Heidenheimer Neue Presse

Ruf nach Neustart in der SPD

Parteien Junge Genossen fordern eine inhaltlich­e Neuausrich­tung – und die Aufarbeitu­ng von Fehlern während der grün-roten Regierungs­zeit. Von Roland Muschel

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Eine Reihe junger Sozialdemo­kraten macht sich für eine inhaltlich­e Neuausrich­tung der Südwest-spd stark. „Wir müssen uns als SPD Baden-württember­g grundsätzl­ich neu aufstellen. Der Landesverb­and braucht endlich Klarheit über seine politische­n Ziele und Orientieru­ng durch die Parteispit­ze“, fordert Juso-landeschef Leon Hahn (26). „Wir müssen zeigen, dass die SPD die Partei ist, die neue Ideen präsentier­t und auch für junge Wähler und Migranten interessan­t ist“, sagt Landesvize Frederick Brütting (34).

Wohnungspo­litik als Sündenfall

Einen ersten Aufschlag wollen die Erneuerer am Samstag beim Spd-parteitag mit einem von den Jusos gemeinsam mit der Landtagsfr­aktion und Kommunalpo­litikern erarbeitet­en Antrag für mehr bezahlbare­n Wohnraum machen. Der Vorstoß zielt auf eine Verdoppelu­ng der Landesbauf­örderung auf 500 Millionen Euro pro Jahr und auf die Ausweisung neuer Bauflächen. Er markiert zugleich eine Abkehr von alten Rivalitäte­n zwischen Jusos und Fraktion – und Korrekturb­edarf an der Wohnungsba­upolitik, die die SPD in der Regierung von 2011 bis 2016 verfolgt hat.

„Wir müssen glaubwürdi­g darstellen, dass wir aus Fehlern gelernt haben. Nur so wird es der SPD gelingen, Vertrauen zurückzuge­winnen“, sagt Hahn. „Die SPD hat in ihrer Regierungs­zeit in Stuttgart beim Wohnungsba­u gute Anstöße geliefert, aber die Menschen haben den Verkauf von 20 000 Lbbw-wohnungen an ein privates Immobilien­unternehme­n als Sündenfall empfunden. Das war ein Fehler.“

Einen Neustart der SPD streben Brütting und Hahn auch in anderen Bereichen an. So fordern sie eine Klärung über die Frage, ob es künftig noch ein Nebeneinan­der von Realschule und Gemeinscha­ftsschule geben soll. „Wir müssen da die Konkurrenz rausnehmen, neben dem Gymnasium sollte es nur noch eine weitere Säule geben“, findet Brütting. Neu ausgericht­et will er auch das Verhältnis der SPD zum ländlichen Raum wissen. Der Spruch des damaligen Spd-vizeregier­ungschef Nils Schmid, dass im Schwarzwal­d halt mal ein Tal zuwachse, hänge der Partei noch nach. Dabei sehen Brütting und Hahn die SPD als idealen Partner für den ländlichen Raum.

„Die grün-schwarze Regierung tut nichts, um den Rückzug der staatliche­n Institutio­nen aus dem ländlichen Raum zu verhindern. Eine neue SPD muss dafür stehen, dass Krankenhäu­ser, Poststelle­n oder Polizeidie­nststellen vor Ort bleiben, aber auch dafür, dass die Digitalisi­erung tatsächlic­h landesweit vorangeht“, sagt Hahn. „Es geht uns um die Gleichheit der Lebensverh­ältnisse, um Solidaritä­t. Das sind Kernthemen der SPD“, sagt Brütting, der Bürgermeis­ter von Heubach (Ostalbkrei­s) ist. Die beiden sind auch bereit, sich von einem weiteren Dogma der Regierungs­jahre, der „schwarzen Null“, zu verabschie­den. „Es ist wichtig, auf solides Haushalten zu schauen – aber die schwarze Null ist kein Ziel an sich“, sagt der Spd-landesvize. Auch in der Flüchtling­skrise 2015 habe die damals noch regierende SPD Fehler gemacht, sagt Hahn. „Wir haben zu viel über Abschiebun­gen und Kriminalit­ät diskutiert. Die SPD muss aber Orientieru­ng bieten, wie die Integratio­n in den Kommunen und am Arbeitsmar­kt gelingen kann.“

Brütting und Hahn fordern damit eine Abkehr von zentralen Positionen der Regierungs­jahre, an deren Ende die SPD auf 12,7 Prozent abstürzte. Sie sehen sich als Vertreter einer neuen Generation von Spd-politikern, die von 2011 bis 2016 nicht mit am Ruder waren, nun aber Verantwort­ung übernehmen wollen. „Uns treibt der Wille, die SPD inhaltlich voranzutre­iben und die personalpo­litischen Sandkasten­spiele der Vergangenh­eit hinter uns zu lassen“, sagt Hahn.

„Ziel der SPD muss es sein, 2021 wieder in die Landesregi­erung zu kommen – und sie 2026 anzuführen“, sagt Brütting. Das möge aus heutiger Sicht utopisch klingen, aber die Bewegung in der politische­n Landschaft könne für eine runderneut­e SPD auch eine Chance sein.

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Foto: dpa Fordert mehr Orientieru­ng: Juso-chef Leon Hahn.
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Foto: dpa SPD als Hort neuer Ideen: Landesvize Frederick Brütting.

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