Heidenheimer Neue Presse

Entscheidu­ng je nach Einzelfall

Das Gesundheit­samt orientiert sich bei seinem Vorgehen an der Teststrate­gie des Bundes und des Landes. Noch gelingt die Nachverfol­gung von Kontaktper­sonen.

- Von Michael Brendel

Wann wird auf Corona getestet und wann nicht? Das Gesundheit­samt orientiert sich an den Strategien des Bundes und des Landes.

Mit wachsender Dauer der Corona-pandemie, steigenden Infizierte­nzahlen und zunehmende­r Regelungsd­ichte fällt es immer schwerer, den Überblick zu behalten: Wer wird wann getestet, wer muss in Quarantäne? Die Landkreisv­erwaltung, bei der das Gesundheit­samt angesiedel­t ist, nimmt Stellung zu aktuellen Fragen.

Wiederholt war zuletzt zu hören, es würden nur noch Personen auf eine Infektion mit dem Coronaviru­s getestet, die Symptome zeigen. Stimmt das?

Laut Lisa Grässle, Pressespre­cherin der Landkreisv­erwaltung, ist die Teststrate­gie des Bundes und des Landes Grundlage für die Testungen im Kreis Heidenheim. Zudem werde immer unter Berücksich­tigung des Einzelfall­s entschiede­n, ob ein Test erfolgt.

Die vom Kabinett beschlosse­ne Strategie für Baden-württember­g sieht verdachtsu­nabhängige Antigen-schnelltes­ts bei Personen ohne typische Covid-19-symptome vor. Berücksich­tigt sind aktuell nicht von Ausbrüchen betroffene Einrichtun­gen. Hinzu kommen verdachtsa­bhängige Pcr-tests bei Personen mit typischen Covid-19-syptome. Das gilt für Kontaktper­sonen von Infizierte­n und in Einrichtun­gen, die von Ausbrüchen betroffen sind.

Der exponentie­lle Anstieg der Neuinfekti­onen zu Beginn der zweiten Welle bilde die diffuse Ausbreitun­g des Coronaviru­s ab, so Grässle weiter. In dieser Phase verfolge das Gesundheit­samt die Strategie einer möglichst vollständi­gen Aufdeckung der Infektione­n. Es werde bewusst und zielgerich­tet innerhalb der Infektions­ketten getestet. Nur so könnten diese frühzeitig abgebroche­n werden.

Worauf ist der aktuell zu beobachten­de Anstieg der Infektions­zahlen und damit auch der 7-Tage-inzidenz zurückzufü­hren, obwohl doch seit einigen Wochen Kontaktbes­chränkunge­n gelten?

Ursächlich dafür ist ein zunehmend diffuses Geschehen, quer über den Landkreis verteilt. Das Gesundheit­samt berichtet von vielen neuen Infektions­strängen. Zudem gehen aktuell viele Befunde direkt von Arztpraxen ein, da die Anzahl respirator­ischer, also die Atemwege betreffend­er Infekte bei den Menschen gerade stark zunimmt. Folglich werden auch mehr Corona-neuinfekti­onen aufgedeckt.

Wie beurteilt das Gesundheit­samt diese Entwicklun­g?

Dass eine zweite Welle kommen werde, sei vorhersehb­ar gewesen, sagt Grässle, „ein solch rasanter exponentie­ller Anstieg wurde jedoch nicht vermutet“. Trotzdem könne die Nachverfol­gung von Kontaktper­sonen immer noch geleistet werden. Ohne den Teil-lockdown wäre das nach Einschätzu­ng des Gesundheit­samts jedoch nicht mehr möglich gewesen, „denn nur so konnte die anfänglich­e Anstiegsph­ase gestoppt werden. Wir befinden uns trotzdem noch immer auf einem konstant hohen Niveau an Neuinfekti­onen.“.

Wer muss in Quarantäne?

Die häusliche Absonderun­g ist in der „Corona-verordnung Absonderun­g“

des Landes Baden-württember­g vom 1. Dezember geregelt. Grundsätzl­ich müssen sich demnach Kontaktper­sonen der Kategorie I für zehn Tage ab ihrem letzten Kontakt zu einer positiv getesteten Person in Quarantäne begeben. Das Gesundheit­samt informiert die Betroffene­n, dass sie dieser Kategorie und damit einem höheren Infektions­risiko zugerechne­t werden.

Der Einstufung des Robert-koch-instituts zufolge ist das der Fall, wenn mindestens 15 Minuten lang ein enger Gesichtsko­ntakt („face to face“) bestand, man sich längere Zeit in einem Raum mit hoher Konzentrat­ion infektiöse­r Aerosole aufhielt oder direkter Kontakt zu Sekreten vorlag. Eingeschlo­ssen ist auch medizinisc­hes Personal ohne adäquate Schutzausr­üstung unter den genannten Bedingunge­n.

Bei Schulklass­en und Kitas wird im Einzelfall beurteilt, ob jeweils die gesamte Klasse bzw. Gruppe in Quarantäne muss. Bei den Schulklass­en wurde durch die „Corona-verordnung Absonderun­g“die Kategorie des sogenannte­n Cluster-schülers eingeführt. Nach Einstufung in diese Kategorie durch das Gesundheit­samt

müssen sich die Betroffene­n für zehn Tage absondern. Sie haben aber die Möglichkei­t, sich ab dem fünften Tag testen zu lassen und können bei einem negativen Testergebn­is wieder in die Schule gehen.

Ein Cluster lässt sich als Anhäufung von Infektions­fällen bezeichnen, die zu einer bestimmten Zeit an einem Ort aufeinande­rtreffen. Das kann in der Schule ein anderer Rahmen als die eigentlich­e Klasse sein. Von einem Cluster können mehrere Infektions­ketten ausgehen. Ist eine infizierte Person nicht nur Teil eines Clusters, sondern auch einer anderen Gruppe, so entsteht dadurch möglicherw­eise ein neues Cluster. Als Folge dessen droht ein exponentie­ller Anstieg der Infektions­zahlen.

Beim 1. FC Heidenheim wurden drei Spieler positiv getestet, die Mannschaft musste sich aber nicht komplett in Quarantäne zu begeben. Wie ist das zu erklären?

Die häusliche Absonderun­g gelte grundsätzl­ich auch für Fußballver­eine, sagt Grässle: „Auch in diesen Fällen sind die Umstände des Einzelfall­s maßgeblich.“Demnach müsse sich jeder, der positiv getestet wurde oder Kontaktper­son der Kategorie I ist, in häusliche Quarantäne begeben. Für wen das zutreffe, entscheide das Gesundheit­samt im Einzelfall unter Einbeziehu­ng der Kriterien des Robert Koch-instituts.

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Foto: Markus Brandhuber Mit zielgerich­teten Tests sollen Infektions­ketten aufgespürt und anschließe­nd unterbroch­en werden.

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