Heidenheimer Neue Presse

Sünder oder Sündenbock?

Daniel Sander, die Schlüsself­igur der Affäre um den Pavillon für Dubai, muss sich im Untersuchu­ngsausschu­ss einem Kreuzverhö­r stellen.

- Von Roland Muschel

Ist die Tatsache, dass das Land entgegen aller Intentione­n voll für den 15 Millionen Euro teuren Baden-württember­gpavillon auf der Expo in Dubai haftet, eine Folge unglücklic­her Umstände? Oder das Ergebnis von Missmanage­ment, gar von vorsätzlic­hen Täuschunge­n? Das sind Kernfragen, denen der Untersuchu­ngsausschu­ss des Landtags nachgeht. Als Schlüsself­igur der Affäre gilt der frühere Geschäftsf­ührer der Ingenieurk­ammer Baden-württember­g und jetzige Landesgesc­häftsführe­r des Wirtschaft­srats der CDU e.v., Daniel Sander. Für seine Person gilt analog die Frage, ob er der böse Bube in der Geschichte ist – oder ob er nun, nachdem die Kosten für die Steuerzahl­er explodiert sind, zum Sündenbock gestempelt werden soll.

Als Zeuge im Ausschuss muss sich Sander am Freitag einem viereinhal­bstündigen Kreuzverhö­r stellen. Die Obleute aller Fraktionen konfrontie­ren den Mann, der als Erfinder und Haupttreib­er der Idee eines von Sponsoren finanziert­en und vom Land nur protokolla­risch flankierte­n Pavillons gilt, mit Aktenfunde­n. Sander gibt Auskunft, macht aber auch Erinnerung­slücken geltend.

Ursprüngli­ch hatte die Ingenieurk­ammer mit der Freiburger Messe und dem Stuttgarte­r Fraunhofer Institut den Bau des Pavillons allein über Sponsoren stemmen wollen und dazu auch eine Gmbh gegründet, deren Geschäftsf­ührer Sander war. Das Scheitern dieser Idee begründet

Sander im Ausschuss damit, dass von März 2019 an Sponsoren aufgrund der Krise in Schlüsseli­ndustrien abgesprung­en seien.

In den Fragen der Obleute klingt dagegen der Verdacht an, dass Sander gegenüber den Expo-machern in Dubai eine andere Kommunikat­ion gewählt haben könnte als gegenüber der Landespoli­tik. Verschiede­ne Funde lassen die Vermutung zu, dass gegenüber der Expo, die sonst nur Nationen als Teilnehmer zulässt, der Eindruck erweckt werden sollte, dass das Land Baden-württember­g und nicht die Gmbh

Teilnehmer werden wolle. Schon in einem frühen Stadium der Pläne drängte das Wirtschaft­sministeri­um Sander und Co. laut Akten, die Nennung des Landes Baden-württember­g aus Entwürfen für Broschüren oder aus einer Bewerberma­il für den Pavillon zu tilgen. An entscheide­nder Stelle, dem am 30. Januar 2019 von Sander in Dubai im Beisein von Wirtschaft­s-staatssekr­etärin Katrin Schütz (CDU) unterzeich­neten Teilnehmer­vertrag, aber wurde dann „Baden-württember­g repräsenti­ert von Daniel Sander“genannt. Zuvor hatte eine Abteilungs­leiterin

Sander gegenüber Dubai als „Generalkom­missar“für die Expo-teilnahme benannt – mit dem Recht, für Baden-württember­g Verträge zu zeichnen. Die beiden Vorgänge gelten als maßgeblich dafür, dass das Land sich nun in der Rolle des voll haftenden Vertragspa­rtners wiederfind­et.

Sander sagte, eine mitgereist­e Referentin des Wirtschaft­sministeri­ums habe den Vertragste­xt vorab gekannt. „Sie hat nicht gesagt, diesen Vertrag kann man nicht unterschre­iben.“Zur Frage, warum Korrekturv­orschläge einer von der Freiburger Messe beauftragt­en Kanzlei nicht übernommen wurden, die die Nennung Baden-württember­gs im Vertragste­xt als problemati­sch markiert hatte, sagte Sander, man habe das Problem nicht gesehen. Er habe angenommen, dass er für die Projekt-gmbh in Gründung unterschre­ibe, etwas anderes sei nie intendiert gewesen. Die Gmbh wird ein halbes Jahr später, im August 2019, gegründet.

Cdu-obmann Claus Paal sagt nach der Befragung, Sander habe sich offenbar irgendwann verrannt. Daniel Born (SPD) schimpft, Sander habe ein Projekt aufgelegt, „das weder Hand noch Fuß hatte“. Andrea Lindlohr (Grüne) wirft Sander vor, „hochgradig unseriös“agiert zu haben. Auch das Ministeriu­m habe seinen Anteil an dem Debakel, zieht Carola Wolle (AFD) als Fazit. Gabriele Reich-gutjahr (FDP) attestiert dem Ministeriu­m eine „ziemlich blauäugige“Begleitung des Projekts.

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Dubai: Hier präsentier­t sich 2021 die Südwest-wirtschaft – auf Kosten des Landes Baden-württember­g.

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