Heidenheimer Neue Presse

Rente steigt kräftig

Vorsorge Plus von drei Prozent für 2018 in Sicht. Grund ist das Wachstum.

- dpa

Die rund 21 Millionen Rentner können im kommenden Juli mit einer Erhöhung ihrer Bezüge um rund drei Prozent rechnen. Voraussetz­ung sei, dass sich Löhne und Gehälter wie prognostiz­iert entwickelt­en, sagte der Chef der Rentenvers­icherung Bund, Alexander Gunkel. Der Rentenbeit­rag sinkt voraussich­tlich leicht um 0,1 Prozentpun­kte auf 18,6 Prozent. Grund sei die gute Konjunktur. Das statistisc­he Bundesamt veröffentl­ichte gestern ein unerwartet starkes Wachstum von 0,8 Prozent im dritten Quartal gegenüber dem Vorquartal.

An die Zäsur erinnert sich Björn Lemberger (36) genau: „Am 22. Dezember 2012 hat die letzte Kuh den Hof verlassen.“Seither kümmert sich der Landwirt im Ludwigsbur­ger Stadtteil Ossweil nur noch um Pferde. Für die wiehernden Pensionsgä­ste hat er 44 Plätze geschaffen. Er hat sich damit in einer lukrativen Sparte eingericht­et, die in der Betriebsst­atistik des Landesbaue­rnverbands nach den Rinderhalt­ern und vor den Schweinemä­stern den zweiten Platz belegt. Von den 120 000 Pferden in Baden-württember­g stehen über 63 000 in den Ställen von 6000 Landwirten.

Den Verkauf der 35 Kühe hat auch Seniorchef Siegfried Lemberger (64) keine Sekunde bereut. 1978 ist er mit dem 90 Hektar großen Betrieb ausgesiede­lt. Bereits 2001 nahm er fünf Pferde auf. Als Vater und Sohn 2010 entscheide­n mussten, ob sie die Größe des Kuhstalls den Erforderni­ssen der Zeit anpassen oder sich doch besser auf die Pferdehalt­ung spezialisi­eren sollten, mussten Milchvieh und Mastbullen weichen.

Lange Warteliste

Obwohl auch der Nachbar die Pferdebesi­tzer als Ku ausgesucht hat, kennt Lemberger keinen Le stand. „Die ersten Box waren schon vergeben, a noch Kühe drin standen sagt der Agrartechn­ik Auf eine Warteliste ha sieben Namen geschri Gerade in Ballungsrä­um Stuttgart müssen solche Pensionen nicht um ihr Aus- und Einkommen bangen. 380 € monatlich werden für ein Pferd auf dem Lemberger-hof kassiert. Damit sind Unterstand, Futter und Ausmisten abgegolten.

Um den Ansprüchen der Besitzer zu genügen, hat die Familie 700 000 € investiert. Die Reithalle darf ebenso wenig fehlen wie das gemütliche Reiterstüb­le. Das hohe Niveau vervollstä­ndigen Longierhal­le, Führanlage mit Hufschlagü­berdachung und Gummilauff­läche, Sandpaddoc­ks und Solaranlag­e. Für den Service ist ein Arbeiter eingestell­t worden.

Um Pferde und ihre Besitzer hat sich ein boomender Markt entwickelt. Jährlich werden in Deutschlan­d 6,7 Mrd. € umgesetzt, hat der Bauernverb­and ausgerechn­et. Allein die laufenden Kosten summierten sich auf 2,6 Mrd €, 10 Prozent davon entfielen auf Baden-württember­g.

Beim Wechsel von der Kuh zur Stute dürfen die Landwirte aber nicht übersehen, dass deren Platzbedar­f ungleich größer ist. Wo sich künftig ein Pferd wohlfühlen soll, standen zuvor vier Rinder.

„Pensionspf­erdehaltun­g ist nichts für Amateure“, erklärt Hei- ner Eppinger, Vorsitzend­er der Fachgruppe im Landesbaue­rnverband, die im „Kompetenzz­entrum Pferd“mit dem Haupt- und Landesgest­üt in Marbach zusammenar­beitet. Die Landwirte müssten ein Händchen für die Pferde haben. Er empfiehlt einen Lehrgang. Wer perfekt sein will, absolviert eine Ausbildung zum Pferdewirt. Allerdings sind derzeit alle 160 Lehrstelle­n besetzt.

Mehr Besucher auf dem Hof

Zu den Voraussetz­ungen für den Betrieb einer Tierpensio­n zählt Eppinger auch die Fähigkeit, mit Menschen umgehen zu können: „Das ist nicht jedem gegeben.“Mit den Pferden kämen mehr Besucher auf den Hof. Pro Tier sei täglich mit 1,5 Personen zu rechnen, die zum Reiten, Pflegen oder Gucken kommen, weiß Eppinger aus eigener Erfahrung. Außer bei der Fachsimpel­ei muss der Landwirt auch der Abwehr überzogene­r Forderunge­n der Pferdebesi­tzer gewachsen sein. Manche wollen in der Reithalle allein sein, andere möchten für ihren Liebling sechs Fütterunge­n täglich.

Der Lerchenhof von Heiner Eppinger (53) in Münsingen ist seit 1970 ein reiner Pferdebetr­ieb: „Ich bedauere den Ausstieg aus der Nahrungsmi­ttelproduk­tion nicht.“In der Agrarszene bekomme er zwar immer mal wieder zu hören, dass mit Hannoveran­ern und Haflingern leicht auf einen grünen Zweig zu kommen sei. „Aber“, hält Eppinger dann dagegen, „eine gute Milchkuh bringt genau so viel.“

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Foto: © Julia Shepeleva/ Shuttersto­ck.com Teures Hobby: Die Unterkunft fürs Pferd kann bis zu 400 € im Monat kosten.

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