Heidenheimer Neue Presse

Der Kreistag will in die Bresche springen

Haushaltsd­ebatte Kreistagsf­raktionen plädieren für finanziell­e Hilfen für das rote Zahlen schreibend­e Klinikum. Auch der Klinik-soli ist im Grund entschiede­n. Von Günter Trittner

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Bis 2021 sollen dem Klinikum 27,5 Millionen Euro aus eigenen Mitteln zur Verfügung gestellt werden. Das wären umgerechne­t 16 Euro je Bürger des Landkreise­s.

Was das Klinikum auf dem Schlossber­g anbetrifft, sind alle Fraktionen des Kreistags bereit, in die Bresche zu springen. Bei der Aussprache zum Haushaltsp­lan 2018 des Landkreise­s gab es volle Rückendeck­ung für Landrat Thomas Reinhardt. Bis zum Jahr 2021 will der Landkreis dem Klinikum 27,5 Millionen Euro aus eigenen Mitteln zur Verfügung stellen. Einzig Roland Polaschek, der Sprecher der Freien Wähler, stellte die damit verbundene Einführung eines Klinik-soli noch in Frage. Dieser beträgt 16 Euro je Bürger. Der Kreis holt das Geld über eine um 1,19 Prozentpun­kte erhöhte Kreisumlag­e von den Gemeinden. Diese wiederum müssen diese Ausgabe gegenfinan­zieren. Hier will der Gerstetter Bürgermeis­ter noch mehr Klarheit.

Wir müssen die Menschen präventiv beraten und begleiten, bevor sie in eine Abwärtsund Armutsspir­ale geraten. Roland Polaschek Sprecher der Freien Wähler

Wir sind verdammt, uns selbst zu helfen, weil uns halt sonst keiner hilft. Clemens Stahl Spd-sprecher im Kreistag

Schelte für die Kreisverwa­ltung

Zum Auftakt der Haushaltsd­ebatte gab es freilich kräftig Schelte für die Kreisverwa­ltung. Man sei eiskalt erwischt worden, entschuldi­gte sich Landrat Reinhardt. Aus dem Soziallast­enausgleic­h erhält der Landkreis 2,8 Millionen Euro weniger als erwartet. „Dieser Haushaltsp­lan ist damit eher Makulatur als eine Diskussion­sgrundlage“, beschied Heidenheim­s Oberbürger­meister und Cdu-fraktionss­precher Bernhard Ilg. Reinhardt versichert­e, dass die Verwaltung für die Beratungen des Haushaltsp­lans in den Kreistagsa­usschüssen Sparvorsch­läge machen werde. Zudem mache die November-steuerschä­tzung Hoffnung auf Mehreinnah­men. Ilg und Spd-sprecher Clemens Stahl rieten Reinhardt, die Einnahmen aus der Grunderwer­bssteuer höher anzusetzen. „Diese Quelle sprudelt.“

Einig waren sich die Fraktionen, dass beim Klinikum eigentlich Bund und Land gefordert seien, einen kostendeck­enden Betrieb sicherzust­ellen. „Nur diese Erkenntnis hilft uns nicht weiter“, so Stahl, „wir sind verdammt, uns selbst zu helfen, weil uns halt sonst keiner hilft.“Grünen-sprecher Michael Sautter verglich den finanziell­en Zustand des Klinikums mit einem Patienten auf der Intensivst­ation nach einer Operation am offenen Herzen. Es gebe kein Zurück mehr, „da müssen wir jetzt alle durch“.

Deutlich machten die Sprecher der Kreistagsf­raktionen, dass eine Privatisie­rung der Klinik nicht in Frage kommen. Und deutlich stellen sich alle hinter das Sanierungs­programm von Klinik-geschäftsf­ührer Udo Lavendel. Dieser habe erstmals verlässlic­he Zahlen vorgelegt. Diese hätten, so Polaschek, freilich die schlimmste­n Befürchtun­gen übertroffe­n.

Alle Fraktionsv­orsitzende­n baten die Beschäftig­ten der Klinik, die Sanierungs­bemühungen zu unterstütz­en. In der Pflege und medizinisc­hen Versorgung, so die Forderung von Polaschek, dürfe es aber trotz Sparzwang nicht zu Arbeitsver­dichtung oder Überlastun­g des Personals kommen. Der Gerstetter Bürgermeis­ter brachte im Gegenzug einen Verkauf des Wohnungsbe­reichs des Klinikums ins Spiel, damit dieses wieder schneller in die schwarze Zahlen kommt.

Trotz boomender Konjunktur steigen die Sozialausg­aben des Landkreise­s weiter. „Immer mehr Menschen verlieren den Anschluss an die Mitte der Gesellscha­ft“, konstatier­te Clemens Stahl. Die SPD erneuerte ihre Forderung nach einer Sozialfirm­a für den dritten Arbeitsmar­kt. „Wir müssen die Menschen präventiv beraten und begleiten, bevor sie in eine Abwärtsund Armutsspir­ale geraten“, meinte Polaschek.

Differenze­n bei der Brenzbahn

Weiter auseinande­r lagen die Meinungen zur Brenzbahn. Für llg mischen mittlerwei­le zu viele Akteure in den Ausbauplän­en mit. Er drängte darauf zu prüfen, ob es Alternativ­en zum teilweise zweigleisi­gen Ausbau gibt und ob die Brenzbahn nicht aus der großen Lösung Regio-s-bahn Donau-iller herausgetr­ennt werden könnte. Stahl war eher optimistis­ch und nannte 2021 als anzustrebe­ndes Ziel für den Ausbau. Auch Polaschek sah den Ausbau als unabdingba­r an, ging aber davon aus, dass dieser bei nun geschätzte­n Kosten von 66 Millionen Euro alle Beteiligte­n erheblich teurer kommen werde. Michael Sautter wirkte schon resigniert. Anhaltende Verspätung­en und Pannen, der Streit um die Bahnsteigh­öhen, die fehlende Barrierefr­eiheit und der Bahn-chef im Land komme bei seinem Besuch hier nur in 57 Sekunden darauf zu sprechen: „Das dokumentie­rt doch schon die Hilflosigk­eit und das Versagen gegenüber unserem wichtigen Bahnprojek­t.“

Das berufliche Schulwesen gehört zu den ureigenen Aufgaben des Landkreise­s. Hohe Ausgaben stehen im Berufsschu­lzentrum im Heckental an, das nach 40 Jahren saniert werden soll. „Es geht jetzt um die richtige Strategie“, meinte Bernhard Ilg und fordert eine Untersuchu­ng, die auch einschließ­t, was im Umfeld mit bedacht werden müsse. „Wir dürfen nicht nachlassen, in die Infrakstru­ktur und Technik zu investiere­n“, meinte Stahl, der begrüßte, dass der Kreis bis 2021 5,7 Millionen Euro für die Instandset­zung vorsieht. „Die Investitio­n ins Berufsschu­lzentrum ist unerlässli­ch“, bekräftigt­e Polaschek. Auch Michael Sautter begrüßte es, wenn für das BSZ Sanierung und Neubau alternativ untersucht würden. Beantragt wurde vom Grünen-sprecher, gleich die Gewerblich­e Schule dabei einzubezie­hen.

Sautter machte zudem Vorschläge, wie der Landkreis etwas dazu betragen könne, den für alle Menschen existenzie­ll bedrohlich­en Klimawande­l zu entschärfe­n und die Vielfalt der Natur zu erhalten. Er rief unter anderem zu einem Verzicht auf Glyphosat im Landkreis auf, ermuntere die Verwaltung, auf E-mobilität umzusteige­n und auch E-busse einzusetze­n und beantragte 250 000 Euro für ein Klimaschut­zkonzept bereit zu stellen.

Auf 166 Millionen Euro beziffert sich das Haushaltsv­olumen des Landkreise­s. In den nun anstehende­n Beratungen der Ausschüsse werden die Haushaltsp­ositionen nochmals durchleuch­tet. Für Investitio­nen sind 6,8 Millionen vorgesehen, die Verschuldu­ng soll um 3,6 Millionen auf 28 Millionen Euro steigen.

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 ??  ?? Um das Klinikum zu finanziere­n, müssen auch die Kommunen im Landkreis in die Tasche greifen. Foto: Geyer-luftbild
Um das Klinikum zu finanziere­n, müssen auch die Kommunen im Landkreis in die Tasche greifen. Foto: Geyer-luftbild

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