| Bessere Pixel: Das steckt wirklich in Hdr-inhalten
HDR ist ein Desaster! Dieser Satz stammt nicht von uns, sondern vom „Men in Black“- und „Adams Family“-regisseur Barry Sonnenfeld, der auch gleich die 4K- und 8K-weiterentwicklungen und das Bestreben einer höheren Bildrate kritisierte, denn all diese Dinge sorgen laut Sonnenfeld dafür, dass Filme eher wie Videospiele wahrgenommen werden.
Ganz unrecht hat Barry Sonnenfeld damit nicht, denn neue Technologien wie HFR (High Frame Rate) sind auch unter Kinobesuchern umstritten. Sowohl Peter Jacksons „Der Hobbit“(48 Bilder pro Sekunde) als auch Ang Lees „Gemini Man“(bis zu 120 Bilder pro Sekunde) erscheinen nicht mehr wie eine klassische Kinounterhaltung. Die Kritik von Sonnenfeld hat sogar einen weiteren Hintergrund: Neue Anbieter von Inhalten, darunter auch Netflix, fordern moderne Produktionsprozesse ein und bestimmen damit die Herangehensweisen beim Filmemachen selbst, was wiederum einige Regisseure zu solchen Unmutsäußerungen veranlasst, da sie ihr eigenes künstlerisches Schaffen in Gefahr sehen. Doch während sich HFR im Filmbereich auf absehbare Zeit nicht durchsetzen dürfte, ist das Thema HDR schon längst nicht mehr wegzudenken.
Warum HDR?
Die Erstellung von Film- und Tv-inhalten geht zurück auf eine Zeit, in der analoge Projektionen mit klassischer Lampentechnik oder Röhren-tvs den Ton angaben. Dies bremste die Möglichkeiten aus, besonders satte und zugleich überaus helle Farben in Lichtinformationen umzuwandeln, sodass man bei der Definition der Videonormen
vergleichsweise enge Grenzen setzte. Standard-sdr-signale werden noch immer innerhalb dieser Vorgaben erstellt: Referenz-mastering-monitore werden auf ca. 100 Nits voreingestellt und die gesamte Bildabstimmung (Schatten, Mitteltonbereiche, Lichter) beruht darauf, dass die Weißhelligkeit 100 Nits nicht überschreitet. Zugleich wird vorausgesetzt, dass die Wiedergabe im abgedunkelten Raum erfolgt. 80 bis 100 Nits werden meist auch von E-book-reader-herstellern angepeilt, um eine Weißlichtintensität vergleichbar zu realem Papier unter hellen Raumlichtbedingungen zu erreichen. Doch Fernsehbilder erscheinen im hellen Wohnzimmer mit 100 Nits häufig zu dunkel bzw. matt und die Farblichthelligkeit beträgt, insbesondere mit stark gesättigten Farben, nur einen Bruchteil im Vergleich zur Weißlichthelligkeit (satte Blau- und Rottöne weisen nur noch zwischen ca. 7 und 20 Prozent der Weißlicht-maximalhelligkeit auf). Somit verwundert es nicht, dass die meisten Anwender klassische Sdr-signale mit deutlich höheren Helligkeitseinstellungen wiedergeben und die Darstellung in der Praxis um Faktor 3 bis 4 aufhellen, was häufig auch ein Grund dafür ist, dass Bildartefakte in dunklen Bildbereichen (z.b. Rauschmuster) künstlich mitverstärkt werden. Abhilfe sollen Sdr-hdr-wandlungen schaffen, die eine Kontrastoptimierung vornehmen, sodass dunkle Bildbereiche dunkel bleiben und helle Bereiche gezielt verstärkt werden. Doch auch hier stößt man schnell an die technologischen Grenzen, die Sdr-signale setzen: Durch die 8-Bit-datenspeicherung können abgestufte Helligkeitsübergänge auftreten und insbesondere die Hauttonwiedergabe wird bei steigender Helligkeitsabstimmung zunehmend künstlicher. Durch immer leuchtstärkere
Tv-technologien, allen voran LED-LCDS, die selbst vollflächig 600 Nits erreichen, war der Zeitpunkt gekommen, die Weiterentwicklung der Videonormen in Angriff zu nehmen, was 2015 in der offiziellen Einführung des Hdr10-standards im Wohnzimmer mündete. Von einem Schnellschuss kann man beim Thema HDR nicht sprechen, denn seit unserer Erstausgabe im Jahr 2005 berichteten wir kontinuierlich über Hdr-themen im Profi- und Studiobereich und Tv-hersteller versuchten bereits in der SDR-ÄRA, Hdr-ähnliche Kontrasteffekte zu simulieren.
Helligkeit ist nicht alles
Die alleinige Diskussion um maximale Helligkeit wird dem Hdr-standard keinesfalls gerecht, denn die größten Qualitätsvorteile verbergen sich in allen Bereichen, die zwischen Schwarz und Weiß liegen. Am grundlegenden Prinzip, dass Videosignale für abgedunkelte Raumverhältnisse erstellt werden, hat sich auch im Hdr-zeitalter nichts geändert, obwohl der Dynamikumfang von ehemals 100 auf bis zu 10 000 Nits anwächst. Gut 50 Prozent des Hdr-signals sind allerdings für die Bereiche 0 bis 100 Nits reserviert, was auf die Tatsache zurückzuführen ist, dass geringste Unterschiede in dunklen Bildbereichen auf unsere Wahrnehmung größeren Einfluss nehmen als Abweichungen in strahlend hellen Bildbereichen. Das HDR-BILD zeigt unter Beurteilung des tatsächlichen Signals somit keine durchweg höhere Helligkeit als das SDR-BILD, sondern einen viel größeren Unterschied zwischen hell und dunkel. Dies kommt vor allem der Farbdarstellung zugute, die, entgegen der ersten Annahme, bei den besten Hdr-produktionen weniger bunt erscheint, als eine übertrieben hell dar
gestellte Sdr-wiedergabe. HDR gestattet es, den Dynamikumfang deutlich zu erhöhen, aber zugleich die meisten Bildinformationen unberührt und damit natürlich zu belassen, was sich häufig in einer deutlich besseren Hauttonwiedergabe äußert. Doch HDR soll nicht nur natürlichere Bilder ermöglichen, sondern auch mehr Emotionen entlocken und genau dieser Punkt sorgt in der Kommunikation für große Probleme. Wirklich erlebbar ist HDR nur, wenn Sie ein leistungsstarkes Hdr-gerät und exzellente Hdr-inhalte mit eigenen Augen sehen, ansonsten erblicken Sie immer nur eine in SDR konvertierte Darstellung und Sie können nicht einschätzen, welche Emotionen durch die tatsächliche Leuchtstärke und Farbwiedergabe ausgelöst werden. Einfacher verständlich wird der Unterschied zwischen HDR und SDR, wenn Sie einen professionellen Bergsteiger mit einem ganz normalen Urlauber vergleichen: Der Bergsteiger wird den von der Natur vorgegebenen Weg unter Einsatz seiner maximaler Leistungsfähigkeit kompromisslos nachgehen, wodurch sämtliche Sinne gefordert werden. Der Urlauber bewältigt den Bergaufstieg durch Treppenstufen und Lifte dagegen mit minimalen Anstrengungen. Bezwungen hat der Urlauber
den Berg somit größtenteils im Kopf, während der Bergsteiger auch körperlich gefordert wurde. Obwohl die Start- und Endpunkte beider Personen vergleichbar sind, so unterscheidet sich die Erfahrung, die beide auf ihrem Weg gesammelt haben. Die Wiedergabe mit leistungsschwachen und leistungsstarken HDR-TVS ist mit diesem Beispiel vergleichbar: 4 000-Nits-hdr-signale können auf einem 400-Nits-display zwar gefällig erscheinen, doch das eigentliche „Hdr-bauchgefühl“kommt nicht auf. Ein 4 000-Nits-display würde Ihnen eine Sinneswahrnehmung entlocken, die sich unmöglich mit leistungsschwachen Einstiegs-tvs nachstellen lässt. Da die meisten am Markt erhältlichen Fernseher nicht einmal 1 000-Nits-hdr-signale verlustfrei anzeigen können, ist bei der Diskussion um HDR abseits der Signalerstellung und Verarbeitung der Daten noch immer sehr viel Theorie im Spiel. Vom ursprünglichen Ziel, 2020 nicht nur 8K-fernseher auf den Markt zu bringen, sondern zugleich das maximale Hdr-kontrastpotenzial hinsichtlich Farbsättigung und Leuchtstärke zu erreichen, ist man immer noch meilenweit entfernt und selbst bis 2030 ist nicht klar, ob die theoretischen Hdr-leistungsdaten von zukünftigen
Displays in entsprechende Lichtsignale umgesetzt werden können.
Fluch und Segen