Vde-zertifizierung hinterfragt
Auf der IFA 2018 überreichte Sven Öhrke vom VDE (Mitte) Simon Sung (links) und Leif Erik Lindner (rechts) von Samsung das Sonderzertifikat für das Erreichen von 3 000 bzw. 4 000 Nits und 100 % Farbvolumen nach Dci-standard. Doch rechtfertigt die Praxisleistung der neuen Q900R-8K-FERNseher tatsächlich diese Auszeichnung?
Als wir die Zertifizierung des VDE im eigenen Testlabor nachvollziehen wollten, staunten wir nicht schlecht, denn weder ließen sich mit dem 65Q900R Dci-farben ohne Sättigungsmängel darstellen, noch war die theoretische Lichtleistung von 3 000 Nits im Praxisfall erreichbar. Mit einer Bitte um Stellungnahme kontaktierten wir den Verband der Elektrotechnik, Elektronik und
„Erneut bilden abstrakte Zahlen die Grundlage für eine Zertifizierung, bei der die täglich gelebte Praxis auf der Strecke bleibt.“
Informationstechnik (VDE), um nachvollziehen zu können, wie es zu den Ergebnissen kam, die letztendlich zur Zertifizierung führten. Leider war der VDE auch 14 Tage nach unserer Anfrage zu keiner Stellungnahme bereit, sodass abzuwarten bleibt, wie praxisgerecht die ermittelten Werte des VDE tatsächlich sind. Diese Frage stellten wir uns bereits im Jahr 2011, als der VDE mit einer anderen Zertifizierung für Aufsehen sorgte. FULL-HD-TVS mit Polfilter sollten angeblich auch mit 3D-bildern Full-hd-auflösung zeigen. Die Begründung des VDE: Da jedes Auge 1 920 × 540 Bildpunkte sieht und eine 3D-wiedergabe zwei Bilder pro Frame beinhaltet, könne man die Bildpunkte einfach addieren. Was der VDE ignorierte: Solch eine Rechnung gelingt nur, wenn die zwei auflösungsreduzierten Bilder eine Perspektive abbilden, aber in diesem Fall wäre eine 3D-wiedergabe nicht möglich. Da zur 3D-wiedergabe zwei Bilder aus leicht unterschiedlichen Perspektiven den Raumeindruck erzeugen, sorgt die Auflösungsreduktion beider Bilder für einen Detailverlust. Spielen Sie auf einem Polfilter-fernseher z. B. eine Blu-ray ab, dann fällt die Auflösung im 3D-modus schlechter aus als mit der gleichen Disc im 2D-modus. Wird ein Polfilter-fernseher als Full-hd-fernseher im 2D-modus beworben, kann das gleiche Display im 3D-modus nicht auch mit Full-hd beworben werden, denn die Detailwiedergabe fällt im 3D-modus nachweislich schlechter aus, andernfalls wäre die Bezeichnung Full-hd bedeutungslos. Ein Full-hd-3d-fernseher mit Shutter-technik sollte laut VDE im 3D-modus die doppelte Full-hd-auflösung anzeigen – eine Logik, wie sie nur der VDE versteht. 7 Jahre später fällt der VDE mit nicht nachvollziehbaren Zertifizierungen wie HDR4000 und 100 % Farbvolumen erneut negativ auf, indem abstrakte Herstellerangaben durch praxisferne Messwerte bestätigt werden. Per Pressemitteilung teilt man offiziell mit, dass die Vde-sonderzertifikate Hersteller und Konsumenten gleichermaßen unterstützten und eine Orientierung sowie Sicherheit bei der Kaufentscheidung böten, da eine unabhängige Institution das hohe Qualitätsversprechen bestätigt habe. Doch in unseren Augen ist das genaue Gegenteil der Fall: Erneut bilden abstrakte Zahlen die Grundlage für eine Zertifizierung, bei der die täglich gelebte Praxis auf der Strecke bleibt.