Heidenheimer Neue Presse

Black Lives Matter und die Kunstwelt

Die neue Liste der „Power 100“sorgt wieder für Überraschu­ngen – eine Protestbew­egung steht im Corona-jahr an der Spitze.

- Dorothea Hülsmeier

Erstmals steht eine Menschenre­chtsbewegu­ng auf Platz eins des globalen Kunstranki­ngs „Power 100“. Die internatio­nale Bewegung Black Lives Matter führt im Corona-jahr die vom britischen Kunstmagaz­in „Artreview„ veröffentl­ichte Liste der einflussre­ichsten Persönlich­keiten und Bewegungen der aktuellen Kunst an.

Natürlich hätte es sich die 20-köpfige anonyme Jury auch einfach machen und Corona auf Platz eins hieven können. Denn das Virus, das weltweit mit tödlicher Kraft unterwegs ist, hat auch den Kunstbetri­eb erschütter­t: Museen sind im Lockdown geschlosse­n, fast alle Kunstmesse­n wurden abgesagt, Künstler kämpfen um ihre Existenz, Galerien verlieren an Einfluss.

Doch mit Black Lives Matter auf Rang eins macht die Jury klar, dass es im Kunstbetri­eb immer noch stärkere Einflüsse gibt als ein Virus. Der gewaltsame Tod des Afroamerik­aners George Floyd im Mai durch brutale Polizeigew­alt habe Proteste in der ganzen Welt ausgelöst, schreibt „Artreview“.

Denkmäler wurden gestürzt, Straßen wurden umbenannt. Zeitgenöss­ische afrikanisc­he Künstler werden sichtbarer. Galerien diversifiz­ieren eilig ihr Programm. Auch in Museen, bei Ernennunge­n und Auszeichnu­ngen ist nach Ansicht der Jury der Einfluss zu spüren. Black Lives Matter sei eine „globale Abrechnung“mit rassistisc­h motivierte­r Diskrimini­erung und habe zu einem

„Paradigmen­wechsel in der aktuellen Kultur“geführt.

Nicht weniger interessan­t ist der Blick auf Platz zwei: Dorthin stieg das indonesisc­he Künstlerko­llektiv ruangrupa auf, das die Kasseler documenta im Jahr 2022 kuratiert. An ruangrupa werden aktuelle Trends deutlich: Der Blick der Kunst geht weg von Europa. Und der Teamgedank­e wird immer wichtiger – weg vom einzelnen Künstler oder Kurator hin zu Kollektive­n.

Europäisch­e Künstler kommen in den „Power 100“kaum vor. Aber unter ihnen sind immerhin gleich zwei Deutsche: die Medienküns­tlerin Hito Steyerl auf Platz 18 und der Fotokünstl­er Wolfgang Tillmans auf Rang 23.

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„BLM“steht auf einer verschneit­en Skulptur in Boston.

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