Der Festsonntag im Überblick
Und so wird der 150. Geburtstag der Martinskirche Nattheim am Sonntag, 1. Oktober, ab 10.30 Uhr gefeiert: Uwe Hannebauer spielt die Orgel; Dirigent Harald Geisler leitet den Kirchenchor Herz-jesu in Gemeinschaft mit dem Liederkranz Nattheim. Die Liturgie übernimmt Pfarrer Bernhard Philipp, die Pfarrer Hannes Jäkle (evangelisch) und Bernd Hensinger (katholisch) halten eine Dialogpredigt. Anschließend wird auf dem 2008 vollendeten Kirchplatz Mittagessen ausgegeben; es sind Grußworte geplant, der Posaunenchor Giengen unter Anselm Kreh tritt auf, denn Nattheim hat seit 1995 keinen Posaunenchor mehr. Beat-boxing ist mit Jan-paul Herr und Alexander Kotny (Karlsruhe) angesagt. Der Giengener Organist Christian Barthen gibt eine Orgelkonzert, bevor zu Kaffee und Kuchen eingeladen und schließlich ein „Wort auf den Weg“gesprochen wird.
Seit dem neunten Jahrhundert nach Christi Geburt verfügte Nattheim über eine Dorfkirche. Diese war aus Holz gebaut und damals schon dem Heiligen Martin geweiht. Etwa um die Mitte des 14. Jahrhunderts wurde dann eine neue Kirche errichtet, 1536 wurde das Dorf mit der Einführung der Reformation evangelisch. Die jetzige Kirche ist neuromanischen Stils und wurde vor 150 Jahren geweiht.
Aus Anlass dieses runden Jubiläums wird die Kirchengemeinde am 1. Oktober in und rund um die dreischiffige Kirche groß feiern – so das Wetter es zulässt. In den Blick kommt eine Festschrift aus dem Jahre 1992, die die Baugeschichte aufgrund der damals verfügbaren Unterlagen durch Ulrike Weber und Dr. Manfred Allenhöfer eindrücklich machte. Die Fortschreibung der Geschichte hat Pfarrer Bernhard Philipp mit einem Team jetzt mit einer weiteren Broschüre vorgelegt.
Beide Festbücher geben Einblick in eine wechselvolle Geschichte, wobei der Zeitgeist doch bemerkenswerte Blüten trieb und es deutlich wurde, dass sich die Geister durchaus scheiden an Fragen des Baustils wie an der Innengestaltung einer Kirche. Hier finden sich neben Liebeserklärungen an ein ans Herz gewachsenes Gotteshauses auch vernichtende Urteile. So notierte 1932 der Orgelsachverständige Helmut Bornefeld: „Die Kirche in Nattheim ist – insbesondere in der Innenausstattung und auch im Orgelprospekt – ein Beispiel kaum zu überbietender Geschmacklosigkeit.“Einer aus dem evangelischen Oberkirchenrat in Stuttgart, der namentlich nicht genannt ist, kam 1962 zu der Feststellung: „Die Kirche ist ein pseudoromanischer Bau, hat unbefriedigende Maßverhältnisse.“Und: „Unsere Kirche ist zu unpersönlich. Eine Angleichung an den Zustand von vor 1962 wäre gut. Dann wäre der Gottesdienst wieder ehrfurchtsvoller. Jetzt fröstelt es einem bei der Kälte, die die Kirche ausstrahlt“. Zu dem Ergebnis kam 1988 bei einer Umfrage ein Gemeindemitglied.
Der Kirchenneubau Mitte des 19. Jahrhunderts war aber wohl notwendig, weil die Kirche letztlich für das Dorf zu klein wurde, das in der Einwohnerzahl zunahm. Wie sollte nun die neue Kirche aussehen? Schon 1830 fing die Diskussion an. Die bürgerliche Gemeinde war übrigens der Bauherr. Das heißt, nicht der Pfarrgemeinderat sondern der (bürgerliche) Gemeinderat traf die Entscheidungen, fasste die Beschlüsse. Der Münsterbaumeister zu Ulm, Ferdinand Thrän, legte die Baupläne vor, die die Zustimmung von Schultheiß und Gemeindeparlament fanden und an die Kirchenleitung nach Stuttgart geschickt wurden.
Daselbst aber war man nicht begeistert, wollte offenbar einen anderen Baumeister ins Brot setzen. Der Vorwurf aus Stuttgart: Der Pflicht des Architekten zur Sparsamkeit sei nicht nach-