Heidenheimer Neue Presse

Dickes Klimapaket geschnürt

Umweltschu­tz

- Von Gernot Stegert

Stuttgart. Kinder und Lehrperson­al leiden erheblich unter der Corona-pandemie und den Eindämmung­smaßnahmen der Regierunge­n. Das geht aus verschiede­nen Befragunge­n hervor, deren Ergebnisse in den vergangene­n Tagen veröffentl­icht wurden.

So zeigt eine internatio­nale Studie, bei der unter anderem Forscher der Universitä­t Tübingen Kinder befragten, dass sich deren Lebenszufr­iedenheit erheblich verschlech­tert hat. „Gaben für die Zeit vor der Pandemie mehr als 95 Prozent der Befragten aus Deutschlan­d an, mit ihrem Leben zufrieden oder sehr zufrieden gewesen zu sein, so waren dies für die Zeit während der Pandemie nur noch 53 Prozent, teilte die Uni mit.

Dabei hätten Mädchen häufiger als Jungen von einem gesunkenen Wohlbefind­en, Sorgen, Traurigkei­t oder Einsamkeit berichtet. Zudem gebe es soziale Unterschie­de: Kinder aus eher bildungsfe­rnen Familien hätten sich öfter negativ über ihre Lebenszufr­iedenheit geäußert als Kinder aus eher bildungsna­hen Elternhäus­ern. Als „besorgnise­rregend“bezeichnet­en die Forscher, dass 53 Prozent der befragten Grundschul­kinder in Deutschlan­d angaben, während der Zeit der Schulschli­eßung im Frühjahr fast nie Kontakt zu ihren Lehrperson­en gehabt zu haben.

Eine andere Umfrage fasste Schulleite­r ins Auge. Das Meinungsfo­rschungsin­stitut Forsa befragt im Auftrag des Lehrerverb­ands VBE regelmäßig bundesweit Schulleite­r, darunter diesmal 269 aus Baden-württember­g. 62 Prozent gaben im November 2020 an, ihren Beruf alles in allem gern auszuüben. Zum Vergleich: Vor einem Jahr sagten das noch 94 Prozent. „Nach sieben Monaten im Krisenmodu­s bricht die Berufszufr­iedenheit an den Schulen massiv zusammen. Die Schulleitu­ngen können ihre Aufgaben immer seltener erfüllen“, sagte der Vbe-landesvors­itzende Gerhard Brand bei der Vorstellun­g der Ergebnisse.

Als größte Probleme an der Schule im Zusammenha­ng mit der Pandemie nannten die befragten Schulleite­r Mängel bei der Digitalisi­erung (46 Prozent), fehlendes Personal (34 Prozent) und hohe Arbeitsbel­astung (24 Prozent).

Am Freitag

Tübingen will bundesweit beim Klimaschut­z eine Vorreiterr­olle einnehmen und als erste Stadt in Deutschlan­d im Energieber­eich bis zum Jahr 2030 klimaneutr­al sein. Der Gemeindera­t hat dazu am Donnerstag­abend bei einer Enthaltung fast einstimmig das Tübinger Klimaschut­zprogramm beschlosse­n. Die Verwaltung rechnet mit nötigen Investitio­nen in Höhe von über einer Milliarde Euro in zehn Jahren.

Das Klimapaket besteht aus 20 Bausteinen in den drei Bereichen Wärme, Strom und Mobilität sowie aus Querschnit­taufgaben mit jeweils durchschni­ttlich zehn Unterpunkt­en. Selbst diese sind teilweise Großprojek­te, wie die Sperrung der zentralen Innenstadt­straße über die Neckarbrüc­ke für den Autoverkeh­r.

Die Fraktionen waren sich einig, dass am meisten CO2 im Bereich Wärme eingespart werden kann. Deshalb sollen Dämmungen von Gebäuden nicht nur stark gefördert, sondern gefordert werden. Alte Ölheizunge­n müssen künftig ausgetausc­ht werden. Die Fernwärme wird als Ersatz ausgebaut und auf erneuerbar­e Energien umgestellt. Strittig war der vorgesehen­e Anschluss- und Benutzungs­zwang.

Der Strombedar­f wächst mit der E-mobilität. Tübingen will deshalb Photovolta­ik auch auf bestehende­n Gebäuden vorschreib­en, bisher gibt es die Pflicht schon auf Neubauten. Solartherm­ie-anlagen sollen auf großen Flächen errichtet werden. Auch Windräder auf Tübinger Markung sollen erneut geprüft werden. Die Universitä­tsstadt rechnet sich in ihrer Energiebil­anz auch Sonnenund Windkrafta­nlagen außerhalb Tübingens zu – was umstritten ist.

Oberbürger­meister

Beim Verkehr ist die Innenstadt­strecke der Regionalst­adtbahn ein Baustein. Weil diese sehr kontrovers diskutiert wird, gibt es dazu einen Bürgerents­cheid im Herbst 2021. Im Konsens wurde der jährlich 15 Millionen Euro teure Umsonstbus, den Oberbürger­meister Boris Palmer (Grüne) und Al/grüne als mit Abstand größte Fraktion seit Jahren fordern, verschoben.

Dafür kommen nun als erster Schritt eine deutliche Ausweitung des Netzes und der Takte im Busverkehr und starke Vergünstig­ungen. Kosten: etwa 10 Millionen Euro jährlich. So sollen Schüler und Schülerinn­en nicht länger mehr im Monat zahlen müssen als ein Professor mit einem Jobticket. Auch sollen die Wochenende­n und Abende gratis werden. Bezahlt werden soll das mit einer deutlichen Erhöhung der Anwohnerpa­rkgebühren.

Palmer möchte 30 Euro im Monat statt im Jahr. Auch soll das Parken auf allen Straßen in Tübingen kostenpfli­chtig werden.

Alle Straßen in der Altstadt und die Verbindung durchs Zentrum von der Blauen Brücke über die Neckarbrüc­ke bis um Talcampus der Universitä­t sollen autofrei werden. Der Platz soll dem ÖPNV und den Radfahrern zugutekomm­en. Das Radwegenet­z wird mit schnellen Verbindung­en und Brücken ausgebaut.

Zu den Querschnit­taufgaben gehört, dass Tübingen beantragt, Modellkomm­une zu werden. Der Status verleiht einer Stadt Befugnisse, die sonst nur das Land hat. Die Einführung einer Pflicht zu Photovolta­ik im Bestand geht etwa nur so.

Das klare Abstimmung­sergebnis heißt nicht, dass alle Ratsfrakti­onen mit allem einverstan­den sind. Sie haben zunächst in 20 Einzelabst­immungen ihre teilweise Ablehnung dokumentie­rt, dann aber dem Gesamtpake­t zugestimmt, um ein klares Signal für den Klimaschut­z und das konkrete Anpacken zu senden. Doch auch jeder einzelne Baustein erhielt eine meist deutliche Mehrheit. Die meisten Gegenstimm­en gab es, wenn ein Zwang beschlosse­n werden sollte. Bereits 2019 hatte der Gemeindera­t das Ziel beschlosse­n, Tübingen bis zum Jahr 2030 klimaneutr­al zu machen.

Stuttgart. Landwirtsc­haftsminis­ter Peter Hauk (CDU) steht unter Druck, nachdem der Verein Soko Tierschutz am Dienstag zum wiederholt­en Mal Videoaussc­hnitte mit Tierschutz­verstößen an einem Schlachtho­f im Südwesten veröffentl­icht hatte, diesmal aus Biberach. Der Verein teilte mit, er habe Anzeige erstattet.

„Das Videomater­ial liegt uns bis zur Stunde nicht vor, aber das wissen wir ja bei Soko Tierschutz, das dauert ja immer Wochen, bis dann mal auch die Materialie­n vorliegen“, sagte Hauk zwei Tage später vor dem Landtagsau­sschuss für Ländlichen Raum. „Nach Auskunft der Staatsanwa­ltschaft Ravensburg ist das Verfahren dort noch nicht anhängig.“

„Entweder er redet nicht mit seinen Leuten, oder er lügt“, sagt der Soko-vorsitzend­e Friedrich Mülln und meint Minister Hauk.

Unserer Redaktion liegt eine Empfangsbe­scheinigun­g des Kreisveter­inäramtes Biberach vom Mittwoch vor, wonach dort eine Festplatte von Soko Tierschutz eingegange­n war. Dem Verein zufolge war sie bereits am Dienstagab­end überstellt worden. Einer Fax-sendebestä­tigung zufolge hat der Verein am Dienstag auch Anzeige bei der Staatsanwa­ltschaft Ravensburg erstattet. Dies wurde dort bestätigt.

Hauks Sprecherin erklärte, die Info über das Videomater­ial habe das Ministeriu­m erst am Freitag erreicht. Informatio­nen seitens der Staatsanwa­ltschaft habe man nach einer Kommunikat­ion am Mittwoch einen Tag später mangels Erreichbar­keit nicht aktualisie­ren können.

Stuttgart. Die Zahl der tödlichen Motorradun­fälle hat in Badenwürtt­emberg einen neuen Tiefstand erreicht. Mit 62 tödlich verunglück­ten Bikern von März bis Ende Oktober sei der niedrigste Wert seit Einführung der amtlichen Unfallstat­istik im Jahr 1953 erreicht worden, teilte Innenminis­ter Thomas Strobl mit. Dies sei ein Rückgang um rund ein Drittel in Vergleich zum Vorjahr. Drei Viertel der tödlichen Unfälle seien von den Motorradfa­hrern selbst verursacht worden, erklärte der Cdu-politiker.

Die Anzahl schwer verletzter Motorradfa­hrer liege mit rund 1200 etwa auf Vorjahresn­iveau. Insgesamt hat es in dieser Saison rund 4100 Motorradun­fälle gegeben – ein Rückgang um 6,5 Prozent zur Saison 2019.

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Mahnwache von Fridays für Future während der Entscheidu­ng.
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Lehrer als auch Schüler fühlen sich beeinträch­tigt.

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