Gestürzt, nicht gestrauchelt
Samuel Koch meistert sein Leben trotz der Lähmung, die ein Jahren bei „Wetten, dass . . ?“hervorgerufen hat. Unfall vor zehn
Russland, Israel, Palästina, Indien, Kanada, Südafrika, Hawaii – eine solche Liste von Urlaubszielen ist schon für Menschen ohne Handicap ambitioniert. Dem 33-jährigen Rollstuhlfahrer Samuel Koch aber, seit einem Unfall vor zehn Jahren in „Wetten, dass . . ?“vom Hals abwärts gelähmt, scheint nichts unmöglich. Er und seine Frau Sarah Elena Timpe wollen diese Orte kennenlernen. „Wir haben gemeinsame Leidenschaften, die uns verbinden, so auch das Reisen.“
Seit dem Unfall hat Koch als Schauspieler und Buchautor Karriere gemacht. Der von ihm gegründete Verein „Samuel Koch und Freunde“unterstützt Menschen, die sich für andere engagieren. Von Groll, Selbstmitleid und Rückzug keine Spur, stattdessen Lebenslust und Tatendrang.
Rückblick: Am 4. Dezember 2010 tritt Koch in der Zdf-unterhaltungssendung „Wetten, dass . . ?“auf. Seine Wette: mit Sprungfederstelzen in vier Minuten mindestens drei von fünf auf ihn zufahrende Autos mit Saltos zu überspringen.
Hatte jemand Schuld an dem dramatischen Sturz, den Millionen Fernsehzuschauer und seine Familie vor Ort miterlebten? „Ja“, sagt Koch entschieden, „da mache ich schon jemanden verantwortlich – relativ uneingeschränkt mich.“
„Ich hätte das auch mit verbundenen Augen hingekriegt“, sagt Koch, der schon als 13-Jähriger eine Schauspiel- und Stuntschule für Kinder besucht hatte. „Das war so sicher wie Straßenbahnfahren.“
Als er beginnt, haben er und sein Team fünf Monate Training mit hunderten von Sprüngen und akribischem Timing hinter sich. Der erste Sprung gelingt. Bei Nummer zwei bricht der muskulöse Leistungssportler ab. Das nächste Auto nimmt er locker. Die Zuschauer jubeln ihm zu.
Dann das vierte Auto: Ausgerechnet beim niedrigsten und von seinem Vater perfekt gelenkten Auto stürzt Koch mit dem Kopf auf die Dachkante. Er bleibt reglos auf dem harten Boden liegen.
Nach einem Jahr Behandlung in einer Schweizer Spezialklinik nimmt Koch sein Studium an der Hochschule für Musik, Theater und Medien in Hannover wieder auf. Mittlerweile gehört er fest zum Ensemble des Nationaltheaters Mannheim.
Anders als das Fernsehen könne das Theater auf abstraktere und kreativere Mittel zurückgreifen und biete mehr Raum für Schauspieler mit Behinderung, sagt Koch. So wirkt er bei einer Inszenierung von Hermann Hesses „Steppenwolf“als Kleinhirn in einem überdimensionalen Gehirn mit.
Auch in Kino- und Fernsehfilmen wie „Honig im Kopf“oder „Sturm der Liebe“ist Koch zu sehen. Während der Dreharbeiten zu der Serie „Sturm der Liebe“hatte er Sarah Elena Timpe kennengelernt, eine Schauspielerin, im Nebenberuf Flugbegleiterin. Das Paar heiratet 2016.
Was hat er aus dem Unfall gelernt? Er habe vor dem Auftritt immer wieder mal Zweifel gehabt, sagt Koch. „Heute würde ich mehr auf mein Bauchgefühl achten.“