Mut zur Spaltung
Jörg Meuthen ist Afd-vorsitzender. Noch. Aber fast genau die Hälfte der Parteitagsteilnehmer in Kalkar verurteilte die Eröffnungsrede des Parteichefs. Seine Angst vor dem Verfassungsschutz, sein Abrücken von Rechtsextremen und durchgedrehten Verschwörungs-spreadern passte und passt seinen Kritiker ganz und gar nicht. Nicht zuletzt, weil sie sich persönlich angegriffen fühlten.
Meuthen rückte keineswegs von den nationalen Grundsätzen seiner Partei ab. Er verlangte lediglich Disziplin, Benehmen und die Einsicht, nicht in einer Diktatur zu leben. Zu viel verlangt, finden offenbar sehr viele in der AFD. Sie wollen weiter ungehemmt demokratische Institutionen lächerlich machen, rechtsextremes Gedankengut verbreiten und Angst vor einer sich verändernden Welt schüren. Meuthen, der mit Höcke und Co. zeitweise paktiert hatte, wird nun
Schritt für Schritt isoliert. Von den führenden Parteimitgliedern gab es so gut wie keine Unterstützung. Die halbe Partei gegen sich – wie lange hält man sich da noch als Vorsitzender?
Man könnte sagen: Das ist Meuthens Problem. Das Problem der AFD aber sitzt tiefer. Viele sind angetreten, die sogenannten Altparteien das Fürchten zu lehren. Sie stellen die deutsche Nation, oder was sie dafür halten, in den Mittelpunkt. Ihr Idol ist aber Bismarck und nicht Hitler. Eine sehr große andere Gruppe der Partei hat zumindest nichts dagegen, zusammen mit Identitären, Reichsbürgern, Nazis und Aluhüten den Staat zu attackieren. Und alle, die ihnen dabei im Weg stehen. Im Moment ist Jörg Meuthen im Weg. Wahrscheinlich nicht mehr lange. Ob aber die AFD noch einmal das Abservieren eines Vorsitzenden schafft, ohne sich zu spalten, ist noch nicht entschieden.