Maria Koschny, Synchronstimme von Jennifer Lawrence) heraufbeschwört, als sie nach anstrengender Suche einen uralten Maya-dolch an sich nimmt, der in Verbindung zu ihrem Vater stehen soll. Aber wer konnte auch schon ahnen, dass sie mit ihrer unbedachten Tat gleich die von den Maya prophezeite Apokalypse in Gang setzt und ungeahnte Naturkatastrophen über die Welt hinein brechen? Noch ist allerdings nicht alles verloren, ein zweites Artefakt kann den Weltuntergang stoppen, und Lara Croft wäre nicht Lara Croft, würde sie sich nicht umgehend aufmachen, um dieses zu finden. Ihr Abenteuer, das sie nach Südamerika führt, ist jedoch nicht nur ein Rennen gegen die Zeit, nein, ihre aus dem Vorgänger und dem letzten Kinofilm bekannten Feinde von der militanten „Trinity“-sekte beabsichtigen, das Erbe der Maya vor ihr zu finden und für ihre schändlichen Zwecke zu missbrauchen. Wie gut, dass Lara Croft mit dem gemeingefährlichen Kult ohnehin noch eine Rechnung zu begleichen hat.
Ein düsterer Schatten
Das drohende Ende der Welt ist natürlich ein ungewöhnlicher inhaltlicher Hintergrund für eine üblicherweise eher gutgelaunte Abenteuergeschichte. Doch schon die beiden direkten Vorgänger – das 2013er „Tomb Raider“und „Rise Of The Tomb Raider“aus dem Jahre 2015 – legten ihre Szenarien, in denen Serienheldin Lara Croft einen geradezu existenzialistischen Kampf ausfechten musste, düsterer an, als die Konkurrenz. So verwundert es dann auch nicht, dass in „Shadow Of The Tomb Raider“selten der Frohsinn regiert. Der Dschungel Perus, wo das Abenteuer nach dem Prolog beginnt, ist ein feindseliger, unzugänglicher Ort, um so mehr, als Lara dort mal wieder ohne ihre Ausrüstung landet. Nach Aussage der Spielemacher soll „Shadow Of The Tomb Raider“der bislang düsterste und schwerste Serienteil werden. Apropos Spielemacher: Zum ersten Mal seit zwölf Jahren zeichnet sich nicht der kalifornische Entwickler „Crystal Dynamics“für die Produktion eines neuen „Tomb Raider“hauptverantwortlich, stattdessen wird das Spiel intern bei Eidos Montreal (unter anderem für die letzten beiden „Deus Ex“-titel verantwortlich) entwickelt.
Neuerungen
Einen Bruch bei Spielgefühl und Spielmechanik muss allerdings niemand befürchten, als Ko-entwickler sorgte „Crystal Dynamics“auch beim neuen Serienteil für Kontinuität. Alle bewährten Tugenden und erprobten Mechaniken finden sich wieder, behutsam angepasst und ausgebaut, also ganz so, wie schon „Rise Of The Tomb Raider“das Spielegerüst des Vorgängers weiterentwickelte. So können menschliche Gegner wie gehabt offen angegriffen oder aus dem Versteck still erledigt werden. Neu ist allerdings die Möglichkeit, sie vom Baum aus mit einem Seilpfeil zu erschießen und im Anschluss hochzuziehen, wo sie dann – Predator-style – von einem Ast baumeln, ein Anblick, der ihre Kumpanen in Angst und Schrecken versetzt. Wer lieber unauffällig vorgeht, lässt Lara ihr attraktives, aber auffälliges Antlitz mit Dreck tarnen und entzieht sich so leichter feindlichen Blicken. Auch bei der Bewegung stehen neue Möglichkeiten zur Verfügung. Mussten Felsen in den Vorgängern zum Beispiel noch mühsam herabgeklettert werden, seilt sich Lara nun einfach ab und kann dabei sogar noch hin und her schwingen, um vielleicht zu versteckten Gebieten zu gelangen. Auch unter Wasser fühlt sich Lara nun wohler, was nicht ganz unwichtig ist, denn seit „Tomb Raider: Underworld“waren die Unterwasser-areale nicht mehr so groß wie im neuesten Teil.
Weite Areale, brillante Optik
Selbstverständlich sind Fortsetzungen üblicherweise auch größer als die Vorgänger, und „Shadow Of The Tomb Raider“ist da keine Ausnahme. Die Hubs, also die kleinen Quasi- Open-worlds, die als die zentralen Tummelplätze der „Tomb Raider“-welt fungieren, sind flächenmäßig größer als je zuvor, zudem gibt es in ihnen mehr zu entdecken. Insbesondere von den einfallsreich designten Grabmälern soll es mehr zu finden geben, was eine ausgesprochen gute Nachricht ist. Immerhin gelten die titelstiftenden „Tombs“mit ihren komplexen und cleveren Rätseln zurecht als spielerische Höhepunkte der letzten beiden Teile. Doch auch Jäger und Sammler kommen nicht zu kurz, wie gehabt können Tiere gejagt und ausgeweidet sowie nutzbare Pflanzen gesammelt werden. Die zusammengerafften Materialen können zum Herstellen und Verbessern von Waffen, Heiltränken und Giften benutzt oder – das ist neu – bei Händlern verkauft werden. Doch nicht nur größer sollen Fortsetzungen sein, auch schöner wäre angebracht. „Shadow Of The Tomb Raider“lässt sich in dieser Hinsicht nicht lumpen und übertrumpft die ohnehin schon sehr attraktiven Vorgänger noch einmal sichtlich. Von den knackscharfen Texturen über die atmosphärische volumetrische Beleuchtung bis zur lebendigen, hochdetaillierten Umgebungsgestaltung spielt „Shadow Of The Tomb Raider“ganz oben in der grafischen Oberliga mit. Die Gesichtsanimationen wirken nun noch natürlicher und expressiver, was sich ausgesprochen positiv auf die Glaubwürdigkeit und emotionale Wucht dramatischer Szenen auswirkt.
Für die Spieler
Gelegenheitsspieler, die Angst haben, der angekündigte hohe Schwierigkeitsgrad könne sie um den Genuss der spielerischen Vielfalt und grafischen Pracht bringen, können übrigens ganz beruhigt sein. „Shadow Of The Tomb Raider“lässt sich mithilfe flexibler Schwierigkeits-einstellungen ganz den eigenen spielerischen Vorlieben anpassen. Separat kann die Herausforderung für Kämpfe und Rätsel festgelegt werden, sodass Actionfreunde genauso auf ihre Kosten kommen wie Freunde kniffliger Puzzles oder Spieler, die einfach Handlung und Schauwerte genießen wollen. Ausgehend von den ersten Spieleindrücken und der fantastischen Qualität der beiden Vorgänger ist „Shadow Of The Tomb Raider“jedenfalls schon jetzt ein heißer Kandidat für eines der Spielehighlights 2018 und aller Voraussicht nach ein würdiger Abschluss der Trilogie um die junge Lara Croft.