Kammermusik auf höchstem Niveau
Meisterkonzert Das spanische Ensemble „Azahar“entführte mit technisch einwandfreiem, doch nie einseitigem Spiel in die Welt der spanischen Bläsermusik. Von Dina Grossmann
Heidenheim. Das spanische „Azahar Ensemble“begeisterte beim Meisterkonzert in der Waldorfschule.
Viva Espan˜a: Der Name war Programm, als am Montagabend das spanische Bläserquintett „Azahar“die Aula der Waldorfschule mit Klängen seiner Heimat füllte.
Im Halbkreis dicht beieinander stehend, präsentierten die jungen Musiker ein Repertoire, dessen Schwerpunkt auf spanischem Impressionismus lag und somit auch für das Publikum einen gewissen Anspruch mit sich brachte.
Als willkommene Hilfe erwiesen sich demnach die gekonnt auf den Punkt gebrachten Moderationen der Oboistin Mar´ıa Alba Carmona Tobella, die offensichtlich nicht nur ihr Instrument, sondern auch die deutsche Sprache sehr gut beherrscht. So erklärte sie beispielsweise die Bedeutung der schlichten Haltetöne eines zeitgenössischen Werkes, die, von einem Instrument zum nächsten wandernd, die Fäden einer mittelalterlichen Stickerei darstellen sollten und sich immer mehr miteinander verwoben.
Diese und viele weitere Hintergrundinformationen gaben den Konzertbesuchern die Möglichkeit, die Musik als Anregung zum Fantasieren aufzunehmen und dadurch vom passiven zum aktiven Zuhörer zu werden.
Renommierte Auszeichnungen
Besonders leicht gelingt so eine gedankliche Reise natürlich, wenn die Musik auf einem derart hohen Niveau dargeboten wird, wie es beim Ensemble „Azahar“der Fall ist. Nicht umsonst ging die Gruppe 2014 als Sieger der Kategorie „Bläserquintett“aus dem renommierten Ard-wettbewerb hervor.
Ein zuvor absolviertes Kammermusikstudium in Basel hatte offenbar das Zusammenwachsen der Musiker vorangetrieben und eine Basis geschaffen, auf der das Ensemble seine Arbeit mit großem Erfolg fortsetzen konnte. Ein aktuelles Zeugnis hierfür ist eine vor Kurzem vollendete Cd-aufnahme mit Werken des Spaniers Joaqu´ın Turina. Nicht verwunderlich also, dass ein Großteil des Konzertes aus Musik von ebendiesem Komponisten bestand.
Besonders gerne verwiesen die Musiker auf dessen ersten Satz aus der Suite „Sevilla“, trägt er doch den Titel „Sous les orangers“(„unter den Orangenbäumen“), der zum Ensemble-namen „Azahar“, der übersetzt „Orangenblüten“bedeutet, natürlich hervorragend passt.
Zwar hatten sie sich für die Cdaufnahme intensiv mit der „Sevilla-suite“auseinandergesetzt, vor Publikum führten sie es allerdings erstmals im Rahmen des Heidenheimer Meisterkonzertes auf. Sei es eine nächtliche Gründonnerstagsprozession im Kerzenschein oder ein ausgelassenes Fest: Die Mitglieder des Ensembles „Azahar“tauchten mühelos in die unterschiedlichsten Welten ein und zeigten ein technisch einwandfreies, jedoch niemals einseitiges Spiel.
Sehr adäquat arrangiert
Der Wechsel zwischen absoluter Verschmelzung der einzelnen Instrumente und solistischem Hervortreten machten auch in Anton Reichas Bläserquintett D-dur op. 91 Nr. 3 einen besonderen Reiz aus. Im Gegensatz zu Turinas Werken, die für die Quintettbesetzung sehr adäquat arrangiert waren, wird in diesem Stück schnell deutlich, dass sich der Komponist gut mit den einzelnen Instrumenten auskannte und ihnen die Musik auf den Leib geschrieben hat.
Hornist Antonio Lagares Abeal konnte in einem seiner Soli demonstrieren, wie brillant eine Ansammlung von Trillern klingen kann. Eine virtuose Kadenz voller Leichtigkeit spielte der Flötist Frederic S´anchez Mun˜oz und wirkte dabei so souverän, als hätte er ein Leben lang nichts anderes getan.
Generell legte das Ensemble ein äußerst professionelles Verhalten an den Tag. Mitten im Stück in eiligem Tempo ein Zigarettenpapier zwischen die Klappen der Oboe zu stecken, um Kondenswasser aufzufangen, ist durchaus riskant. Solche Manöver wagt nur, wer sich, in diesem Fall völlig berechtigt, in absoluter Sicherheit wiegt – Sicherheit in Bezug auf die eigenen Fertigkeiten, aber auch auf die der Kollegen.
Enorme Aufführungspraxis
Mar´ıa Jose´ Garc´ıa Zamora dürfte als Solo-fagottistin an der Komischen Oper Berlin mittlerweile über eine enorme Aufführungspraxis verfügen. Aber auch der jüngste Musiker des Ensembles, Miquel Ramos Salvado´, demonstrierte eindrucksvoll die perfekte Beherrschung seiner Klarinette und stand seinen Partnern in nichts nach.
Nach zwei Stunden Kammermusik auf höchstem Niveau wurde das Publikum schließlich mit einer beflügelnden Zugabe verabschiedet. Es bleibt nun zu hoffen, dass weitere Besuche dieses erfrischenden Ensembles folgen werden.