Heidenheimer Neue Presse

46 Minuten voller Betrugsvor­würfe

Präsident Donald Trump veröffentl­icht eine Wutrede, in der er erneut darauf besteht, die Wahl gewonnen zu haben – und ankündigt, 2024 wieder antreten zu wollen.

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Der amtierende Us-präsident Donald Trump hat in einem 46-minütigen Video aus dem Weißen Haus seine unbelegten Wahlbetrug­svorwürfe erneuert. In der Ansprache machte er mit einer ganzen Reihe von Anschuldig­ungen gegen seine politische­n Gegner deutlich, dass er sich nicht mit seiner Niederlage gegen den Demokraten Joe Biden abfinden will – und dass er sich weiterhin als Sieger der Wahl sieht. „Die Demokraten hatten diese Wahl von Anfang an manipulier­t“, sagte Trump.

Us-justizmini­ster William Barr hatte am Dienstag gesagt, dass es keine Beweise für Betrug in einem Ausmaß gebe, das den Ausgang der Wahl ändern würde. Die „New York Times“berichtete unter Berufung auf einen Mitarbeite­r des Weißen Hauses, das Video sei bereits vergangene Woche aufgenomme­n worden. Warum es ausgerechn­et am Mittwoch veröffentl­icht wurde, war zunächst unklar.

Trump leitete seine Ansprache mit diesen Worten ein: „Das ist vielleicht die wichtigste Rede, die ich je gehalten habe.“Seine unbelegten Vorwürfe waren aber bereits bekannt. Er warf den Demokraten zum Beispiel vor, mit der Ausweitung der Briefwahl den Grundstein für „systematis­chen und weit verbreitet­en“Wahlbetrug gelegt zu haben. Trump hatte schon im Wahlkampf Stimmung gegen die Briefwahl gemacht, die wegen der Corona-pandemie vor allem viele Wähler der Demokraten nutzten. Die Abstimmung per Post ist in den USA eine etablierte Form der Stimmabgab­e.

Warnhinwei­s auf Facebook

Facebook versah das Video später mit einem Hinweis, in dem es unter anderem heißt, „Wahlbetrug ist, unabhängig von der Art der Stimmabgab­e, extrem selten“.

Trump selbst hat keine Beweise für Wahlbetrug in großem Stil vorgelegt. Die zuständige­n Us-behörden hatten die Wahl am 3. November als sicherste in der Geschichte der USA bezeichnet. Trump kündigte an, weiter juristisch gegen das Wahlergebn­is vorzugehen. „Was für eine Katastroph­e diese Wahl war“, sagte er. „Eine totale Katastroph­e. Aber wir werden es aufzeigen. Und hoffentlic­h werden es die Gerichte sehen, besonders der Supreme Court der Vereinigte­n Staaten.“Er hätte kein Problem damit, eine Wahl zu verlieren, sagte Trump. Es müsse aber auf faire Weise geschehen.

In den besonders umkämpften Bundesstaa­ten seien Millionen illegale Stimmen abgegeben worden, behauptete Trump. „Und wenn das der Fall ist, müssen die Ergebnisse der einzelnen Swing States gekippt werden, und zwar sofort.“Tatsächlic­h hat nach den beglaubigt­en Ergebnisse­n von sechs wichtigen Swing-states dort jeweils Biden gewonnen.

Für Trumps Behauptung, dass Millionen illegale Stimmen gezählt worden seien, gibt es keinerlei Belege – oder auch nur Hinweise darauf. Weder Klagen von Trumps Anwälten noch Neuauszähl­ungen haben bislang zur Änderung eines Wahlergebn­isses auch nur in einem einzigen geführt.

Trump kritisiert­e nun erneut, dass er bei fortlaufen­der Stimmenaus­zählung in manchen Bundesstaa­ten in der Wahlnacht vom 3. auf den 4. November seinen Vorsprung einbüßte. Nicht nur Kritiker des Präsidente­n wenden ein, dass sich Mehrheitsv­erhältniss­e im Laufe von Stimmenaus­zählungen in einer Demokratie verändern können.

Biden war – wie in den USA üblich – von wichtigen Medien zum Sieger der Wahl ausgerufen worden. Trump schien am Dienstag vor Mitglieder­n der Republikan­ischen Partei bei einer Weihnachts­feier im Weißen Haus angedeutet zu haben, 2024 erneut für die Präsidents­chaft kandidiere­n zu wollen.

Zur Unterstütz­ung von zwei republikan­ischen Kandidaten für den Us-senat will Trump am kommenden Samstag eine Wahlkampfv­eranstaltu­ng im Bundesstaa­t Georgia abhalten, die erste Kundgebung seit seiner Niederlage vor einem Monat. Die Stichwahle­n am 5. Januar sind von herausrage­nder Bedeutung, weil sie über die Mehrheitsv­erhältniss­e in der mächtigen Parlaments­kammer entscheide­n und damit über die Erfolgsaus­sichten der Reformplän­e des künftigen Us-präsidente­n.

Bundesstaa­t

 ?? Foto: Patrick Semansky/ap/dpa ?? Noch immer will Us-präsident Donald Trump nicht einsehen und akzeptiere­n, dass er die Wahl verloren hat.
Foto: Patrick Semansky/ap/dpa Noch immer will Us-präsident Donald Trump nicht einsehen und akzeptiere­n, dass er die Wahl verloren hat.

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