Eltern im Streit: Und wo ist der Sohn geblieben?
Justiz Ein Familienvater aus Nigeria steht wegen Entziehung Minderjähriger vor Gericht.
Das elterliche Sorgerecht ist ein weites Feld, das laut Bürgerlichem Gesetzbuch in eigener Verantwortung und in gegenseitigem Einvernehmen zu bestellen ist. Indes: Nicht immer orientieren sich Mütter und Väter am Buchstaben des Gesetzes.
Oft entzündet sich der Konflikt an der Frage, wo sich das gemeinsame Kind wie lange aufhalten darf und wo es wohnen soll. Eigentlich kann diese Entscheidung nur von beiden Elternteilen gemeinsam getroffen werden. Alleingänge duldet das gemeinsame Sorgerecht nicht, und wer das ignoriert, kann sich strafbar machen. Mit einem eher außergewöhnlichen Fall hat sich das Landgericht Ellwangen Ende dieses Monats in einem Berufungsverfahren zu befassen.
Keine Entführung, aber . . .
Auf der Anklagebank sitzt ein in Heidenheim lebender Familienvater aus Nigeria, der bereits im August vergangenen Jahres am Amtsgericht Heidenheim zu einer eineinhalbjährigen, auf Bewährung ausgesetzten Freiheitsstrafe verurteilt worden ist und dagegen Rechtsmittel eingelegt hat. Der dem angefochtenen Urteil zugrunde liegende Straftatbestand lautet auf Entziehung Minderjähriger – ein Vorwurf, der laut Strafgesetzbuch unter anderem dann greift, wenn ein Kind den Eltern oder einem Elternteil entzogen wird, „um es in das Ausland zu verbringen oder im Ausland vorenthalten wird, nachdem es dorthin verbracht worden ist oder es sich dorthin begeben hat“– nicht zu verwechseln mit einer klassischen Kindesentführung.
Im aktuellen Verfahren geht es um eine schon länger in Heidenheim ansässige Familie aus Nigeria, deren 2002 geborenes Kind im Jahre 2012 in eine hiesige Schule eingetreten ist, dort aber nach einem gemeinsam mit den Eltern angetretenen Heimaturlaub nicht mehr zurückgekehrt war.
Seit 2014 in Nigeria?
Seit Schuljahresende 2014 ist der Junge dort nicht mehr aufgetaucht, und im Kollegium geht man davon aus, dass er sich seit dieser Zeit in Nigeria aufhält. Diese Annahme liegt auch einer von der Ehefrau erstatteten Strafanzeige zugrunde, mit der sie ihrem Mann vorwirft, die Reise nach Nigeria mit der Absicht unternommen zu haben, das Kind entgegen ihrem Willen dort bei seiner Familie oder Angehörigen zu lassen.
Im Vorfeld der strafrechtlichen Ermittlungen hat es nach Angaben aus dem Landgericht auch familiengerichtliche Verfahren gegeben. Zur Verhandlung am 28. Februar sind fünf Zeugen geladen. Entziehung Minderjähriger kann mit bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe geahndet werden. Erwin Bachmann