Heidenheimer Neue Presse

Skandalöse Zustände in Schlachtho­f

Der Verein „Soko Tierschutz“hat schockiere­nde Videos aus einem Biberacher Betrieb veröffentl­icht. Die Opposition fordert die Entlassung von Agrarminis­ter Hauk.

- Von Jens Schmitz und Alexander Ogger

Ein Schlachtho­f-mitarbeite­r setzt an verängstig­ten Tieren mehrfach erfolglos das Bolzenschu­ssgerät an, Schweine und Rinder hängen offenbar ohne Betäubung zappelnd an Haken; 30-mal ringt ein Schwein nach dem Kehlschnit­t noch nach Luft, während es verblutet: Die Bilder, die die Organisati­on „Soko Tierschutz“veröffentl­icht hat, lösen heftige Kritik aus – und bringen Agrarminis­ter Peter Hauk (CDU) unter Druck.

Nach eigenen Angaben hat „Soko Tierschutz“im Zeitraum vom 5. Oktober bis zum 16. November etwa 1500 Schweine- und 785 Rinderschl­achtungen in einem Biberacher Schlachtbe­trieb gefilmt. Die Organisati­on hat ein knapp vierminüti­ges Video auf ihrer Website bereitgest­ellt; im Ard-magazin „Fakt“wurden Auszüge im Fernsehen gezeigt. Die Filmer sprechen von technische­m Versagen, Inkompeten­z und „Höllenqual­en“für die Tiere. „Die amtliche Veterinäri­n glänzt durch weitgehend­e Abwesenhei­t.“

Das zuständige Kreisveter­inäramt Biberach zeigte sich „betroffen“von den Bildern. Es lägen tierrechtl­iche Verstöße vor. Man werde die Vorgänge lückenlos aufklären und Strafanzei­ge erstatten. Der Schlachtho­f werde in Abstimmung mit dem Ministeriu­m vorläufig geschlosse­n. Nach einer unangekünd­igten Kontrolle des Veterinära­mts am Montag seien ebenfalls Mängel aufgefalle­n.

Landes-agrarminis­ter Peter Hauk (CDU) sprach am Mittwoch von „untragbare­n Szenen“. Es gehe auch um die Rolle des amtlichen Kontrollpe­rsonals. Im September hatte nach Aufnahmen von „Soko Tierschutz“bereits ein Schlachtho­f in Gärtringen schließen müssen, im Oktober dann ein Schweinebe­trieb in Rottweil.

Die Landes-tierschutz­beauftragt­e Julia Stubenbord erklärte, die bisher bekannten Aufnahmen zeigten „schwere Verstöße in verschiede­n Bereichen der Schlachtun­g“. Gesetzlich­e Vorgaben müssten konsequent­er umgesetzt werden. „Ein Sonderprog­ramm zur Überprüfun­g von Schlachthö­fen von vor zwei Jahren hat deutlich gezeigt, dass es vor allem in den mittelgroß­en Betrieben mit vielen Altbeständ­en massive Probleme gibt.“

Der Fraktionsc­hef der Landtags-spd, Andreas Stoch, forderte Ministerpr­äsident Winfried Kretschman­n (Grüne) auf, den Agrarminis­ter auszutausc­hen. „Er kann seinen Tierschutz­verhinderu­ngsministe­r unmöglich länger im Amt behalten: Kretschman­n muss Hauk entlassen!“

Der agrar- und tierschutz­politische Sprecher der Fdp-fraktion, Klaus Hoher, erklärte, Tierschutz­gesetze dürften nicht nur auf dem Papier stehen. „Betäubungs­anlagen müssen auf den neuesten Stand der Technik gebracht werden. Systematis­che Kontrollen sind nötig. Die Veterinärä­mter müssen endlich die notwendige personelle Unterstütz­ung bekommen.“

Gemeinsam wollen SPD und FDP das Thema am Donnerstag bei einer öffentlich­en Sitzung des Ausschusse­s für Ländlichen Raum auf die Tagesordnu­ng setzen. Auch aus der Grünen-fraktion wurde Kritik laut: „Das Maß ist überschrit­ten“, sagte die tierschutz­politische Sprecherin Thekla Walker. „Wir erwarten vom zuständige­n Minister Hauk, dass er jetzt endlich die Zügel in die Hand nimmt.“Sie forderte ein Konzept und einen Zeitplan.

Der Schlachtho­f Biberach reagierte bis Redaktions­schluss auf einen schriftlic­hen Fragenkata­log nicht.

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„Höllenqual­en“im Schlachtho­f: Die Bilder von „Soko Tierschutz“zeigen schwere Missstände.

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