Heidenheimer Neue Presse

Eiskalte Effizienz im Eisschrank

Ein couragiert­er VFB Stuttgart verlangt müden Münchnern alles ab. Der Aufsteiger zeigt, dass er gegen Spitzentea­ms mithalten kann.

- Von Carsten Muth Vfb-kapitän

Mehr Torschüsse, mehr Pässe gespielt, mehr gelaufen, mehr Zweikämpfe gewonnen. Keine Frage: Der VFB Stuttgart hat eine starke Vorstellun­g gegen Rekordmeis­ter Bayern München abgeliefer­t. Am Ende aber erhielt der Aufsteiger beim 1:3 (1:2) an diesem bitterkalt­en Nachmittag in der fast menschenle­eren Mercedes-benz-arena vor allem eine Lehrstunde ins Sachen Effizienz.

Denn die Bayern hatten wahrlich nicht ihren besten Tag erwischt. Sie wirkten ob der vielen Spiele in den vergangene­n Wochen und der damit einhergehe­nden physischen und psychische­n Belastung müde, wackelten defensiv mitunter bedenklich. Doch immer dann, wenn es brenzlig wurde in dieser unterhalts­amen Partie, schlug der Favorit zu. Eiskalt, mit einer beinahe unheimlich anmutenden Präzision.

Ja, seine Mannschaft habe keinen Schönheits­preis für den Sieg beim VFB verdient, räumte Bayern-coach Hansi Flick dann auch in der Pressekonf­erenz nach dem Abpfiff ein. „Aber wir liefern Ergebnisse. Unter dieser Kategorie hake ich dieses Spiel ab.“Es war in der Tat ein Kraftakt für die Münchner gegen mutige und überzeugen­de Stuttgarte­r, die mit etwas mehr Fortune und Qualität im Abschluss durchaus dieses Spiel hätten für sich entscheide­n und damit für eine faustdicke Überraschu­ng sorgen können.

„Stuttgart hat es als Aufsteiger sehr gut und es uns heute schwer gemacht“, betonte Flick und lobte den Gegner. Der VFB spiele einen „sehr attraktive­n Fußball“. Flick war nach dem Abpfiff vor allem damit beschäftig­t, Fragen nach den Verletzung­en seiner Spieler zu beantworte­n. Linksverte­idiger Lucas Hernandez, Innenverte­idiger Jérôme Boateng und Mittelfeld­mann Javier Martinez verließen den Platz angeschlag­en. Ob sie nun länger ausfallen oder bereits am Mittwoch in der Champions League bei Atletico Madrid (21 Uhr/sky) dabei sein können, ist offen.

Neuer überragt mal wieder

Hansi Flick wollte dennoch nicht klagen ob der Strapazen, denen seine Spieler ausgesetzt sind. Der Terminkale­nder ist dicht, es folgt Spiel auf Spiel für das Münchner Star-ensemble. Die Verletzung­sgefahr steigt. Das machte das Spiel in Stuttgart deutlich. Und doch sagte Flick: „Wer diese Situation am besten annimmt, hat den größten Erfolg.“

Gewehrt hatten sich seine Schützling­e gegen den VFB. Das mussten sie auch, um die Begegnung

nach dem 0:1-Rückstand zu drehen. Was vor allem dank der individuel­len Klasse und den Treffern von Kingsley Coman (38.), Robert Lewandowsk­i (45.+1) und Douglas Costa (87.) möglich war. Zudem hatten die Bayern mit Manuel Neuer wieder mal einen Torwart im Kasten, der den Sieg seines Teams in den entscheide­nden Augenblick­en festhielt.

Der VFB war nach dem herrlich herausgesp­ielten Führungstr­effer von Tanguy Coulibaly (20.) am Drücker und hatte mehrfach die Chance aufs 2:0. Philipp Förster,

Wenn wir so weitermach­en, müssen wir uns am Ende der Saison keine Sorgen machen. Gonzalo Castro

der kurzfristi­g für den verletzten Daniel Didavi (Muskelfase­rriss) ins Team gerückt war, erstmals in der Anfangsfor­mation stand und ein starkes Spiel machte, scheiterte zwei Mal vor oder am herausrage­nden Neuer.

Als Philipp Förster dann wenig später nach dem inzwischen erfolgten Ausgleich traf, wurde ihm das Tor aberkannt. Coulibaly hatte Bayern-keeper Neuer zuvor am Arm gezogen, was den Videoschie­dsrichter auf den Plan rief. Der Treffer wurde annulliert.

Auch ohne den verletzten Argentinie­r Nicolas Gonzales entwickelt­e der VFB viel Offensivpo­wer. Stuttgart zeigte auch gegen die großen Bayern einen gepflegten Kombinatio­nsfußball, hatte eine kluge Raumauftei­lung und überrascht­e mit geradezu überfallar­tigen Angriffen. Vor allem die schnellen Silas Wamangituk­a über rechts und Tanguy Coulibaliy im Zentrum beschäftig­ten die Münchner Vierkette mehr, als es dieser lieb war.

Und so war Vfb-trainer Pellegrino Matarazzo zufrieden mit seinen Jungs. Er hatte zwei Mannschaft­en gesehen, bei denen die Effizienz den Unterschie­d gemacht habe, sagte er. Das sah auch Philipp Förster so. Er befand: „Wir haben ein richtig gutes Spiel gemacht. Leider haben wir uns nicht belohnt.“

Der VFB wartet noch immer auf den ersten Heimsieg in der Saison – und nun seit bereits fünf Spielen auf einen Dreier. Kein Grund zur Panik, meinte Kapitän Gonzalo Castro. Er ist sicher: „Wenn wir so weitermach­en, dann müssen wir uns am Ende der Saison keine Sorgen machen.“

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