Keine falschen Erwartungen wecken
Mit der Berichterstattung ist es so eine Sache: Einerseits möchte man sich ohne Vorurteile an neue Dinge heranwagen, doch andererseits erscheint es regelrecht töricht, sich nicht vorab zu informieren. Doch was passiert, wenn die Vorberichterstattung das eigentliche Kernthema ausspart? Der Film „Poor Things“wurde in den letzten Monaten als Kinomeisterwerk gefeiert und heimste zugleich 4 Oscars ein, darunter für Emma Stone in ihrer Rolle als Bella Baxter. Die Trailer versprachen eine kreative Selbsterkenntnisreise und die Altersfreigabe deutete bereits darauf hin, dass es in diesem Film explizite Szenen zu sehen gibt. Ohne an dieser Stelle zu spoilern: Die immense Lauflänge des Films wird vor allem mit ausladenden intimen Körperaktivitäten ausgeschmückt, die das Kernthema regelrecht in den Hintergrund rücken. Dadurch entsteht häufig eine Grundstimmung, die eher an einen Lars-von-trier-film erinnert. Demgegenüber wurde in der Vorberichterstattung vor allem die kreative Optik des Films in den Mittelpunkt gerückt, die irgendwo zwischen Tim Burton und Wes Anderson angesiedelt ist. Und tatsächlich finden sich im Film zahlreiche Szenen, die aus „Poor Things“genau jenes Werk hätten machen können, welches die Trailer versprachen. Doch wer einen derartigen Film erwartet hat, dürfte nach mehr als 2 Stunden bestenfalls irritiert auf dieses Werk zurückblicken.
Ob „Poor Things“nun ein Kinomeisterwerk oder das genaue Gegenteil darstellt, liegt wie so oft im Auge des Betrachters. Wer „Poor Things“im Freundeskreis schaut, dürfte das komplette Spektrum an Emotionen miterleben: Einige werden den Film lieben, andere werden das Wohnzimmer womöglich vorzeitig verlassen. Andere werden sich womöglich über den tatsächlichen Inhalt des Films wundern und mit der Auflösung der Geschichte hadern. Womit wir zum eigentlichen Problem kommen: der Erwartungshaltung.
Für ein filmisches Kunstwerk wie „Poor Things“wäre es geradezu befreiend, wenn es keinerlei Trailer gegeben hätte, die das Publikum auf eine falsche Fährte locken. Stattdessen entsteht die Frustration gerade dadurch, dass man aufgrund der Trailer eine Filmstimmung erwarten kann, die „Poor Things“in dieser Form vergleichsweise selten erfüllt. Allerdings ist dies auch nicht die Aufgabe eines Films, einem nachträglich produzierten Trailer gerecht zu werden. Stattdessen sollte der Filmtrailer ein möglichst realistisches Bild des eigentlichen Films vermitteln.
Derart gravierende Unterschiede zwischen Werk und Werbung sind uns natürlich nicht fremd, denn auch im Technikbereich klafft vermehrt eine Lücke zwischen der eigentlichen Hardware, die Sie käuflich erwerben können, und den allgemeinen Informationen, die die Kaufentscheidung maßgeblich beeinflussen sollen. Statt handfesten Zahlen und Vergleichen sorgen meist Fantasiebezeichnungen für einen scheinbaren Leistungssprung, doch nur wenige Informationen zeichnen dabei ein realistisches Bild.
Das Beste, was wir für Sie leisten können? Keine falschen Erwartungen wecken, damit sich der Frust über einen Geräteneukauf in Grenzen hält und stattdessen die Freude am Ende überwiegt!